Kapitel 37 - Lili

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Ich betrachtete Davids gerunzelte Stirn. Wollte er nicht, dass ich einen Job fand und bei ihm einzog? Oder wollte er nicht an die Party? Ich war verwundert gewesen, dass David einen Anzug trug. Zum Glück hatte ich mich etwas mehr herausgeputzt als ich es sonst tat.

Sein Blick war finster. Hatte Pascal etwas zu ihm gesagt? Wegen Barbara oder meiner Treffen mit Daniel? Ich wusste, sie hatten sich heute im Training gesehen. Ein flaues Gefühl nistete sich in meiner Magengrube ein. Nein, Pascal war nicht begeistert gewesen, als er von unseren Plänen erfahren hatte, aber er würde nie sein Versprechen brechen. Er wollte sich Mühe geben David zu akzeptieren.

Hatte ich die richtige Entscheidung getroffen? Sandra war nicht erfreut gewesen, als ich ihr gesagt hatte, dass ich zu David ziehen würde. Sie nannte es einen Fehler, obwohl sie ein großer David- Fan war. Ich schluckte schwer. Selbst Carla hatte beinahe einen Herzanfall bekommen, als ich es ihr gesagt hatte. Sie nannte mich verrückt. Hatten sie recht? Waren wir zu voreilig?

„Wie ist dein Bruder so?", fragte ich, um mich von mir und meinen Zweifeln abzulenken.

„Ein typischer Banker."

„Das ist nicht sehr informativ."

„Ach, du wirst ihn heute kennenlernen."

„Warum so geheimnisvoll?"

„Ich bin nicht geheimnisvoll. Es gibt wirklich nicht mehr über ihn zu sagen."

Ich sah ihn erwartungsvoll an. Er seufzte so tief, dass er einen Stein hätte erweichen können. „Ich möchte nicht dramatisch klingen, aber alles, was mit meiner verrückten Familie zu tun hat, meide ich wie die Pest. Es hat sich für mich am besten bewährt."

Ich nickte. Sein Bruder, wurde mir in diesem Moment sympathisch, denn ich konnte mich viel zu gut in ihn hineinversetzen. Früher waren auch alle unangenehmen Familienthemen an mir hängen geblieben, weil Sandra keine Lust darauf hatte. Doch sie war zurückgekommen als ich sie am meisten brauchte und jetzt steckte zur Abwechslung mal ich meinen Kopf in den Sand.

David lehnte sich zu mir. „Mach dir keine Sorgen."

Seine Finger strichen über meine Wange und er machte Grimassen. Ich lächelte. Gerade als ich dachte, er wollte mich küssen, sagte er: „Hier müssen wir raus."

Er bot mir seinen Arm an, den ich dankend annahm. Ich sollte aufhören, hochhackige Schuhe zu tragen, die ich mir dieses Mal allerdings selbst eingebrockt hatte. Aber ohne sie wirkte ich neben David wie ein Winzling.

Ich war so mit dem Gehen auf meinen Stelzen beschäftigt gewesen, dass mir erst jetzt auffiel, dass ich die Gegend kannte. Und tatsächlich steuerte er schnurstracks das hochmoderne Gebäude an. Konnte das sein? Nein. Die Welt war doch nicht so klein. Ich hatte das Gefühl, als erstarrte mein Innerstes zu Eis. Meine Finger krampften sich um Davids Arm.

„Was ist?", fragte er mich.

Ich schüttelte den Kopf und lächelte gequält. Er strich mit dem Daumen sanft über meine Wange.

„Habe ich dir heuteschon gesagt, wie wunderschön du bist?"


Liebe ist blindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt