𝚔𝚎𝚒𝚗𝚎 𝚐𝚞𝚒𝚕𝚕𝚘𝚝𝚒𝚗𝚎

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𝚔𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝟺𝟶: 𝚔𝚎𝚒𝚗𝚎 𝚐𝚞𝚒𝚕𝚕𝚘𝚝𝚒𝚗𝚎


𝐄𝐒 𝐖𝐀𝐑 𝐀𝐋𝐒 𝐇Ä𝐓𝐓𝐄 𝐒𝐈𝐂𝐇 𝐄𝐈𝐍 𝐒𝐂𝐇𝐀𝐋𝐓𝐄𝐑 𝐔𝐌𝐆𝐄𝐋𝐄𝐆𝐓, der mich augenblicklich mit Strom versorgte.
In einer energetischen Bewegung schnellte ich nach vorne und in die Senkrechte.
Der Schmerz meiner Wunden und der dröhnende Kopfschmerz erweckten meinen müden Geist zum Leben.
Und obwohl die Schmerzen beinahe allgegenwärtig waren, war ich froh darum, wieder etwas spüren zu können.
Das Nichts, dass mich für eine undefinierbar lange Zeit festgehalten hatte, war mit der Heimsuchung Vecna's das Schrecklichste, das mir je widerfahren war.
Nicht zu wissen, ob man zurückkam, nicht einmal zu wissen wo man überhaupt war, so etwas  wünschte ich nicht einmal meinen ärgsten Feind.

»Bekah?«, stahl sich eine leise Stimme in mein Bewusstsein, doch mein Blick schärfte sich nur sehr langsam.
Ich musste einige Male blinzeln, bis es mir überhaupt möglich war, etwas zu erkennen.
Robin? Ja, ganz eindeutig. Ihre ozeanblauen Augen würde ich immer erkennen.
Mühselig kletterte ein Lächeln auf meine Lippen.
Es fühlte sich schwer und träge an, als gehorchten mir nicht alle meine Nerven.
Und wohlmöglich war es auch so.
Je länger ich im Zustand des Wachseins verweilte, umso tosender wurden die bruckstückhaften Fetzten aus dem, was geschehen war.

Eddie, der mich mit einer seiner messerscharfen Krallen verletzt; sein abgetrennter Arm; das Schwert von KAS; unsere gescheiterte Flucht.
Die Flucht! Wo waren wir, wenn sie uns nicht möglich war ?
War das alles hier eine Halluzination? War ich tot?
Mein hektisches Atmen veranlasste Robin dazu, mich wie wild zu schütteln und nach den anderen zu Rufen.
Mir wurde ganz schwindelig von den unnachgiebigen Bewegungen, die sie mit meinem schlaffen Körper ausführte.
»Willst du, dass sie wieder ohnmächtig wird?", fluchte eine Stimme, die große Ähnlichkeit mit der von Steve hatte.
»Oder schlimmer noch. Sie kotzt.", antwortete jemand mit undeutlicher Sprechweise.
Dustin.

»Bekah? Hörst du mich? Du hast Fieber bekommen. Deine Wunde...sie ist echt ekelhaft.«, erklärte mir Robin mit einem entschuldigenden Lächeln auf ihren spröden Lippen.
Ich antwortete mit einem heiseren Lachen, das nur schwerfällig meine trockene Kehle verließ.
»Glaub mir. Sie fühlt sich noch schlimmer an« flüsterte ich kraftlos.
»Wo sind wir?«, fragte ich sie und erkannte die Anzeichen einer nahenden Panik, die sich anschlich wie das Monster unter dem Bett, dass kam, wann immer man einen Fuß frei von Decke und Schutz über dem Bettrand baumeln ließ.

»Tja, naja ich hoffe du hast keine Platzangst. Wir sind in irgendeinem komischen Bunker. Er war das Erste, das wir entdeckten und viel weiter hätten wir dich nicht tragen können.«
Ich nickte zaghaft und versuchte ihr so mitzuteilen, dass ich verstanden hatte, derweil mein Blick durch die Gegend wanderte.
Im Endeffekt konnte ich nicht viel ausmachen. Es war stockfinster und trotzdem nicht so von der Dunkelheit eingenommen wie das Nichts, in dem ich gefangen gehalten worden war.
Immer wieder stahlen sich halbfertige Erinnerungen in meinem Geist, aber mein wirrer Verstand wollte keinen Sinn daraus ziehen.
Es fühlte sich fast so an, als gehören mir diese Gedanken nicht vollständig. Als müsste ich sie mit jemandem Teilen.

»Der See.«, keuchte ich aufgebracht.
Ich sah seine Lippen jetzt direkt vor mir, als hätte eine unsichtbare Barriere mit erlaubt durch sie hindurchzutreten.
»Kennt ihr einen See? Ein Portal ich...wir. Es wurde geöffnet.«, stammelte ich verständnislos vor mich her.
Obwohl mir ebenjene Gegenstände des Denkens  vermacht worden waren, hatte ich extreme Schwierigkeiten sie zu einer sinnvollen Aussage zusammenzufügen.
»Der..ja!«, schrie Robin aufgeregt und stellte sich abrupt hin.
Okay, gut. Der Bunker war also groß genug um Stehen zu können.
Das half. Nicht massiv, aber es erlernte zumindest die weitestgehende Panik in mir.

»𝐃𝐄𝐑 𝐋𝐎𝐕𝐄𝐑'𝐒 𝐋𝐀𝐊𝐄.« beendete Dustin ihren stückelnden Ausruf.
»Was für ein Portal? Wer hat es geöffnet?«, fragte Steve unsicher.
Er mochte meine Worte verstanden haben, aber der Sinn dahinter rief einen starken Argwohn in ihm hervor.
Er hatte damit nicht ganz Unrecht. Was, wenn es eine Falle war?
Vecna war ein Meister des Puppenspielens und es wäre ihm ein Einfaches gewesen Eddie dazu zu bringen, mir diese Information mitzuteilen.
Aber es fühlte sich nicht so an. Nicht für mich.
Mein Herz versprach mir, dass seine Hilfestellung ehrlich war. Zugegeben, mein Herz war in der Vergangenheit töricht und von einer naiven Hoffnung geplagt gewesen. Dennoch.
Es war ohnehin unsere einzige Möglichkeit. Wir konnten nicht vielmehr tun, als es zu versuchen.

»Ich weiß...ich weiß was du meinst, Steve.«, brachte ich heiser hervor.
»Aber ich bin mir sicher, dass es wahr ist. Das muss es einfach. Es war Eddie. Er hat sich wieder nach vorne gekämpft. Er hat Vecna verdrängt.«, erklärte ich ihm.
Und im Endeffekt war das nicht nur ein Versuch um die anderen drei zu überzeugen, sondern mich eingeschlossen.
Wenn ich die Zeichen falsch gedeutet hatte, dann hätte ich soeben unser Todesurteil unterschrieben.
»Okay.«, murmelte Robin und fuhr sich über die vielen Sommersprossen, die um ihrer Nase angeordnet waren wie ein Sternenbild.
»Und wie schaffen wir es, zum See zu kommen ohne zerfleischt zu werden?«, fragte sie.

„Naja eher ohne, dass Bekah zerfleischt wird. Wir sind scheinbar nicht appetitlich genug.« witzelte Dustin und trotz der ernsten Lage, in der wir uns befanden musste ich schmunzeln.
»Die Viecher interessieren sich auch nicht für mich. Nur für ihren Herrscher. Aber der, ja der sieht mich schon als Leckerbissen an.«, frotzelte ich unter Steve's herben Blick.
Er war der einzige, der sich nicht eine Sekunde lang eine Unterbrechung wagte.
Immerzu waren seine Gesichtszüge angespannt und von Besorgnis gestraft.
Ich nahm mir einen Moment und betrachtete seine Lippen, die nun immer mehr Risse davon trugen, weil er unruhig darauf herum kaute.
Dabei hätte ich seinem niemals Stillen Verstand lieber anders ein Ende gesetzt.
Und das würde ich. Denn es hatte sich etwas verändert.
Zum ersten Mal, seitdem wir in dieser Hölle eines Paralleluniversums gefangen waren, verspürte ich so etwas wie Zuversicht.
Sie war zart. Eine kleine Flamme aus Optimismus.
Aber es reichte um mich wach zu halten und bei mehr oder weniger klarem Verstand.

»Ich hab eine Idee.«, holte mich Dustin zurück in das Hier und Jetzt.
Wir alle sahen zu ihm, auf seinen Lippen wie beim letzten Mal ein freches Lächeln.
»Keine Guillotine."« raunte Steve seufzend, fuhr sich durch das Haar und ließ sich dann neben mir auf den kalten Betonboden sinken.
Ganz selbstgesteuert lehnte ich mich mit dem Kopf an seine starke Schulter und schloss die Augen.
Auf meinen Lippen lag ein erschöpftes Lächeln, als ich meine Stille erhob.
»Keine Guillotine.«, stimmte ich zu.
»Keine Guillotine.«, brummte Robin, woraufhin Dustin leise auflachte.
»Keine Guillotine. Ich weiß nicht wie ihr das seht-«, sagte er und begann freudig zu flöten. »Aber ich wollte schon echt lange ein neues Fahrrad.«, pflichtete er uns bei.

Seine Aussage kam so unvorbereitet, dass ich irritiert meine Augen öffnete und ihn ansah.
Mein Mund war schon geöffnet, weil ich ihn fragen wollte, was er damit meinte, da ergriff er ein weiteres Mal das Wort.
»Ich weiß zufällig aus Erfahrung und aus vielen Briefen an den Weihnachtsmann, dass hier in der Nähe ein Fahrradladen ist. Da gibt es dieses coole Fahrrad, das...egal. Jedenfalls, wollen wir unsere Einbruchsrate steigern?«, fragte er mit einem kühlen Grinsen auf den kindlichen Lippen.

Es erstaunte mich immer wieder, wie wortgewandt er war, bedachte man sein junges Alter.
Gleichzeitig amüsierte mich sein Lispeln, weil seine gewählten Worte einseitig zu viele S' beinhaltet hatten.
Dustin war ein ganz anderes Kaliber als die meisten Kinder, vielmehr Teenager, in seinem Alter.
Und das machte es mir so unheimlich leicht ihn zu mögen.
»Ja gut.«, stimmte Steve, wenn auch befangen zu. »Meinst du, du schaffst es bis dorthin?«, wandte er sich an mich.

Flüchtig begutachtete ich die infektiöse Wunde an meiner Wade und nickt entschlossen.
»Wird schon gehen.«, sicherte ich ihm zu und versuchte erstmals seit einer nicht festlegbare Zeit, aufzustehen.
Es tat weh und ich würde nicht unbedingt schnell vorankommen, aber es würde schon irgendwie gehen.
Steve schien meine inneren Einwände zu bemerken, weshalb er aufstand und mir seine Hand hinhielt.
»Huckepack?«, fragte er mit einem schiefen Lächeln, das mir ganz automatisch das Herz erwärmte.
Nickend stimmte ich ihm mit einem leisen Lachen zu und ließ mir von ihm aufhelfen.
»Also gut. Rauben wir nen weiteren Laden aus!«, rief Dustin und klatschte grinsend in die Hände. Und aus undefinierbaren Gründen stimmten wir mit ein.

𝐖𝐎 𝐃𝐀𝐒 𝐆𝐄𝐒𝐓𝐄𝐑𝐍 𝐍𝐈𝐂𝐇𝐓 𝐌𝐄𝐇𝐑 𝐒𝐄𝐈𝐍 𝐊𝐀𝐍𝐍【𝚔𝚊𝚜】Där berättelser lever. Upptäck nu