Kapitel 6

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Nachdem das ganze Drama im Institut halbwegs geregelt war und genug hochrangige Offiziere die Situation wieder unter Kontrolle hatten, flüchtete Philipp erstmal nach draußen. Es war ihm zu viel.

Pippa, das Mädchen das er anfangs gehasst hat und die es trotzdem geschafft hat sich in sein Herz zu schleichen, das Mädchen das jeden mehr als überraschte - die ihn überraschte. Nicht wegen ihrer unglaublichen Fähigkeiten, sondern weil sie als Mensch eine so tolle Persönlichkeit hatte und sie einen immer lächeln ließ. Sie war wie ein Licht in der Dunkelheit. Gerade konnte sich Philipp nicht mal mehr wirklich daran erinnern, wie es war bevor er mit ihr abhing und jetzt... Jetzt hatte sich alles geändert. Pippa wurde entführt, von einer geschützten Party. Keiner wusste wo sie sein sollte, nur eins war sicher: Excidium steckte dahinter. Und scheinbar war noch etwas nun klar. Philippa sollte seine Schwester sein. Delia Dornewill. Die Prinzessin, die tot sein sollte.

Das war eine Wendung, die er niemals erwartet hatte und trotzdem erwärmte der Gedanke sein Herz ein wenig. Sie war seine Schwester. Vielleicht hatte er das nicht verstanden, aber irgendwie hatte sein Herz es gewusst. Vielleicht hat er sie deshalb so schnell ins Herz geschlossen.

Er wollte mit ihr reden, ihr sagen, dass ihre Familie nicht tot ist und einfach nur einiges an Zeit aufholen die sie die letzten 15 Jahre verpasst haben. Aber... Das war nicht möglich. Schließlich war sie entführt worden! Philipp war verzweifelt und musste kurz einfach alles rausschreien das auf seiner Seele lastete.

Sie mussten Pippa retten, bevor es zu spät war und er niemals wieder seine Schwester im Arm halten konnte.

Das Lager für das Sondereinatzkommando, dass die Suche nach Pippa leitete, wurde nahe des Schlosses in einer weiteren unterirdischen Katakombe aufgeschlagen. Keine zehn Mann wussten darüber bescheid, dass sie ein Mädchen aus den Fängen von Excidium befreien wollten. Und noch weniger wussten darüber bescheid, wer dieses Mädchen war. Lord Derrington leitete die Operation, also wusste er natürlich alles, Chris war die kleine Wunderwaffe und die Hoffnung der Prinzen und ebenso wie Robyn war er bei dem Gespräch mit Theo im Nebenraum und bekam alles mit, also lohnte es sich auch hier nicht irgendeine Geschichte zu erfinden. Dann wurde es aber auch schon rar. Die Königin und der König waren natürlich auch darüber informiert und waren sowohl aufgeregt als auch panisch. Gerade Annabelle war sehr nah am Wasser gebaut und weinte mehrmals bloß bei dem Gedanken daran, was Pippa schlimmes passieren könnte. Deshalb auch das Einsatzkommando. Alle Hebel sollten in Bewegung gesetzt sein um sie wieder nach Hause zu bringen, zu ihrer Familie. Deshalb rief Annabelle auch eine Krisensitzung ein. Nur sie, ihr Mann Dorian, Philipp, Alex und ihr größter Kritiker bei diesem Thema: ihr Bruder Benjamin. Ihre rechte Hand.

Gemeinsam in einem kleinen Salon saßen alle fünf und keiner sagte etwas, Ben beäugte nur missmutig alle Anwesenden und versuchte herauszufinden was hier los war, aber alle waren wie eine Maske.

„Es ist was bedeutendes passiert." Fing Annabelle an, erzählte aber nicht weiter, sondern sah Dorian an, die nächsten Sätze zu formulieren. Sie war immer noch zu nah am Wasser gebaut.

„Wir haben unsere Tochter wieder gefunden." „Ah ja. Das meintet ihr auch schon vor einigen Wochen." „Nein, Ben! Du verstehst nicht! Wir wissen wer sie ist! Wir kennen sie! Es ist Philippa Allington!"

„Niemals. Ich hab dieses Mädchen vorab überprüft. Sie ist niemand besonderes." „Wir wissen beide das das nicht stimmt. Wasser auf Stufe 5, Feuer auf Stufe 5. Und noch die seltene Fähigkeit der Zeit? Wie Vater?" Fragte die Königin rein rhetorisch, denn das wusste jeder. Es war wirklich die Frage, wie sie solange das Offensichtliche übersehen konnten. Ein jeder von ihnen. Nicht nur die Königin. Das Haar, die Augen, sie glichen sich fast bis ins kleinste Detail. Wie konnte sie, aber auch ihre nächsten Verwandten, ihre eigene Tochter nicht erkennen? Sie hatte doch schon so ein Gefühl beim Certamen, warum ist sie dem nicht nachgegangen? Warum hat sie zu Ben nur gesagt er solle sie fragen, ob Pippa Interesse an einem Patronus hätte? „Das ist Schwachsinn! Wer redet euch so eine Scheiße ein?" Fragte Ben ungehalten und sprang auf. „Schwachsinn? Das Mädchen wurde entführt, wir haben von einem Mitglied Excidiums erfahren, dass sie unsere Tochter ist, geschweige denn dass es hundert andere Indizien dafür gibt." Erklärte Annabelle bemüht ruhig, aber in ihr brodelte es, genauso wie in Dorian. So wollte er es nicht erlauben, dass jemand über seine Familie sprach. „Sie kann eine Hochstaplerin sein oder gar selbst ein Mitglied von ihnen sein." „Woher willst du das wissen? Warum sagst du so was?" Fragte Dorian nun wütender und Ben schmiss nur die Arme hoch. „Vater hat es mit gesagt. Kurz vor seinem Tod meinte er, dass niemand jemals wieder Delia zu Gesicht bekommen würde. Dafür hätte er gesorgt." Schrie er und Annabelle starrte ihn entgeistert an. „Was?" „Ja, Vater meinte, das niemand sie in die Hände bekommen sollte. Sie ist tot, Anna. Es tut mir leid, aber sie ist seit 15 Jahren tot. Akzeptier es endlich." „Was auch immer du in Vaters letzte Worte interpretiert hast, es ist falsch. Delia wurde in Sicherheit gebracht. All die Jahre war sie am Leben!" „Annabelle-" wollte ihr Bruder sie unterbrechen, aber sie schnitt ihn ab. „Delia lebt. Und sie ist sicherlich keine Hochstaplerin. Schäme dich, Benjamin. Wirklich. Nach all diesen Jahren..." sie schüttelte nur enttäuscht den Kopf und wies dann nur auf die Tür. Als Ben jedoch keine Anstalten machte zu gehen, packte sie ihre Sachen und floh. Hauptsache sie musste diese absurden Beschuldigungen nicht mehr mit anhören. Ihre Tochter lebte und das war der einzige Glaubenssatz dem sie jetzt noch folgte.

Die Chroniken der Arcani - Das ÜberlebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt