Kapitel 8

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Als wir das Schloss betreten, fühle ich mich sehr, sehr klein. Die Decke ist Meterweit hoch. Links und rechts sind Säulen die, die Decke stützen. Sie werden von Lianen mit goldenen Blumen umkreis. Die komplette Halle besteht aus weißem Marmor und die Schritte, die wir gehen, erzeugen einen Echo. An den Wänden sind Sätze eingraviert, die ich nicht entziffern kann. Es ist einfach wunderschön. Nein, majestätisch ist definitiv der passendere Begriff. Ich war bisher nur in einem Schloss, weil Lucy mich dort hingeschleppt hat, aber das war rein gar nichts im Vergleich hierzu. Vermutlich das schönste Gebäude, was ich je gesehen habe. Vor einer Tür landet schließlich die Fee und sieht uns an.

"Die Königin ist in diesem Saal. Ich muss nicht sagen, dass ihr respektvoll sein müsst?" Sie sieht jeden von uns an. Am längsten verweilt ihr Blick auf Carlisle. 

"Das wissen wir", antwortet Ciardha.

Die Fee nickt und öffnet schließlich die Tür. Ich weiß nicht womit ich gerechnet habe. Vielleicht mit einem Thronsaal wie in den Filmen, aber sicher nicht mit einem Raum voller Pflanzen. Es sieht aus wie ein Wintergarten. Alles ist aus Glas.

"Wen haben wir denn da?" 

Eine wunderschöne Frau im mittleren Alter kommt hinter einer großen Pflanze hervor geflogen. Sie trägt ein bodenlanges, goldenes Kleid, welches ihren Körper umschlingt. Sie hat dunkle Haare, die bereits durch graue Strähnen gekennzeichnet sind. Sie sieht so natürlich aus. Als sie vor uns landet, sehe ich auch Falten in ihrem ansonsten makellosen Gesicht. Ihre blauen Augen sehen uns freundlich an. Mit einer Spur von Neugierde. 

"Eure Majestät", sagt Ciardha und verbeugt sich. Etwas überfordert mache ich die Bewegung nach. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie auch Carlisle sich verbeugt.

"Dich habe ich lange nicht mehr gesehen, was führt dich zu mir?", fragt die Königin, nachdem wir uns wieder aufgerichtet haben.

"Wir sind auf der Durchreise und Euer Reich schien mir die Sicherste zu sein."

"Da hast du richtig gedacht. Wer sind deine Begleiter?" Nun sieht sie Carlisle und mich an.

"Das sind Ruby und..."

"Carlisle", flüstere ich und versuche nicht zu lachen.

"Carlisle", beendet er schließlich seinen Satz.

Die Königin sieht mich eine Weile lang an. Sehr verdächtig. Vermutlich hält sie mich auch für die Schneeprinzessin. Ich frage mich aber, wie sie dazu steht. 

"Ihr könnt bleiben, solange es nötig ist."

Sie wirft uns nicht hinaus, immerhin ist das ein gutes Zeichen, oder nicht? 

"Vielen Dank, Eure Majestät." Ciardha verbeugt sich erneut.

"Eine Bedingung habe ich aber."

War ja klar. Niemand macht etwas, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Ich hätte mir denken können, das es hier genauso abläuft. Egal ob Mensch oder Fee, sie sind immer gleich. Ich kann ihr ansehen, dass sie etwas ausheckt. Ich habe früh gelernt, Menschen zu durschauen.

"Was auch immer Ihr wünscht."

Na große Klasse, Ciardha. Wie wäre es wenn ich da auch was zu sagen habe? Ich hasse es, wenn man über mein Kopf hinweg Entscheidungen trifft. Das ist einfach Scheiße.

"Ihr werdet mit mir zu Abend speisen. Mein Sohn ist mal wieder unterwegs und alleine zu Abendessen ist nicht unterhaltsam."

Okay, das klingt nicht zu schlimm. Aber sie hat Hintergedanken. Um das zu verstehen, muss man kein Genie sein. Nachdem wir uns erneut verbeugt haben, führt uns die Fee von vorhin zu unseren Gemächern, wie sie die Schlafzimmer nennen. Selbst mein das Schlafzimmer ist atemberaubend. Die Möbel sind in weiß und Gold gehalten. Ein riesiges Himmelbett steht mitten im Raum. Rechts steht ein Tisch und daneben ein Schrank.

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