Die Sünden, die ich beging

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Stück für Stück legte ich das Innenleben frei. Meine Finger zitterten vor Aufregung, als mehrere Dokumente zum Vorschein kamen. Ich zog die Blätter heraus, während mir das Herz bis zum Hals schlug. Ein Umschlag mit Papier. War das alles oder war da noch mehr zu holen? Ich warf erneut einen prüfenden Blick in das Fach und runzelte die Stirn. Normalerweise hätte ich jetzt in die Schublade sehen müssen, aber stattdessen blickte ich erneut auf einen hölzernes Brett. Mein Herz setzte ein paar Schläge aus. 

War das hier etwa ein doppelter Boden!?

Ich stieß den Atem aus und sandte ein Dankesgebet nach oben. Selbst wenn ich das Schloss aufbekommen hätte, ich wäre keinen einzigen Schritt weiter gekommen. Beinah ehrfürchtig starrte ich auf den Umschlag in meinen Händen. Heilige Scheiße... Das passierte gerade wirklich... Ich kam mir vor wie ein Geheimagent.

"Also gut, mal sehen, was du verheimlichst, Jarvis." 

Ich breitete den Inhalt des Umschlags vor mir auf dem Schreibtisch aus, streng darauf bedacht, die Reihenfolge der Dokumente nicht zu verändern. Einige der Blätter waren mit einer Büroklammer  zusammengeheftet. Ich nahm den ersten Packen ins Visier, konnte allerdings zuerst nur bedingt zuordnen, was ich sah. Nur so viel war sicher, das hier waren keine Passwörter.

Erst als ich die Überschrift erneut las, wurde mir klar, dass ich so etwas wie einen medizinischen Bericht vor mir hatte. Und nicht irgendeinen. Mein eigener Name stand ganz oben auf dem Dokument. Und noch etwas erregte meine Aufmerksamkeit: Die Jahreszahl des ersten Berichts lag schon einige Zeit zurück. 

"Das war mehrere Jahre bevor ich Jarvis getroffen habe.." Ein kalter Schauer ging mir den Rücken hinab. 

Ich entfernte die Klammer und blätterte hastig von einer Seite zur nächsten. Blutwerte. Alles voller Blutwerte. Mehrere Berichte mit sämtlichen Parametern von Leukozyten bis Thrombozyten, von Erythrozyten bis Hämoglobin. Ich schnaubte. Wie seltsam passend für einen Vampir im 21. Jahrhundert.

Nur nicht ganz der Inhalt, den ich in einer Geheimschublade vermutet hätte. Ich runzelte die Stirn. Wieso hatte er ausgerechnet meine Blutwerte hier versteckt? Irgendetwas musste es damit auf sich haben.  Mit zusammengekniffenen Augen sah ich mir die Daten genauer an.

Die Ergebnisse waren übereinander aufgelistet, stets in Relation zu den Normalwerten. Auf den ersten Blick wirkte es wie ein normales Blutbild, erst auf der Rückseite wurde es interessant. Je weiter ich blätterte, desto kurioser wurden die getesteten Parameter. Einige Zahlen waren sogar mit gelbem Marker angestrichen.  

"Progenische Kompatibilität zu Thompson im Vergleich zum Mittel...  Abwehrreaktion im Labor auf Tetrasamin... Was zum Teufel?"

Ratlos blätterte ich weiter zum nächsten Bericht. Das Datum stimmte hier ziemlich genau mit dem Tag überein, an dem ich beinah verblutet wäre. Zwei Tage darauf folgte noch mal ein weiteres Blutbild. Die beiden Berichte waren mit kaum entzifferbaren Anmerkungen übersäht, aber ich musste kein Genie sein, um zu erahnen, dass die Handschrift von Grant stammte. Doktor Compton war der einzige Arzt, den Jarvis jemals in meine Nähe gelassen hatte. Der aktuellste Bericht stammte vom Tag meiner Blutspende. 

Ich lehnte mich im Stuhl zurück und versuchte zu verstehen, was ich vor mir hatte.

Auch wenn ich mit den Zahlen selbst nicht viel anfangen konnte, war selbst für mich nach einer Weile ein einfacher Zusammenhang erkennbar. Je mehr Zeit verstrich, desto höher kletterten die Werte. Die einzige Konstante blieb die progenische Kompatibiliät.  Die 97,4% stachen in leuchtend gelb hervor. Je länger ich die Zahl anstarrte, desto unheilvoller erschien sie mir.  

Ich fuhr mir übers Gesicht. Dann blätterte ich zurück zur ersten Seite, glich erneut das Datum ab. Ja, definitiv lange bevor ich Jarvis im Supermarkt getroffen hatte. Ich stieß den Atem aus. 

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⏰ Last updated: Oct 05, 2022 ⏰

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