Kapitel dreizehn- Nenn mich noch einmal so und es klatscht

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Stegi konnte sich mit dem Gedanken noch nicht recht anfreunden daheim auszuziehen. Auch wenn es so oder so diese Woche passiert wäre, kam es ihm so unwirklich „ Liegt in deiner Entscheidung. Du kannst morgen schon direkt mitkommen, oder erst in ein paar Tagen. Deine Eltern werden es akzeptieren, ebenso wie meine. Und du bist ja nicht aus der Welt. Du musst dich wohlfühlen kleiner." Stegi grinste über beide Ohren. Tims Antwort erleichterte es ihm ziemlich, direkt morgen mitzugehen. Seine Familie war ja, wie Tim sagte nicht aus der Welt. Und vor Andrea musste er keine Angst haben. Schließlich wusste er, dass Tim hinter ihm stehen würde. „ Wahrscheinlich morgen schon. Ich muss nur noch ein wenig was packen. Der Rucksack, den ich gepackt hab, ist aufs überleben ausgerichtet und nicht auf Umzug und Schule." Dieser Rucksack wäre das erste, was er morgen auspacken würde. Es erinnerte ihn nur daran, wo er jetzt ohne Tim stehen würde. Auf der Straße.
Ganz alleine ohne Haus. Ohne Hilfe in der Kälte umring von Alpha, die sich an ihm vergreifen würden. Er hätte mit Glück einen Monat überlebt. Schmerzen oder Krankheit hätten ihn hingerafft. Kein Arzt hätte ihn mehr behandelt. Hunger und Durst hätte er nicht leiden müssen, selbst ohne Geld. Dafür hätte Tobi schon gesorgt. Verdammt war er froh, dass es nicht so war. Sein Leben verlief endlich in gelenkten Bahnen. „ Denk nicht drüber nach, was gewesen wäre. Du bist bei mir und du bist halbwegs sicher. Und du kannst gerne morgen mitkommen. Ich helf dir auch beim Packen. Umzug dann am Wochenende? Veni hat zumindest nichts vor und ich glaub Tobi cancelt alles, um dir zu helfen." Das war gut. Zur Zeit waren eh mal keine Klausuren. Die kamen im April, Mai. Somit fehlten nur noch die Abi Prüfungen und dann waren sie auch schon durch mit der Schule. Dann konnte er seine Träume wieder verwirklichen. Sein Schnitt hatte in den letzten Monaten ja nicht gelitten. Darauf hatte er besonders geachtet. Sonst wäre er, für den Fall das er doch auf der Straße gelandet wäre ohne guten Abschluss dagestanden und könnte an keinen Job mehr kommen. Klar war er down gewesen, ohne Motivation und Lebenswillen. Hatte sich um das zu ertränken in Arbeit und schlaf gestürzt. Sonderlich viel hatte er nie lernen müssen, um extrem gut zu sein. Der neue Lebensstil hatte seinen Noten also nicht geschadet. Seine Hoffnung war gewesen, sich mit einem guten Schnitt trotz Status einen Job und eine Wohnung zu sichern. Einen Kundennahen Job hätte er nicht bekommen, aber etwas im Büro. Vielleicht hätte er sich durch Veni oder Tobi -wobei ersterer wahrscheinlicher war- einen Job ergattern können. Deswegen hatte er auch unbedingt weiterhin gut sein wollen. Jetzt konnte er ja wieder hundert Prozent gegeben. „ Stegi bist du eingepennt?", riss Veni ihn aus seinen Gedanken. Der blonde gab ein brummen von sich, um zu zeigen, dass er zuhörte. „ Ach kleiner. Du weißt, dass du seit locker zehn Minuten nix mehr gesagt hast. Versuch einfach zu schlafen." Stegi nahm sich das zu herzen, blieb an Tobi gekuschelt und schlief tatsächlich ein. Sein schlaf blieb traumlos und ruhig. Das Veni und Tim sich bis tief in die Nacht noch unterhielten, bekam er so gar nicht mit. Am nächsten Morgen war es Tim, der um kurz nach sieben als erster wach war. Müde setzte er sich auf und sah sich im Raum um. Stegi und Tobi waren ein einziges Knäul auf dem Bett. Tobis Hand hing vom Bett runter und war mit Venis verschränkt. Leise stand er auf und küsste Stegi kurz auf die Stirn. Er meinte, dass Stegi leicht die Lippen zu einem Lächeln verzog. Hatte er damals schon getan, wo sie noch jünger waren und Tim morgens weg musste. So leise es ging schlicht er aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Noch leicht verschlafen tapste er die Treppe runter in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Die Gläser standen noch genau da, wo sie immer gestanden hatten. Tim goss sich am Wasserhahn Leitungswasser ein und trank einen schluck. Als er sich umdrehte, zuckte er tierisch zusammen, weil jemand im Türrahmen lehnte. Es war Stegis Vater Luca, wie er auf den zweiten Blick erkannte. „ Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken Tim. Ich wollte mich noch bei dir bedanken. Wir hatten uns ja gestern nicht mehr gesehen." Man konnte Tim im Gesicht ablesen, dass er keinen Plan hatte, um was es ging. Zwar war er dank seiner Mutter Frühaufsteher, aber ohne Zusammenhang etwas um diese Zeit von ihm zu wollen, war so gut wie unmöglich. „ Äh danke schätze ich?!" Luca begann über Tims Unwissenheit herzlich zu lachen. „ Du hast echt kein Plan, oder? Stegi, Bindung hilft dir das weiter. Ich hätte nicht erwartet, dass du ihn am Ende doch so schnell rum kriegst." Jetzt checkte selbst Tim, was das sollte. Hätte er sich eigentlich denken können. Wegen was sollte er sich sonst bedanken. Das war aber nichts, wofür ihm Dank gebührte. Er hatte nur das Angebot gemacht. Stegi war es gewesen, der sich überwunden hatte und schließlich zugestimmt hatte. „ Nicht deswegen. Stegi hat es von sich aus getan." „ Und du nimmst ihn auf und hast ihm die Chance überhaupt erst ermöglicht. Damit rettest du nicht nur ihn, sondern noch drei Leute." Das Tobi da mit einfloss, stand außer Frage und damit dann wahrscheinlich auch Veni. Sicher auch Faye, auch wenn Stegi sie gerne des öfteren auf den Mond schießen wollte, waren sie sich doch unglaublich nah. „ Ehrlich ich würde alles für mein kleines Stegilein tun." „ Nenn mich noch einmal so und es klatscht.", kam es trocken und zugleich viel zu ernst von einer Stimme hinter ihm. „ Du weißt, dass ich das nicht mag. Lediglich beim kleiner mach ich ne Ausnahme.", ergänzte Stegi schnaubend. Zum wiederholten Male zuckte Tim zusammen. Wo kam Stegi den jetzt her? „ Alter erschreck mich nicht so.", murmelte Tim klagend, gab dem kleineren aber einen kurzen Kuss auf die Wange. „ Hab ich dich geweckt?" „ Ne. Morgen Luca. Tobi hat uns rausgeschmissen. Der Arsch pennt aber munter weiter, seit Veni neben ihm liegt. Also alles gut." Stegi kuschelte sich an Tim ran, schloss noch mal die Augen. „ Müde mein Schatz? Kommt davon, wenn man so lang wach bleibt.", schmunzelte Luca und trank ebenfalls einen Schluck Wasser aus der Flasche. „ Die beiden waren um zwölf weg. Nur Veni und ich waren so lange wach."

Teil 2 Bis zum letzten Atemzug// Aufblühende LiebeWhere stories live. Discover now