SIEBEN

2.5K 93 6
                                    

"Scheiße", murmele ich. Ich drehe schnell um und eile Carlo hinterher. Doch als ich draußen auf der erdunkelnden Straße stehe, sieht man ihn nicht mehr. Ich jogge in die Richtung, in den ich ihn verschwinden sah. Ich biege in die dunkle Seitstraße ab, gehe ein paar Schritte rein. Aber es ist eine Sackgasse. Ich drehe mich um, ich will zurückgehen, doch da stoppe ich. Dort stehen zwei große, bullige Personen.

"Hey Süße", lallt der eine. Ich bekomme Angst, ich weiche etwas zurück. Ich bin in der Falle, es gibt keine Fluchtwege.

"Hau doch nicht ab! Komm, Kleines, wir tun dir nichts!",sagt der andere. Sie schleichen sich näher.

"Bleibt mir vom Hals!", sage ich mit piepsiger Stimme. Ich versuche, schnell mein Handy aus der Tasche zu holen, doch da hat der eine schon meine Tasche entrissen und wirft sie in eine Ecke. Ich weiche noch mehr zurück. Ich erinnere mich daran, dass man sich bemerkbar machen soll. Ich öffne den Mund, um zu schreien, doch der eine hat mir schon eine schmutzige Hand auf den Mund gepresst. Ich falle hin und fange mich mit der linken Hand ab. Prompt durchbohrt was Spitzes meine linke Handfläche und ich stöhne vor Schmerzen. Sofort fließt viel Blut über meine Hand, es tut so weh. Der eine hält meine Arme noch zusätzlich fest und drückt mir einen Kuss auf die Wange. Der andere zieht mein Kleid hoch und fasst an die Unterhose. Da packt mich die Wut. Ich ziehe die Beine an und trete dem Mann mitten ins Gesicht. Es kracht und es fließt Blut aus der Nase.

"Alter, komm wir holen uns jemand anderes, nicht so ne Nutte!", sagt er wütend. Er lässt von mir ab, knebelt mich noch schnell mit einem Tuch. Der andere lässt mich los, versetzt mir noch einen so festen Tritt in die Rippen, dass ich wimmere. Die beiden laufen schnell weg. Ich liege auf dem Boden, geschockt, aber es fließt keine Träne. Ich kann mich nicht bewegen, nicht schreien, nicht rufen. Ich zittere und ziehe ganz langsam das Tuch aus dem Mund. Da fällt mir meine Tasche ein, die sie zum Glück liegengelassen haben. Ich greife rein, nehme mein Handy raus und wähle Carlos Nummer. Wenn nicht er, wer dann? Ich vertraue nur ihm.

Er meldet sich nach dem ersten Klingeln. "Ja?"

"Carlo?", flüstere ich erstickt. Meine Stimme hört sich völlig falsch an.

"Summer. Was ist passiert?", kommt sofort die Frage. Er merkt sofort, dass etwas nicht stimmt. Er hört sich sehr besorgt an.

"Kannst du mich abholen kommen?", flüstere ich.

"Was ist passiert?", wiederholt er entsetzt.

"Ich bin in einer Gasse. Es waren zwei Männer..."

Ich höre, wie er aufspringt. "Wo bist du genau?"

"Die Sackgasse beim Hotel."

"Warte da, ich bin sofort bei dir." Er legt auf. Ich betrachte meine Hand. Eine Scherbe steckt bis zur anderen Seite darin, hat sie komplett durchbohrt. Ich traue mich nicht, sie herauszuziehen. Die Hand blutet heftig, ich drücke den Schal, den ich dabei habe, darauf. Ich streiche mir die Haare aus den Augen. Mir ist heiß und kalt zugleich. Ich setze mich in die hinterste Ecke und ziehe die Beine fest an den Körper. Und immer noch keine einzige Träne - ich weiß auch nicht warum.

Da schlittert Carlo um die Ecke und rennt zu mir. Das ging aber schnell. "Oh scheiße!", stößt er außer Atem hervor. "Wo sind die Arschlöcher hin?"

"Sie sind abgehauen."

"Was haben sie getan?" Er kniet sich bei mich und streicht mir über die Haare, ich zucke zurück. Er hebt mein Gesicht an und schaut mir in die Augen. Er sieht, dass nichts mehr stimmt. Dass die Welt aus den Fugen geraten ist.

"Sie haben es nicht geschafft." Er weiß, was ich meine.

"Wir müssen hier weg", murmelt er. Er schiebt die Arme unter mich, hebt mich hoch und drückt mich an sich. Er fischt noch die Tasche vom Boden auf, dann geht er los. Er geht schnellen Schrittes ins Hotel. Die Empfangsdame ist zum Glück nicht da und er geht schnell zum Aufzug. Im Aufzug gibt er mir die Tasche. "Such mal den Schlüssel, bitte. Ich hab keine Hand frei."

Cro-You make my life completeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt