Kapitel 27

102 6 1
                                    

„Guten Morgen! Es ist Zeit aufzustehen!" Die Stimme kam näher und kurz nuschelte sie etwas zu sich selbst, bevor sie mir einfach so die Decke wegzog und Liv ein leises Knurren von sich gab. „Ich will schlafen!" Moserte ich, aber die Frau lachte nur. „Es ist schon spät. Das Frühstück endet bald." Vorsichtig öffnete ich ein Auge nach dem anderen und blickte in das lächelnde Gesicht von Anna. Stimmt ja, ich war in Winanda. Für das Certamen Disciplina III. Sie scheuchte mich aus dem Bett und widerwillig folgte ich ihr, während sie meine Koffer auf das Bett hievte und anfing diesen auszuräumen. „Ähm, Anna? Was machst du denn hier?" „Ich bin natürlich mit nach Winanda gereist. Wer denkst du soll dich sonst aufwecken, fertig machen und sich um alles drum herum kümmern?" So verschlafen ich auch war, registrierte ich ihre Worte und nach kurzen Unverständnis wandelte sich dieses Gefühl in Akzeptanz um. Wenigstens eine weitere Person, die mir nichts an tun würde. „Hopp. Raus aus den Federn. Ich hab dich eh schon länger schlafen lassen!" Nach einer kleinen Diskussion gab ich mich geschlagen und folgte ihren Befehlen und machte mich fertig. Nur in ein Handtuch gewickelt trat ich dann aus dem Bad heraus und fing direkt ungeschickt die Kleidung auf, die Anna mir zu warf. „Zieh das hier an." „Trainingskleidung? Warum? Heute ist kein Wettkampf!" „Der König und die Königin wollen heute auf den Trainingsplatz des Schlosses. Sie haben mich beim Frühstück angewiesen, dich mit herzurichten." „Ich will aber auf keinen Übungsplatz. Ich bleib in meinem Bett mit Liv. Und Hunger hab ich auch keinen." „Es ist ein Befehl und seiner Königin verwehrt man keinen Wunsch und schon gar keinen Befehl. Machen dich fertig!"

Es dauerte nicht lange da schleppte mich Anna ins Außengelände auf den Sandplatz, an dem sich schon einige Gruppen unter der heißen Sonne räkelten und schwitzten. Ich erinnerte mich an die Schwärmereien von Ellie und Ari, die meinten, wie viele heiße Jungs ich in Winanda treffen würden und sie hatten ja schon irgendwie recht. Ach, wären die beiden nur hier, dann könnte ich das alles besser ertragen.

Das Gelände war weitläufig und man hatte genug Platz zum Kämpfen und Trainieren und so geleitete mich Anna zu einem der kleinen Pavillons unter dem schon meine Eltern in ihren edlen, aber luftigen Kleidern warteten. „Eure Majestät." Sie verbeugte sich und auch ich knickste. „Danke Anna. Du kannst dir für den Rest des Tages freinehmen." Erklärte Mom lächelnd und nahm mich dann an die Hände. „Oh, Spätzchen. Du warst gestern einfach so verschwunden, dein Vater und ich haben uns Sorgen um dich gemacht." „Ja, hat dich jemand belästigt?" Fragte Dad kämpferisch und suchte mich kritisch nach Verletzungen ab. „Nur, wenn du deine eigenen Söhne als Belästigung siehst." Dad zog erstaunt seine Augen nach oben und schaute über meine Schulter zu den beiden Kämpfenden. „Sie waren nur so aufgedreht dich endlich wiederzusehen." Schön und gut, aber trotzdem beschwerte ich mich weiter über sie. „Ja, ich mich auch. Aber das gibt ihnen nicht das Recht mir zu verbieten mit Prinz Neven zu sprechen. Sie waren total peinlich!" Der besorgte Ausdruck verschwand auf ihrem Gesicht und auch Dad atmete erleichtert auf. „Das ist nicht witzig." Tadelte ich sie und verschränkte empört die Arme, doch Mom versuchte die Situation zu entschärfen. „Ach, Schätzchen. Du weißt doch wie Jungs sind und deine Brüder waren schon immer Beschützer, wie dein Vater. Und die Situation zwischen Phil und Neven ist...angespannt. Verzeih es ihnen. Du wirst dich dran gewöhnen." Versprach sie mir und Dad legte einen Arm um meine Schultern. „Jetzt zeig deinem alten Herren doch was du schönes auf Lyleija gelernt hast!" Damit schupste er mich auf den sandigen Platz zu und erhaschte damit auch die Aufmerksamkeit anderer - unteranderem die von Alex und Phil. Dad zog die Augenbraun hoch, als ich mich unter ihrem Blick wand, aber ich versuchte das Gefühl zu unterdrücken. Ich mochte halt einfach nicht im Mittelpunkt stehen. „Meinst du wirklich, dass du gegen mich ankommst?" Erwiderte ich spöttisch und zauberte mir ein sanftes Lächeln ins Gesicht. „Also bitte. Ich bin zwar ein König, aber ich bin auch ein Krieger. Natürlich werde ich dich im Nahkampf besiegen!" Das großspurige Getöne ließ Phil und Alex näher treten, während es sich Mom im Hintergrund auf einem Stuhl bequem machte und erwartungsvoll und auch ein Spur lachend zu uns sah. „Ich will nicht, dass sie sich blamieren, eure Majestät. Was für eine Schande wäre das, wenn sie vor all den anderen Königshäuser sich so bloßstellen würden?" Ein verschmitzte Grinsen zierte nun auch meine Lippen und Dad hörte auf, sein förmliches Hemd an den Ärmeln hoch zu rollen. „Meinst du du bist so gut? Na dann soll ein anderer gegen dich antreten. Wen wünscht du denn als deinen Gegner?" Fragte er mich und mein Blick blieb an Philipp hängen. Ich nickte ihm zu und zögernd nahm er Dads Platz vor mir an. „Du hast beim Frühstück gefehlt. Und du warst gestern schon so bald weg!" Ich zuckte nur mit den Schultern und meinte: „Ich war müde. Ich wollte früh und lange schlafen." Philipp nickte verhalten und hätte wohl noch mehr gesagt, wenn Dad nicht in die Hände geklatscht hätte und laut über den Platz tönte, ob wir noch anfangen würden, bevor er ein alter Greis wäre.

Die Chroniken der Arcani - Das ÜberlebenWhere stories live. Discover now