Kapitel 7

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Es ist später Nachmittag, als wir einen dichten Wald betreten. Wir sind sehr, sehr lange gelaufen. 

"Wo sind wir hier?", frage ich meine Begleiter. 

"In den Wäldern von Elyon", antwortet Ciardha und führt sein Pferd weiter. 

"Es ist wunderschön", flüstere ich. 

Überall blühen Blumen, die ich noch nie gesehen habe. Es riecht herrlich nach Frühling. Bienenähnliche Kreaturen fliegen von einer Blume zur nächsten. Vogelgezwitscher ist  von irgendwo zu hören. Ich lege mein Kopf in den Nacken und sehe hinauf zwischen die Äste, wo Sonne hindurchscheint. Anschließend ziehe ich meinen Mantel aus, da es hier viel wärmer ist, als wie außerhalb des Waldes. Ich fange sogar an zu schwitzen. Ich hoffe ich bekomme keine Kopfschmerzen durch den Wetterumschwung.

"Warum ist es hier eigentlich grün? Ich meine hier liegt kein Schnee", bemerke ich und gehe in die Hocke um eine Blume genauer anzuschauen. Es ist blau und hat Tentakelähnliche Blüten. Niedlich aber auch witzig. Carlisle und Ciardha sind somit gezwungen stehen zu bleiben.

"Das ist das Reich der Feen. Sie könnten inmitten von Schnee nicht überleben. Zumindest nicht auf Dauer", antwortet Carlisle, als wäre es eine dumme Frage meinerseits. 

"Dann hat der Zauber hier nicht gewirkt?" 

Ich überhöre sein Sarkasmus. Nun sieht er mich stirnrunzelnd an. 

"Was meinst du?" 

"Leandra? Der Zauber, der für den ewigen Winter verantwortlich ist?", helfe ich ihm auf die Sprünge. Ich stehe auf und sehe mich erneut um. So wunderschön. Es fehlt nur noch ein Wasserfall, dann wäre es einfach nur atemberaubend.

"Ihre Magie hat hier nicht gewirkt", murmelt Carlisle. 

"Dann war sie doch nicht so mächtig, wie du gesagt hast?" 

"Sie war die größte Magierin, die diese Welt je hervorgebracht hat. Jetzt beeilt euch endlich." Ciardhas Stimme klingt bitter. Er weiß mehr, als er sagt. 

"Und warum ist dann hier kein Winter?", will ich wissen. 

Wenn ich hier überleben soll, muss man mir auch meine Fragen beantworten. Immerhin weiß ich rein gar nichts über diesen Ort.

"Im Reich der Feen funktioniert andere Magie nicht. Es wird neutralisiert", erklärt Ciardha und läuft weiter. Um weiter mit ihm zu reden, laufe ich ihm nach. Während er ein Schritt macht, muss ich drei Schritte gehen. Verdammte Größe. Warum muss er auch noch so schnell laufen?

"Okay. Hast du eigentlich auch magische Kräfte?" 

"Nein." 

Seine Stimme klingt scharf. Also nicht nachbohren. Obwohl ich es echt gerne wüsste. Aber ich will ja selbst nicht, dass man Fragen über mich stellt, also akzeptiere und respektiere ich sein Nein. Carlisle ist nicht so taktvoll.

"Er hatte mal magische Kräfte, aber da sie zu Verrätern wurden, hat man sie ihnen weggenommen", wirft Carlisle ein. In seiner Stimme schwingt Gehässigkeit. Was mir gar nicht gefällt.

Ciardha überhört seinen Seitenhieb. Ich hingegen werfe ihm einen wütenden Blick zu. 

"Was denn? Es ist die Wahrheit." 

"Das ist trotzdem kein Grund so gehässig zu sein. Respekt und so sind dir Fremd, oder?"

"Seid leise", flüstert nun Ciardha.

"Wieso?", frage ich. Denn ich lasse mir ganz sicher nicht den Mund verbieten. Soweit kommt es noch. Und erst Recht nicht, wenn ich auf seiner Seite bin. 

"Ruby, komm hinter mich", sagt nun Carlisle ebenfalls leise und zieht sein Schwert. Okay, wenn er auch die selbe Position wie Ciardha einnimmt, stecken wir in Schwierigkeiten. Deswegen nehme ich es Ciardha doch nicht übel. Ich stelle mich hinter beide, da sie die Einzigen sind, die wissen wie man mit einem Schwert umgeht und nicht nur einen Dolch besitzen.

"Eure Waffen sind für euch nicht von Nutzen", höre ich eine klare Stimme sagen. 

In dem Moment fliegt eine Fee von einem der Bäume runter. Ich sehe sie mit großen Augen an. Sie hat Flügel. Verdammte Flügel! Und sie schimmern so schön in der Sonne. Sie sind sehr schmal und nach oben hin verlaufen sie spitz. Sie trägt eine grüne Hose und ein grünes Tunika. Sie tarnt sich dadurch zwischen den ganzen Blättern. Ihre kastanienbraunen Haare trägt sie streng nach hinten gekämmt.

"Sie ist wunderschön", entschlüpft es mir. Sofort schlage ich die Hand vor mein Mund. Toll, jetzt habe ich ihre Aufmerksamkeit. 

"Wer bist du?", fragt sie und sieht mich misstrauisch an. Ich mache Anstalten zu antworten, aber Carlisle bringt mich mit einem Blick zum Schweigen. 

"Es tut uns leid für die Störung, aber wir bitten um eine Audienz bei der Königin", sagt Ciardha. "Hexer, dich haben wir hier seit langem nicht mehr gesehen", sagt die Fee und landet direkt vor ihm. 

"Habt Ihr Ärger mit Monstern?" 

"Nein, dank dir nicht mehr. Was die Audienz betrifft, ich schaue was ich machen kann. Ihr wartet hier", fügt sie hinzu und fliegt davon. Wow, sehr lustig. Wir könnten ihr so oder so nicht folgen. Immerhin fliegt sie! Ich habe wirklich eine Fee getroffen. 

"Du hast ihnen schon einmal geholfen?", frage ich stattdessen Ciardha. Er nickt. 

"Sie hatten ein Monsterproblem und Feen können nicht töten." 

"Vermutlich für Gold", brummt Carlisle. 

Doch dieser geht gar nicht auf die Bemerkung ein. Also warten wir. Bis die Fee von vorhin wieder vor uns landet. 

"Die Audienz wird gestattet. Stellt euch dort drauf", sagt sie und deutet auf eine dunkelgrüne Stelle. Ich sehe Ciardha an. Als dieser sich drauf stellt, zucke ich mit den Schultern und mache es ihm nach. Carlisle folgt uns. Und dann wackelt der Boden unter meinen Füßen. Reflexartig klammere ich mich an Ciardha, als der Boden anfängt zu schweben. 

"Entspann dich. Es ist sehr schwer, eine Audienz bei der Feenkönigin zu bekommen", flüstert Ciardha. Ja klar, jetzt kann ich mich erst recht entspannen. Nervosität bereitet sich in mir aus und die Blicke, die mir die Fee immer wieder zuwirft, ist auch nicht entspannend. Wir halten an und stehen vor einem...Schloss. 

"Wow", entschlüpft es mir. 

"Die Königin wartet. Kommt." Die Fee geht voraus und wir folgen ihr. Was bleibt uns auch anderes übrig?

WinterreichWhere stories live. Discover now