Kapitel 6

12 3 0
                                    

Ich spüre die Blicke der anderen auf mir. Elfen, Zwerge, Shanayen und noch andere sehen von mir, zurück zu meinen Begleitern und dann wieder zu mir. Sie können zwar nicht erkennen, dass ich wie eine Prinzessin aussehe, aber hinter mir läuft ein Hexer. Ich frage mich, ob er auch zaubern kann, so wie Geralt aus The Witcher. Das wäre ziemlich cool. Ab und zu glaube ich immer noch, dass ich auf einem LSD Trip bin. Immerhin war ich auf einer Party, da hätte mir jeder etwas in den Drink mischen können. Gott, was macht wohl Lucy? Ob es ihr gut geht? Scheiße, was ist, wenn sie den selben Horror durchmacht wie ich? Ich bete, dass es nur mich erwischt hat. In meinem Traum hat Leandra gemeint, dass sie mich hergeholt hat. Aber wie ist das möglich? Die Gute ist seit über hundert Jahren tot. Was die Frage aufwirft, wie alt mein Hexerfreund ist. Auf meiner Welt würde ich ihn auf sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig schätzen. Carlisle vielleicht ein oder zwei Jahre jünger. Dennoch beide älter als ich. 

"Hier lang", sagt Ciardha und unterbricht somit meine Gedanken. Ich runzele die Stirn und schaue die Karte an. Laut der Karte müssten wir in die entgegengesetzte Richtung.

"Sicher? Hier steht, dass..." 

"Mein Pferd steht dort drüben", unterbricht er mich. 

"Und was interessiert uns das? Nimm dein Gaul und verschwinde", zischt Carlisle. 

Ciardha ignoriert ihn einfach, was Carlisle noch wütender macht. 

"Du willst zum Kristallspiegel." 

Ich nicke, obwohl das eine Feststellung von Ciardha war. 

"Der Weg, den du gehen willst, ist nicht so sicher, wie dein Freund glaubt." 

"Hör mal Hexer, ich kenne mich in diesen Gebieten sehr gut aus und..." 

"Und ich töte dort die meisten Monster", unterbricht ihn Ciardha. 

"An Monstern bin ich nicht besonders interessiert", werfe ich ein. 

"Warum? Du hast doch einen Crawler erlegt." 

Ich sehe Ciardha an und er bemerkt, dass ich Carlisle angelogen habe. Naja eine andere Wahl hatte ich nicht, immerhin hätte Ciardha mich erwürgt und er hatte gesagt, dass ich ihn nie gesehen hätte. 

"Welchen Weg schlägst du vor?", frage ich ihn um nicht auf Carlisles Frage zu antworten. Ciardha tritt neben mich und tippt auf die Karte. Dauert zwar zwei Tage länger, aber dafür ist es sicherer." Carlisle sieht mir über die Schulter. 

"Das Feenvolk? Die Königin lässt dich niemals durch." 

"Welche Königin?", frage ich Carlisle. 

"Die Feenkönigin. Sie lässt niemanden auch nur in ihr Dorf. Ganz zu schweigen von Hexern." 

Ich überlege. Monster oder Feen. Ganz klar. 

"Wir gehen den Weg durch das Feendorf", sage ich entschieden und laufe in die Richtung, die Ciardha vorhin angesprochen hat. Fluchend folgt Carlisle mir.

Als die Abenddämmerung einbricht, machen wir eine Rast. Ich lasse mich auf den Boden fallen und ziehe die Beine an. Während dem ganzen Marsch habe ich mich nicht einmal beklagt, obwohl mir die Füße schmerzen und eine Migräne sich ankündigt. Ich beobachte meine Begleiter. Unterschiedlicher könnten sie nicht sein. Ciardha kümmert sich gerade um seinen Pferd und Carlisle sammelt Feuerholz. Ich könnte ihm helfen, aber dafür gehen mir zu viele Sachen durch den Kopf. Zum Beispiel mein Traum. Wie kann es überhaupt sein, dass ich von einer Frau träume, die ich in meinem Leben noch nie gesehen, geschweige denn von ihr gehört habe. Nicht die Hexer sind die Schlechten. Aber wer denn dann? Die königliche Familie? Und was habe ich mit der ganzen Sache zu tun? Ein Seufzen entweicht mir. Aber meine Begleiter sind beide so beschäftigt, dass sie es gar nicht hören. 

"Du solltest dich hinlegen, wir brechen bei Morgendämmerung auf", sagt Ciardha. Ich nicke und lege mich, eingewickelt in meinem Mantel auf den Boden. Langsam fallen mir die Augen zu und ich gleitet in einen traumlosen Schlaf.

WinterreichWhere stories live. Discover now