Kapitel 6

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MARIUS

Was machte Dad hier? Während ich den kleinen Nervensägen vor mir ihren Kakao machte, beobachtete ich meinen Vater genau, wie er mit Diana redete und sich dann verabschiedete. Kiara ging sofort auf ihre Mutter zu und begann mit ihr zu reden, aber anhand Dianas gezwungenem Lächeln und ihren abwehrenden Gesten konnte ich erkennen, dass sie nicht vorhatte, ihrer Tochter die Wahrheit über dieses Gespräch zu sagen. Na gut, dann würde ich eben Dad fragen. Als Kiara und Diana reinkamen, verschwand Diana in der Küche, während Kiara zu mir kam. Die kleinen Kinder zogen glücklich mit ihrer heißen Schokolade ab, sodass Kiara und ich uns in Ruhe unterhalten konnten.
"Was hat Diana dir gesagt?", fragte ich neugierig nach.
"Nichts, was auch nur ansatzweise wahr ist. Sie meinte, dass dein Dad gekommen ist, weil ihr gestern Abend ihre Brieftasche gestohlen wurde, als ihr weg wart", antwortete sie mir, aber ich schüttelte sofort den Kopf.
"Das ist Quatsch, ihr wurde gestern nichts gestohlen! Im Gegenteil, die letzte Runde hat sie bezahlt!", widersprach ich ihr sofort.
"Das habe ich mir schon gedacht. Und wegen so was würde dein Vater auch nicht herkommen. Also? Was machen wir jetzt?", erwiderte sie.
"Erstmal beenden wir hier unsere Schicht und danach gehen wir mal mit Dad reden. Wegen der Sache im Stall gestern und wegen Diana. Hier stimmt etwas gewaltig nicht", antwortete ich, sie nickte.
"Gute Idee", stimmte sie zu, also wandten wir uns wieder unserer Arbeit zu, um schnellstmöglich verschwinden zu können.

Nach getaner Arbeit machten wir uns auf dem Weg zum Polizeirevier. Als wir reinkamen, sah einer von Dads Kollegen am Empfangaschalter zu uns auf und lächelte mich an. Seinen Namen kannte ich nicht, aber er schien mich zu kennen.
"Hey, Marius! Suchst du deinen Vater?", fragte er und lächelte mich an. Ich nickte und ließ den Polizisten dabei nicht merken, dass ich keine Ahnung hatte, wer er war oder woher er meinen Namen kannte. Viel rumerzählen tat Dad schließlich nicht und er hatte auch keine Bilder von seiner Familie auf seinem Schreibtisch. Na ja, andererseits hatte ich den letzten Jahren oft hier vorbeigeschaut, weil ich mit Kiara wegen irgendwas in Schwierigkeiten geraten war, also lag es wahrscheinlich daran, dass der junge Mann mich kannte.
"Ja, genau. Könnte ich ihn kurz sprechen?", antwortete ich schließlich, er nickte und stand auf.
"Natürlich, komm mit. Ich bringe euch nach hinten", stimmte er zu und führte uns dann auch schon nach hinten zu Dads Büro. Seine Tür stand offen und als er bemerkte, dass Besuch in der Tür stand, sah er auf. Aus Höflichkeit klopfte der junge Mann trotzdem. "Kommissar Breuer, Ihr Sohn ist da und möchte mit Ihnen sprechen." Sofort schlug Dad eine Akte zu und bevor ich den Namen darauf lesen konnte, verschwand sie unter einem Stapel Papiere. Sein Schreibtisch war genauso unordentlich wie seine Wohnung und nur wenige Zentimeter des Holzes blitzten hervor und ließen überhaupt darauf schließen, dass da tatsächlich noch ein Tisch war. Wie Dad so arbeiten konnte, war mir wirklich ein Rätsel! Ein wenig Unordnung war ja in Ordnung, aber dieses Chaos... Ich würde wahrscheinlich verrückt werden und nicht mal für eine Sekunde in Ruhe arbeiten können!
"Klar, kommt rein, ihr zwei. Und macht die Tür hinter euch zu", sagte Dad schließlich, also ließ der andere Polizist uns alleine, Kiara und ich betraten das Büro und schlossen die Tür hinter uns. "Was gibt's denn?"
"Wieso warst du heute Morgen im Hotel? Was ist mit Diana?", fragte ich forsch nach. Mein Vater zog die Augenbrauen hoch, als hätte er keine Ahnung, wovon ich gerade sprach. "Wieso erzählt Diana, dass ihr die Brieftasche gestern Abend geklaut wurde? Das ist nicht wahr, ich war dabei! Was habt ihr wirklich besprochen?"
"Marius, das ist eine private Angelegenheit, das hat euch nichts anzugehen", wehrte Dad sofort entschieden ab. "Wenn Diana nicht ihr Einverständnis gibt, dann kann ich euch auch nichts sagen. So sehr ich auch wollte."
"Lars, komm schon! Wenn irgendwas mit Diana ist, dann muss ich es wissen! Sie ist meine Mutter!", wandte Kiara ernst ein, aber mein Vater schüttelte nur wieder den Kopf.
"So leid es mir tut, aber ich kann und werde euch nichts sagen. Diana hat ihr eigenes Leben und sie hat das Recht darauf, ihre Geheimnisse zu haben! Ihr könnt hier den ganzen Tag Drama machen, wenn ihr wollt, aber ich werde euch nichts sagen", lehnte er wieder stur ab. "Redet mit Diana. Wenn sie es euch erzählt oder mir die Erlaubnis gibt, mit euch darüber zu reden, dann mache ich das, aber vorher nicht." Na toll!
"Aber diese Lüge mit dem Geldbeutel ist einfach nicht wahr! Komm schon, Dad! Wieso versucht Diana uns etwas zu verheimlichen und was ist es?", fragte ich ungeduldig nach, aber er schüttelte den Kopf.
"Marius, ich sage es jetzt zum letzten Mal. Ich werde nicht mit euch darüber reden und basta! Ich habe Wichtigeres zu tun, als mich hier mit euch zu streiten!", fuhr er mich gereizt an. Ich seufzte. Das hatte keinen Sinn, Dad würde uns kein Wort sagen. Dann würde ich ihn eben nach der Sache von gestern Nacht fragen, vielleicht konnte er uns wenigstens dabei helfen.
"Na gut, in Ordnung. Können wir dann wenigstens mit dir über etwas anderes sprechen? Es gab gestern Nacht einen seltsamen Zwischenfall im Stall und ich glaube, dass wir da deine Hilfe gebrauchen könnten", willigte ich ein, worauf Kiara mich ansah.
"Ich dachte, dass wir das allein klären wollen!", wandte sie genervt ein, aber ich schüttelte den Kopf.
"Nein, wir wollten das alleine ANFANGEN. Aber jetzt sind wir ja ohnehin schon da", konterte ich, sie nickte nur stumm und verdrehte die Augen.
"Worum geht es denn? Wurde eines der Pferde gestohlen oder hat sich jemand in den Stall geschlichen?", fragte Dad neugierig nach und nahm sich ein frisches Blatt Papier, um unsere Beschwerde aufschreiben zu können. Kiara und ich setzten uns auf die Stühle vor seinem Schreibtisch.
"So in der Art. Als ich nach Hause kam, habe ich die Stalltür verschlossen, aber nachts wurden wir vom Wiehern der Pferde geweckt", begann ich, Kiara nickte.
"Genau. Irgendjemand muss sich in den Stall geschlichen haben. Unten stand so ein Scheinwerfer, wie es ihn in Diskos gibt und hat ständig grelle Farben an die Decke geworfen. Die Tür stand auch leicht offen und die Pferde waren vollkommen durcheinander. Wir haben die halbe Nacht gebraucht, um sie zu beruhigen", fuhr sie fort, während Dad sich alles notierte.
"Ihr geht also von einem Einbruch aus?", fragte er nach, wir nickten.
"Ja, es wurde allerdings nichts gestohlen", antwortete ich.
"Das ist immer noch Hausfriedensbruch. Ich schicke jemanden hin, ja? Vielleicht sind an der Tür oder dem Scheinwerfer Fingerabdrücke", erwiderte er, wir nickten.
"Danke, Dad. Unsere Fingerabdrücke werdet ihr da wahrscheinlich finden, wir haben den Scheinwerfer ja schließlich ausgemacht und die Tür benutzt", sagte ich, er nickte.
"Klar, das ist mir bewusst. Dann geht ihr mal zurück nach Hause, ich schaue mal, was sich machen lässt." Damit entließ Dad uns, aber zu hundert Prozent zufrieden war ich dennoch nicht. Ich fand es einfach zu seltsam, dass Dad uns nicht sagen wollte, was mit Diana war und dass sie uns Lügen erzählte. Etwas stimmte hier nicht - und zwar gewaltig.

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Wieso verschweigen Lars und Diana eisern den Grund für Lars' Besuch? Habt ihr eine Theorie? Wenn ja, lasst sie gerne in den Kommentaren da und danke an alle, die das hier lesen!🥰

Cassy

Südtiroler Problem 4 - Brennende RacheWhere stories live. Discover now