Die Sünden, die ich beging

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Jarvis war verschwunden und im ganzen Haus kehrte plötzlich eine beinah unnatürliche Ruhe ein. Ich atmete mehrmals tief durch. 

Okay. Was jetzt? 

Ich konnte unmöglich weglaufen. Abgesehen davon, dass Jarvis Leute vermutlich ein Auge auf das Haus und die Umgebung haben würden, hätte ich im Moment auch gar nicht gewusst, wohin ich gehen sollte. 

Aber es gab Dinge, auf die ich Antworten brauchte. 

Mittlerweile war ich überzeugt davon, dass Roger mich nicht einfach aus Nächstenliebe hatte treffen wollen. Er hatte akribisch darauf geachtet, Jarvis nicht misstrauisch zu machen, mich sogar daran erinnert, ihm zu schreiben. Und er war nervös gewesen. Roger war normalerweise eher der ruhige Typ... 

Ich fluchte. Natürlich konnte ich falsch liegen. Es gab keine Garantie dafür, dass er nicht von Adrien geschickt worden war, wie Jarvis dachte. Nur würde ich es jetzt wahrscheinlich nicht mehr erfahren. Was auch immer er mir eigentlich am Fluss hatte sagen wollen, es war offensichtlich komplett in die Hose gegangen. Ich bereute es im Nachhinein, so die Nerven verloren zu haben. Unser nächstes Treffen würde zusammen mit den Progenitoren stattfinden, unwahrscheinlich dabei zu erfahren, was wirklich Sache war.

Ich hatte heute den ganzen Tag damit verbracht, mir Gedanken darüber zu machen, wem ich wirklich vertrauen konnte. Ich biss mir auf die Lippen. Weder die Progenitoren, noch Roger antworteten mir ehrlich auf meine Fragen. Wenn ich Antworten wollte, musste ich sie mir selbst suchen.

Vielleicht hatte er mir ja eine Nachricht hinterlassen? Ich bezweifelte es, fing jedoch trotzdem an, das Haus abzusuchen. 

Wo zum Teufel war mein Handy? 

Ich überlegte fieberhaft, wo ich es das letzte mal gesehen hatte. 

Richtig. In der Handtasche. Bei Roger im Auto.

Ich stöhnte. Jarvis hatte mein Zeug aufgelesen, aber ich konnte mich nicht daran erinnern, dass er meine Tasche mit ins Haus genommen hatte. Also lag meine Tasche inklusive Handy vermutlich noch bei ihm im Auto. Ich suchte dennoch das gesamte Untergeschoss ab, nur um sicherzugehen. Letzten Endes musste ich mir jedoch zähneknirschend eingestehen, dass von meinem Telefon jede Spur fehlte.

"Verdammt.."

Meine Augen wanderten zur Treppe ins Obergeschoss. Ich zögerte. Was, wenn Jarvis doch plötzlich zurück kam? Oder was wenn er Kameras installiert hatte..? Der Gedanke trieb mir die Gänsehaut über die Arme. Ich sah mich mehrmals um und fühlte mich dabei schon jetzt wie ein Dieb. 

Erneut ließ ich den Blick über die Treppe hoch zur Galerie wandern. Dort oben gab es nur ein einziges Zimmer, das wirklich interessant für mich war: Sein Büro.

Ich wusste, dass es eine dumme Idee war. Eine richtig dumme Idee. Wenn der Vampir mich an seinen Sachen erwischte.. ein kalter Schauer ging mir über den Rücken. Aber andererseits, Jarvis war nicht hier. Ich war allein, vermutlich sogar für die nächsten paar Stunden. 

Ich ballte die Hände zu Fäusten. Wer wusste schon, ob ich nach dem Umzug überhaupt noch Zugang zu seinem Arbeitszimmer hätte? Wenn es irgendwo Antworten gab, dann dort.

Mit zittrigen Knien erklomm ich die Stufen nach oben.

Das erste, was ich ausprobierte, war das Festnetztelefon auf seinem Schreibtisch. Ich wusste, dass ich vermutlich keinen Erfolg damit haben würde, aber nahm trotzdem probehalber ab. Prompt wurde ich aufgefordert, einen 6-stelligen Code einzutippen.

Kindersicherung... 

"Scheiße.." Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als ich den Hörer wieder auflegte. Jarvis hatte nicht gelogen. So würde ich keinen Schritt weiterkommen. Ebenso wenig käme ich ohne Passwort und Kennung an die Daten auf seinem PC.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 05, 2022 ⏰

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