„Zeig mir was du gelernt hast, Dornröschen." „Fang an und ich zeigs dir!" Provozierte ich ihn und stellte mich vor ihm auf, aber meine Herausforderung konnte er nicht ausschlagen und so probierte er wie die letzten Male auch, mich zu besiegen. Aber ich war stärker geworden, besser, einfallsreicher und flinker! Das hatte Philipp nicht erwartet und ich sah den Funken Überraschung in seinen Augen, bevor ich einen harten Treffer bei ihm landete. „Aua! Du hast mich wirklich getroffen! Ich fasse es nicht!" Staunend hielt er sich die Wange, wo meine Faust ihn getroffen hat und seine Augen sahen mich groß an, doch genau diesen Moment nutzte ich aus, machte einen Low-Kick und beförderte meinen Bruder auf den Boden. Wie um meinen Sieg zu untermalen kniete ich mich auf seinen Brustkorb, legte meinen Unterarm über seine Kehle und erhob die andere als drohende Faust über ihn. Anstatt das er wütend über seine Niederlage war, fing er einfach nur kehlig an zu lachen und ich spürte die Vibrationen an meinem Unterarm. Nun war ich es die überrascht von ihm abließ und mich erhob. „Wahnsinn, Pippa ist zur Kampfmaschine mutiert!" Staunte Alex und auch Dad kam euphorisch auf uns zu. „Das war wirklich gute Arbeit. Deinen alten Herren wirst du noch nicht besiegen können aber allein deswegen hat sich dein Aufenthalt in Lyleija schon rentiert." „Sagt der, der niemals dort war!" Stichelte Alex. „Selbst wenn, meine Ausbildung in Heliopos war genauso herausragend wie eure - wenn nicht sogar noch besser! Schließlich habe ich oft genug eure Mutter in Wettkämpfen schlagen können!" Prahlte Dad und ich kicherte leise mit meinen Brüdern, hinter hervor gehaltener Hand und ließen ihn in seinen Glauben. „Und was hast du sonst noch gelernt, Liebes? Was ist mit dem Feuer. Lust auf ein kleines Duell?" Fragte er mich voller Tatendrang, doch mein lustiges Gemüt verschwand sofort und ich blickte unsicher von links nach rechts. „Ähm,... also... ich glaube ich sollte mal eine kurze Pause machen. Vielleicht kämpft ja Philipp gegen dich. War da nicht noch eine Runde zwischen euch offen?" Schlug ich vor und lenkte die Aufmerksamkeit von mir ab, während ich mich weg stahl. „Pff, von wegen. Ich werde dich besiegen, Dad!" Hörte ich es nur noch zu mir schallen, als ich bei Mom und dem Pavillon ankam. „Das war wunderbar. Deinen Dad hättest du besiegen können, egal was er behauptet. Möchtest du was trinken, Süße?" Sie zwinkerte mir zu und nippte selbst an ihrem Glas als ich nur den Kopf schüttelte. „Dad wollte mit mir trainieren und ich kann nicht, weil er von nichts weiß. Das Gefühl ihm etwas zu verschweigen, fühlt sich nicht gut an. Sollte er es nicht wissen?" Fragte ich sie und auch sie wiegte nachdenklich ihren Kopf. „Es ist deine Entscheidung. Es ist dein Leben, aber ich werde dich unterstützen. Wir können es ihm auch gemeinsam sagen und ihm von deinen Besonderheiten informieren." Schlug sie mir vor und ich nickte, aber dann fiel mir noch etwas ein, was sie nicht weiß. Und vielleicht hat Mom ja eine Erklärung dafür. „Da ist noch etwas..." auffordernd sah sie zu mir und ich fasste mir ein Herz und sagte es einfach geradewegs raus, sobald ich sicher war, dass uns keiner belauschte. „Ich höre ständig und überall diese Stimmen in meinem Kopf. Die Stimmen der anderen! Ich höre ihre Gedanken! Ahne ihre nächsten Schritte voraus und noch schlimmeres! Ich kann sie steuern. Ihren Körper und sie Dinge gegen ihren Willen tun lassen. Es ist... Es ist schrecklich. Und irgendwie wird man davon süchtig. Ich weiß nicht wie ich das erklären soll, aber andere zu steuern, sie kontrollieren zu können, ist ein Gefühl purer Macht und es ist so angsteinflößend! Man kann nicht einfach aufhören und-" Mom unterbrach mich indem sie ihre Hand unter mein Kinn legte und dieses an hob um mir in die Augen zu schauen. Ich musste gar nichts sagen, ich glaube sie hat es mir an meinen Augen ablesen können, aber sie bohrte nicht weiter. „Wir sollten wirklich mit deinem Vater reden. Er kann dir bei diesem Problem mehr helfen als ich. Das hört sich für mich ein wenig wie Gedanken Manipulation an und das ist eine Fähigkeit von ihm." „Du kannst das nicht? Du kannst nicht das Wasser in Lebewesen erspüren?" Mom schüttelte entschuldigend den Kopf und sofort fragte ich mich wieder was mit mir bloß nicht stimmte, aber Mom meinte augenblicklich das das nichts zu bedeuten hatte und Dad mir da sicher weiterhelfen könnte. „Mach dir keine Sorgen." Keine einzige Sekunde ließ sie es zu, dass ich meinen Blick senkte und strich mir sanft die Tränen von der Wange weg. „Warum kann ich das alles, Mom? Warum höre ich die Stimmen?" „Ich weiß es nicht. Ich kann es dir leider wirklich nicht sagen! Aber ich verspreche dir, dass wir es herausfinden." Ich nickte nur traurig und sie strich mir eine Träne von der Wange. „Wir sollten bald mit ihm reden und am besten auch mit deinen Brüder. Gerade wegen deiner Flamme, die wir nicht ewig geheim halten können." „Aber-" Bevor ich noch etwas erwidern konnte hörte ich die Schritte auf dem Rasen hinter mir und drehte mich mit einem aufgesetzten Lächeln mit Mom um. „Lord Derrington. Wie schön sie hier zu sehen." Begrüßte Mom ihn höflich und er verbeugte sich tief vor ihr und drehte sich auch zu mir um sich zu verbeugen. „Meine Königin. Philippa." Es schien ihm schwer zu fallen mich nicht mit dem Titel, der mir zustand anzusprechen, doch es war besser so. „Ich wollte nur nachfragen wie es ihnen geht. Ich habe den Plan ihrer Garde umgestellt. Dadurch, dass wir mehrere Soldaten aus Lyleija noch mitgebracht haben, haben wir genug Personal um sie alle zu beschützen. Ich hoffe das ist für euch in Ordnung." „Natürlich, Jonathan. Es ist schon gut, dass du hier bist und für unsere Sicherheit sorgst." Bedankte sich Mom bei ihm und sie besprachen einige Sicherheitsaspekte. Ich blieb neben ihr stehen, aber ließ meinen Blick einmal über den Sandplatz schweifen, wie all die anderen gegen einander kämpften und auch wie Dads und Phils Kampf langsam sich dem Ende neigte. „Ich hoffe Sie haben ihren Aufenthalt in Lyleija genossen und konnten einiges mitnehmen." wendete sich Lord Derrington wieder an mich und nickte nur, während Mom davon redete wie gut ich jetzt wäre. „Das freut mich. Ich freue mich schon sie in ihren Wettkämpfen zu beobachten. Ich hab nur sehen können wie flink sie mit dem Bogen umgehen und ich darf sagen, dass ich das noch nie so gesehen habe. Es ist verständlich, dass sie als Favoritin gelten." Lobte er mich und ich nickte nur dankbar. „Wo wir gerade vom Wettkampf reden. Wo ist denn ihr Sohn? Will er nicht mit uns ein wenig trainieren? Ich dachte meine Brüder sind seine Trainingspartner." Fragte ich ihn. „Oh, er müsste gleich kommen. Er ist mit seiner Freundin unterwegs und erkundet die Hauptstadt ein wenig. Sie sollten aber eigentlich schon hier sein, aber - Ach, da hinten kommen sie gerade!" Er zeigte hinter mich und ich sah, wie ein verliebtes Pärchen Händchen haltend den abflachenden Hügel nach oben kam. Ich schien das Gelächter selbst bis hier hin zu hören und ich konnte die Gedanken der beiden hören, die sich nur darum drehten, wie schön Robyn war oder welch tolle Läden die beiden betreten haben und ich glaubte Avania denken zu hören, das sie sagt, ihr Leben wäre jetzt perfekt. „Oh, ja. Sie sind kaum zu verkennen." „Ein hübsches Paar." Meinte auch die Königin und musterte wie sie Philipp und Alex begrüßten und der König dann langsam wieder auf uns zu trat. Schweiß stand auf seiner Stirn und er küsste Mom zärtlich auf den Mund als er zu uns stieß. „Ich glaube ich sollte wiedermal mehr trainieren, sonst besiegt mich mein Sohn mit Leichtigkeit!" Hechelte er und stellte sich hinter mich und legte seine Hand auf meine Schulter. „Vielleicht gehen wir mit Pippa und du kannst mit ihr trainieren. Sie ist ja noch nicht so lange dabei." Machte Mom ihn Hoffnungen, aber er lachte nur freudlos auf. „Dafür das sie noch so neu in unserer Welt ist, ist sie schon besser als so manch anderer ausgebildeter  Arcani!" Schnaufte er und Mom schmunzelte. „Ich wollte ihnen nur noch sagen, wie sehr ich mich darüber freue, das die lange verschollen geglaubte Prinzessin nach Hause gekehrt ist und... ich wollte mich nur entschuldigen, dass ich lange Zeit nicht daran geglaubt habe. Nicht an sie, eure Majestät, geglaubt habe." Lord Derrington senkte schuldbewusst den Blick, doch Dad winkte es beiseite. „Machen Sie sich keinen Kopf, Jonathan. Sie haben Pippa damals gerettet und das ist mehr als wir uns jemals erhofft haben. Also danken wir ihnen!" Derrington lächelte leicht und nickte nochmals respektvoll, bevor ich abgelenkt wurde, weil jemand nach mir rief. Verwirrt drehte ich mich um und sah das Alex mich zu ihnen wank und mit einer Entschuldigung auf den Lippen wandte ich mich von meinen Eltern ab und lief auf ihn zu. „Hey Robyn. Avania!" Begrüßte ich die beiden Neuankömmlinge und Avania rümpfte nur ihre Nase und presste sich regelrecht besitzergreifend an Robyns Körper ran. „Hey Pippa. Übst du ein wenig mit uns? Robyn meinte gerade er hätte mal wieder Lust auf einen guten Feuerkampf. Na, Lust ihn mal so richtig auf die Schnauze fliegen zu lassen?" Lachte Philipp und schlang seinen Arm um mich. „'Tschuldigt, aber ich bin schon verplant." „Vielleicht wann anders mal. Die Tage." Schlug Robyn vor und ich war sprachlos. „Ja, vielleicht. Ich weiß aber gar nicht... ich sollte glaub ich...ich hab noch viel zu tun." Ich stammelte nur noch, immer noch blieb mein Blick auf den verschränkten Händen von Robyn und Avania hängen und Philipps Arm um meine Schultern fühlte sich bleiern an. „Philippa, komm!" Rief da Mom und ich nickte ihr schnell zu. „Ich muss dann wohl auch. Wir sehen uns." Verabschiedete ich mich abrupt und hörte nur noch wie Avania giftig Robyn fragte, was ich denn mit ihrer Königin zu tun hatte, doch keiner antwortete ihr. Stattdessen hörte ich nur wie Alex mir hinterher rief, ob wir gemeinsam zu Abend essen würden und ich nickte nur. „Wir sehn uns später!" Schrie er mir dann noch hinterher und ich wank der Kleingruppe zu während ich wieder zu meinen Eltern lief. Ich spürte die irritierten Blicke noch einige Minuten auf meinem Rücken, vor allem dieser eine, der sich auf meine Haut brannte. War ich froh, dass wir schnell wegliefen und auf unserem Weg zurück ins Schloss nur ein paar andere Bewohner begegneten, die uns förmlich grüßten.

Die Chroniken der Arcani - Das ÜberlebenWhere stories live. Discover now