Kapitel 2

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„Du bist wirklich die blindeste Arcani, die mir je über den Weg gelaufen ist. Glaubst du ernsthaft wir verfolgen dich, weil du einen meiner Soldaten erstochen hast? Nein, so viel war er nicht wert. Du aber...   Du bist es. Seit deinem 17. Geburtstag wollten wir immer nur eins: DICH!" „Warum?" „Warum? Warum? Überleg doch mal!" Befahl er mir und drückte mir seine Fingernägel in den Kiefer, als er meinen Kopf anhob, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. „Du bist die verloren geglaubte Prinzessin." Allein dies ausgesprochen zu hören, war ein einziger Witz! Das musste doch selbst dieser schmierige Alte wissen, oder? „Nein. Ich bin Philippa Allington. Meine Familie ist gestorben und ich bin meiner Tante aufgewachsen!" „Nein. Beatrice - oder wie sie wirklich hieß: Trice - hat dich auf den Befehl des Königs aus Luxant weggebracht und dich in dieser Menschenwelt 17 Jahre von unserer Welt versteckt, bis deine Fähigkeiten voll ausgebildet waren und man dich nicht mehr verstecken konnte. Egal ob mit Magie oder nicht. Du bist Prinzessin Delia Felicia Dornewill."

Ich schüttelte einfach nur den Kopf und wiederholte ständig flüsternd „Nein", aber er lachte schon wieder nur. „Ich lüge nicht. Und du weißt es auch, wenn du willst. Aber dieses Tatsache willst du nicht wahrhaben, weil es bedeuten würde, dass deine Eltern dich weggegeben haben." „Nein." Wiederholte ich geschockt. „Du bist die verschollen geglaubte Prinzessin. Das kleine begabte Kind der Königsfamilie. Eine der mächtigsten Familien der Welt, laut alten Schriften und gesegnet von den Göttern. Du weißt das ich recht habe, du weißt das ich die Wahrheit sage! Du hast nur zu viel Angst um es zuzugeben. Aber seien wir ehrlich: Du warst es nicht wert und deswegen wurdest du weggegeben!"

Ich schüttelte nur ungläubig den Kopf. Das konnte einfach nicht stimmen. „Nein. Ich bin eine völlig gewöhnliche Arcani, die in der Menschenwelt aufgewachsen ist bei ihrer Tante, die ihr umgebracht habt. Tante Beatrice war die loyalste Person die ich je kannte, niemals hätte sie mich so belogen. Wir haben uns vertraut!" „Sei nicht so ein naives, kleines Kind! Aus diesem Alter bist du heraus. Deine sogenannte „Tante" war an den Schwur mit dem König gebunden! Sie konnte nicht anders. Sie war schon immer eine Ratte. Wir haben jahrelang gebraucht, bis wir überhaupt wussten wo Trice war und danach fast nochmal solange, bis wir wussten wie sie dich vor uns verstecken konnte. Du weißt es wahrscheinlich, aber Tracker können alles und jeden finden, wenn man eine spezielle Signatur kennt oder einen Gegenstand von diesem jemand hat. Aber egal was wir probierten, dich fanden wir nicht und selbst dann wussten wir nur, dass du irgendwo in der Menschenwelt versauerst. Diese verfluchte Trice hat es geschafft einen Verschleierungszauber über dich zu legen. Ich glaube sie hat mit einem Meister zusammen gearbeitet im Auftrag des toten Königs. Und sie hat es geschafft deine Machtaura zu unterdrücken und so konnten wir dich nie aufspüren. Bis zu deinem 17. Geburtstag. Erst ab diesem Alter-" „Ich weiß. Erst dann sind die Kräfte vollständige ausgeprägt. Ich bin nicht doof!" Spuckte ich ihn entgegen. „Doch, das bist du. Naiv, dumm und blond. Zumindest verhältst du dich so." lachte er und ein kalter Schauer lief über meinen Rücken. Er konnte nicht recht haben, oder? Zumindest bin ich nicht dumm.

„Warum sollte der König so ein Aufheben um dich machen, wenn du nicht mit ihm verwandt bist? Wenn du nicht seine Enkelin bist?"

Das war tatsächlich eine gute Frage, aber es konnte nicht stimmen! Es durfte einfach nicht wahr sein!

„Nein. Unmöglich." „Dann sag mir was die Wahrheit in deinen Augen ist!" Schrie er und ich konnte nicht anders als in Tränen auszubrechen. „Ich weiß es nicht! Ich weiß es wirklich nicht, aber das kann nicht stimmen!" Ich schüttelte ständig den Kopf und wollte mich nur noch zusammen krümmen und für mich alleine weinen, aber es ging nicht. Jede meiner Bewegungen wurde genauestens beobachtet und ich sackte in mich zusammen.

Hatte er vielleicht doch recht? Das kann nicht sein. Ich habe keine Familie mehr. Aber... Edwards Worte... sie lösten ein Gedankenkarusell in mir aus was ich nicht mehr aufhalten konnte. Hypothetische Puzzleteile setzten sich zusammen, absurd Fragen bekamen noch absurdere Antworten, Träume bekamen eine Bedeutung und ich versank in einem immer währenden Sog.

Beatrice, die ich in meinem Traum mit dem König sah, dass ich nirgends ihren Namen finden konnte und das sie wie ein Geist hier in Luxant war. Der liebevolle Umgang des Königs mit mir in meinen Träumen. Der Traum über Trice und den König wie sie diesen Handel schlossen. Das Nat nichts über meine wahre Familie herausfinden konnte. Dass ich alle meine Fähigkeiten auf dem höchsten Level habe... Meister Ramsley hatte recht: Ich war eine Adelige, aber niemals hätte ich gedacht, dass ich die Verschwundene Prinzessin wäre! Dann hieß das ja..., dass Alex und Philipp... meine Brüder waren. Und die Königin und der König...meine Eltern...

Scheiße, es könnte passen. Aber es ist alles nur rein hypothetisch!

„Ah, ich sehe. Du siehst es jetzt auch." Ich wurde von den Lakaien losgelassen und sofort sackte ich in mich zusammen. „Das ist nicht wahr. Mein Name ist Philippa Allington." Betete ich noch wie ein Mantra herunter, aber ein kleiner Funke in mir glaubte ihm doch. Es waren zu viele Parallelen und Zufälle als das ich nicht daran glauben könnte. Und so weinte ich nun nicht mehr wegen dem Schmerz als ich geschlagen wurde, sondern um die Familie, die ich so lange gesucht hatte und nun vielleicht niemals wiedersehen würde. Wenn sie es überhaupt je wissen werden.

„Das reicht. Wir brauchen sie noch und wir sind noch nicht fertig." Gebot er den Lakaien aka Schlägern Einhalt und ich atmete rasselnd. Sicherlich würde ich in wenigen Stunden nur noch von lila und blauen Blutergüssen überzogen sein und ich könnte von Glück reden, wenn keine Rippe gebrochen oder eines meiner Organe beschädigt wäre. „Wollt ihr mich deshalb...töten?" Schnappte ich nach Luft und versuchte nicht ins Delirium abzudriften. „Zu Beginn ja. Aber nachdem unsere Versuche immer scheiterten, sah ich das Positive daran. Du bist der Schlüssel zur Macht, also sollten dich Felian und Flora zu mir bringen. Felian versagte auf ganzer Linie, aber zum Glück nahm sich Flora deiner an und half dir. Weißt du noch die Bücher? Die, die dir danach nicht mehr aus den Kopf gingen?" „Sie meinen die, die sie gestohlen haben aus der königlichen Bibliothek?" „Genau die! Flora ist nicht die talentierteste, doch das macht sie mit Fleiß und Verstand wett. Sie konnte dich durch ihre Schattengänger Fähigkeit perfekt beschatten und wir wussten sofort, als du endlich einen Durchbruch hattest. Mit den Büchern wollten wir dir nur einen Denkanstoß geben. Hat ja auch letztlich geklappt. Es wäre einfacher gewesen, wenn Felian dich sofort mitgenommen hätte, aber der Junge meint, er wäre unbesiegbar und genau das ist sein Fehler. Wie sagen die Menschen so schön? Hochmut kommt vor dem Fall?" Er sprach über die beiden als wären es seine Kinder und dachte sich nichts dabei mir all diese Sachen zu sagen. „Warum erzählst du mir das?" „Warum nicht? Wen solltest du es weiter sagen sollen? Und nachdem du solange darunter gelitten hast, solltest du wenigstens die Wahrheit kennen, oder?" Darauf konnte ich nichts antworten und er redete einfach weiter. „Flora sollte dich wieder auf den richtig Pfad führen, schließlich habe ich dein Leben nicht umsonst verschonen wollen. Ich wollte, dass du das Geheimnis des Königs lüftest." „Welches Geheimnis?" Fragte ich leise und wusste, auf was er hinaus wollte, doch das wollte ich nicht preisgeben. „Die Veränderung und Verbesserung der Fähigkeiten. Ich weiß das du es weißt und hinter das Geheimnis gekommen bist. Deshalb habe ich dich gebraucht. Nur du konntest es herausfinden und nachdem ich dir jetzt geholfen habe, deine wahre Identität zu erkennen, hilfst du mir und sagst mir, was ich wissen will." Verlangte er von mir, aber ich wusste, dass wenn ich dieses Wissen teilte, Menschen sterben würden und ich nutzlos wäre und sie mich umbringen konnten. Ich habe nicht vergessen, dass ich hier bei Excidium saß und welche Geschichten ich über sie gehört habe. „Ich weiß nicht, was sie von mir wollen. Ich weiß gar nichts über irgendwas davon!" Zischte ich ihm entgegen und er seufzte nur frustriert auf. „Ach, Prinzessin. Du wirst deine Meinung schon noch ändern." Er gab nach, lief zur Tür, gefolgt von dem unbeteiligten Mann, der an dem Tisch wartete und nickte den Männern hinter mir zu.

Einer blieb hinter mir, aber der andere kam vor mich und knackte mit seinen Fingergelenken, bereit mir Schmerz zuzufügen. Ab diesem Augenblick nahm ich nicht mehr viel wahr als meine Schreie, den Schmerz und meiner Tränen und ich war froh, dass mich bald darauf die Dunkelheit empfing und ich all dem grausamen Geschehen um mich herum entkommen konnte. „Schlaf schön, Prinzesschen."

Die Chroniken der Arcani - Das ÜberlebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt