𝚍𝚊𝚜 𝚖𝚘𝚗𝚜𝚝𝚎𝚛𝚑𝚊𝚗𝚍𝚋𝚞𝚌𝚑

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𝚔𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝟷𝟷: 𝚍𝚊𝚜 𝚖𝚘𝚗𝚜𝚝𝚎𝚛𝚑𝚊𝚗𝚍𝚋𝚞𝚌𝚑



»𝐇𝐈𝐄𝐑, 𝐋𝐈𝐄𝐒 𝐃𝐈𝐂𝐇 𝐒𝐂𝐇𝐎𝐍 𝐄𝐈𝐍𝐌𝐀𝐋 𝐄𝐈𝐍, grinsend reichte mir Dustin ein abgewetztes schweres Buch.
»Dungeons and Dragons - Monsterhandbuch.«
Unweigerlich musste ich auflachen.
»Dustin, echt?«, fragte ich ihn und betrachtete dabei sein von kindlicher Freude durchflutetes Gesicht.
Er sah wirklich niedlich aus.
Wie seine Cap mit größter Muhe versuchte seine dicken Locken zu bändigen, sein Lächeln, dass auch ohne Vollständigkeit der Zähne unfassbar charismatisch war.
Und die kleine Stupsnase.
»Ich bin eigentlich nicht hier um eure Spielchen zu spielen.«, lehnte ich entschuldigend lächelnd ab.

»Sehe ich so aus als würde ich so ein Nerdspiel spielen?«, fragte Steve und hob argwöhnisch eine Augenbraue.
»Und da ist er wieder. King Steve.«, raunte Robin und ich konnte es zwar nicht sehen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass sie dabei die Augen verdrehte.
»Wir haben gar keine Zeit zu spielen, wenn wir die Welt retten müssen.«, widersprach Dustin mir.
»Das wird ja immer abenteuerlicher.«, murmelte ich. Ich wusste ehrlich nicht, worauf er hinauswollte.
»Ich würde sagen wir besorgen erst einmal eine kleine Erfrischung. Und mit Erfrischung meine ich Alkohol. Den hätte ich nämlich auch gerne gehabt, als mir alles erklärt wurde. Wobei, ich glaube da war ich gerade im Scoops arbeiten. Wäre nicht so gut gewesen, da angetrunken Eis zu verkaufen. Eis mit Alkoholgeschmack, eigentlich eine gute Idee. Wobei, gibt es nicht sowas? Malaga, oder? Sorry...«, entschuldige sie sich nach ihrem Wortschwall.

Abermals ließ ich ein Lachen erklingen, diesmal ausladender. Freudiger.
Wenn ich mir die Truppe so ansah, dann konnte ich sehr gut verstehen, weshalb Eddie mit ihnen befreundet gewesen war.
Eddie.
Wie war es möglich, dass er mir erschienen war?
War er das wirklich oder hatte mich der Herzschmerz Wahnvorstellungen haben lassen?
Es hätte jeder sein können.
Seine Stimme war mir gänzlich unbekannt gewesen. Aber was war mit meinem Kosenamen, der nur für Eddies Lippen bestimmt gewesen war?
Um dem Gedankengang nicht weiter nachzugehen zu müssen, schüttelte ich abwehrend den Kopf.
Als könnte ich so der Unruhe in mir entkommen.

»Also gut, wie retten wir denn nun die Welt?«, fragte ich schmunzelnd.
»Nichts da. Wenn ich mir den Kram noch einmal anhören muss, will ich auch was trinken.«, widersetzte sich Steve und lenkte den Wagen sogleich in die Einfahrt eines Seven Eleven.
»Klingt gut. Aber keinen Apfelwein.«, gab ich zurück und drehte dabei eine der weißblonden Strähnen meines Haares mit dem Zeigefinger auf.
Steve sah mich durch den Rückfahrspiegel für einen kurzen Moment mit seinem typisch verwirrten Blick an.
Ihm brannte es auf der Zunge mich zu fragen, was Apfelwein damit zutun hatte, aber er beließ es dabei.

»Du, meine schöne Bekah, bekommst das Beste was dieser Spätkauf zu bieten hat. Gutes, billiges Kraftbier, das so richtig knallt.«, lachend stieg er aus und ging in den Laden.
Ich sah ihm noch einen Augenblick hinterher und war ein weiteres Mal erstaunt darüber, wie selbstbewusst und doch irrwitzig sein Auftreten war.
Steve war ein ganz und gar anderes Kaliber und irgendwie gefiel es mir nicht, dass ich das so leicht hatte erkennen können.
Und noch viel weniger gefiel es mir, dass ich das gut fand.
Es war eine gelungene Abwechselung zu den immergleichen Persönlichkeiten, die ich in meinem bisherigen Leben angetroffen hatte.
Sie alle waren getrieben von einem Klischee, dass ihnen von der Gesellschaft auf erzwungen worden war. Steve, so glaubte ich zumindest, gehörte nicht dazu.

Sein Beschützerinstinkt gegenüber Eddie und seine eindringliche Mimik hatte mir ein anderes Gefühl vermittelt.
Und ob ich wollte oder nicht, gab es einen Teil in mir, der herausfinden wollte, ob ich ihn richtig einschätze. Und wissen wollte, was er noch zu verbergen hatte.
»...einfach nur unerträglich.«, nuschelte Robin.
Mit Sicherheit stand auf der Liste mit ihren zehn liebsten Hobbies, sich über Steve aufzuregen.
Ganz sicher sogar. Vermutlich in den Top Drei.
Ihre Dynamik war unvergleichlich.
Auch, wenn ich im Generellen nie wirklich viele Freunde gehabt hatte, keiner von ihnen hatte eine so ausufernde Persönlichkeit wie Robin oder Steve.
Oder Dustin.

Dieser war während der Fahrt sehr ruhig geworden. Erst dachte ich, er wäre niedergeschlagen, weil ich sein Spiel ins Lächerliche gezogen hatte.
Oder weil er zu jung war um zu trinken – das waren wir ja eigentlich auch – und die Aussicht auf drei Betrunkene nicht gerade zu Freudenschreien rührte.
Aber dann bemerkte ich, dass er völlig vertieft in das Buch war, dass er mir zum Lesen hatte geben wollen.
Seine noch dicklich wirkenden Fingerspitzen wanderten über die Worte, die er las, bis sie Halt machten und auf den Namen einer Kreatur liegen blieben.
VECNA.
»Wer..«, wollte ich ihn nach dem Monster fragen, als die Beifahrertür aufgerissen wurde und Steve mir eine Dose Bier entgegenhielt.
»Für den Fahrtweg.«, sagte er und zwinkerte mir schelmisch grinsend zu.

Ich gluckste und nahm die Dose dankend an.
Sie war erfrischend kalt und für einen flüchtigen Moment kühlte ich damit meine glühende Stirn.
Die Versuchung, die Dose schon jetzt zu öffnen war riesig, aber ich wollte nicht die Einzige sein, die trank.
Unser Weg führte uns zum zweiten Mal an diesem Tag durch blattloses Geäst, hier musste man sich auskennen um den eingedrückten Boden als wirkliche Möglichkeit zur Überfahrt zu erkennen.
»Wenn das eine Fortsetzung von Freitag der 13. Werden soll, hättet ihr mir das auch sagen können.«, brummte ich und sah in das Nichts.
Wälder in der Nacht hatten etwas so verflucht Gruseliges an sich.
Keiner stimmte in das von mir gestartete Gelächter ein, stattdessen warfen sich Robin und Steve einen vielsagenden Blick zu, als der Wagen zum Stehen kam.
Dann drehte er sich zu uns um und stützte seinen rechten Ellbogen auf der Mittelkonsole ab.
Mir entging dabei nicht der stramme Bizeps der dadurch zum Vorschein kam, aber ich wandte mich schnell ab und sah auf die schäbige Holzhütte, die vor uns lag.

»Wir sind uns einig, dass wir das jetzt durchziehen, ja?«, fragte Robin in die Gruppe und ich wusste dabei ganz genau, dass ich nicht eingeschlossen war.
Sie besprachen in meiner Anwesenheit, ob sie mir genug vertrauen konnte, um – ja was eigentlich?
Um mich in eine alte Holzhütte zu sperren?
Glaubten sie mir meine Vergangenheit mit Eddie immer noch nicht?
»Okay..okay.«, sprach Robin mit gedämpfter Stimme in die Runde. »Gut, Bekah?«
Ich sah zu ihr.
»Du wirst jetzt gleich ein paar unserer Freunde kennenlernen, okay? Flipp nicht aus, sollte es irgendwie komisch werden.«
Sprachlos runzelte ich die Stirn. Was zum Teufel ging hier vor?
»Und ich könnte ausflippen, weil?« ,fragte ich und mir entging dabei nicht, wie nervös meine Stimme geklungen hatte.

»Sie sind in meinem Alter, also nichts zu befürchten.«, nuschelte Dustin und lächelte mir zutraulich zu.
»Okay..«, murmelte ich eher zu mir selbst.
Das sprach nicht gerade für sie, oder? Wieso sollte ich dann durchdrehen?
Waren sie eine Gruppe aus Schwererziehbaren? Gauner und Verbrecher?
Ich hing noch meinen Vermutungen nach, da öffnete sich auch schon die Tür und ein zierliches Mädchen mit kahlrasierten Haaren schlich sich mit ernster Miene durch den Spalt, der sich gebildet hatte.
Dicht gefolgt von einem Jungen mit dunklem Haar, dass in zarten Wellen im Schein der Glühbirne tanzte, die über dem Türrahmen angebracht worden war.
Ich hatte keine Ahnung was mich zu erwarten hatte.
Der erste Blick auf das Mädchen ließ in mir die Annahme aufkommen, sie könnte krank sein.
Vielleicht eine Chemotherapie, die ihr das Haar genommen hatten?
Oder sie hatte sie sich ihn freiwillig abrasiert.
Ich kam nicht drumherum zu bewunderten wie markant ihre Züge dadurch wirkten.
Sie sah wunderschön aus, trotz der stoppeligen Glatze, die sie trug.
Nur ihr ernster Blick verunsicherte mich.

𝐖𝐎 𝐃𝐀𝐒 𝐆𝐄𝐒𝐓𝐄𝐑𝐍 𝐍𝐈𝐂𝐇𝐓 𝐌𝐄𝐇𝐑 𝐒𝐄𝐈𝐍 𝐊𝐀𝐍𝐍【𝚔𝚊𝚜】Where stories live. Discover now