1 |the smell of coffee| 1

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Wie immer sah ich in den Spiegel und erblickte mein völlig übermüdetes Gesicht, diese tiefen Augenringe und die blasse Haut, meine Haare noch nass von der zu vorigen Dusche. Es fiel mir schon immer schwer, so früh aus dem Bett zu kommen - besonders, wenn ich die Nacht nicht genug Schlaf bekam. Aber ich hatte Nachtschicht, wodurch mir meine wertvollen Stunden Schlaf genommen wurden. Nun durfte ich immer noch müde wieder auf Arbeit fahren. Ich ließ mein Frühstück aus. Zum einen hatte ich keine Zeit mehr, zum anderen war mir der Appetit vergangen, als ich sah, was ich noch an Essen im Kühlschrank hatte; ich wollte nun wirklich nicht Senf mit Lachs essen, damit war wohl klar, was ich nach der Arbeit machen musste: Einkaufen.

Aber ich durfte nicht zu spät kommen, ich musste mich beeilen.

Also schnappte ich, nachdem ich mir meine Tasche gepackt hatte und mich anzog, die Schlüssel zu meiner kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung und tappselte die wenigen Stufen hinab, bis ich an meinem Auto ankam. Schnell setzte ich mich und schaltete meine geliebte Musik an. Und so begann mein Morgen. Und das seit einem Jahr. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie es sich anfühlte, als ich zum ersten Mal hier war. Dieser Ort war zwar nicht viel mehr als ein kleines Städtchen, aber ich mochte es hier sehr. Es war ruhig hier und die Menschen, die hier wohnten, waren immer nett. Ich konnte mich sogar mit den ein oder anderen Nachbarn anfreunden - selbst ihre Kinder konnten mich leiden. Dabei wurde ich nie besonders von Kindern gemocht. Ich wusste auch nicht wieso, aber ich schien irgendetwas an mir zu haben, was wohl die meisten abschreckte. Waren es meine Augen? Mir wurde einmal gesagt, dass ich damit bis zu den Tiefen eines Menschen schauen konnte. Jedoch verstand ich die Bedeutung dahinter nie, konnte diese Person auch nicht mehr fragen, weil wir uns nun schon seit einem Jahr nicht mehr sahen.

... Und ich hatte auch nicht vor, etwas daran zu ändern.

Am Summen tippte ich zum Takt des Liedes auf mein Lenkrad, fuhr auf den kleinen Parkplatz, der vor dem kleinen Café für die Mitarbeiter bereitgestellt war. Als ich ausstieg atmete ich tief durch und konnte bereits den frischen Kaffee riechen. Ich liebte diesen Geruch, ich konnte davon nicht genug bekommen. Er hatte eine gewisse Strenge an sich, eine Bitterkeit. Etwas, was mir Tee nie geben konnte. Kaffee hingegen war eine andere Dimension.
Wie immer erklang das leise Leuten einer Klingel über der Tür, die signalisierte, wenn neue Kundschaft hereinkam. Aber ich gehörte nicht dazu, also beachtete ich das gar nicht und lief Richtung Theke. Ich hörte Schritte, die nur von einem stammen konnten: Armin, mein bester Freund. „Guten Morgen, Eren", lächelte er mir entgegen. Ich zog den Blonden in eine kurze Umarmung und sagte nun ebenfalls: „Guten Morgen." Als nächstes ging ich in die Umkleide, wo ich meine Tasche und Jacke in meinen Spint packte, mir meine Schürze und meinen Gürtel umband.

„Jean und Marco kommen heute nicht, sie sind aufgehalten worden", sprach Armin und begann nebenbei die Kasse für den Tag vorzubereiten. Ich zog eine Augenbraue hoch und konnte mir kein leises Schnauben verkneifen. „Na klar, sie sind aufgehalten worden. Gibt's doch zu, sie haben es wieder einmal übertrieben und sind nun total fertig", kam ich ihm wissend entgegen. Darauf rieb sich der Blonde den Kopf. „Stimmt auch wieder. Ich weiß ja, dass sie sich so sehr lieben. Aber muss man sich direkt dafür krank melden? Wir wissen doch alle, dass da was zwischen den beiden läuft." Ich zuckte mit den Schultern. „Lassen wir sie doch in dem Glauben, dass wir ihre schlechten Ausreden noch nicht durchschaut haben. Schon allein, dass sie sich gleichzeitig krankschreiben, ist doch total auffällig", sagte ich. Ja... die beiden waren schon zwei. Unglaublich, dass sich selbst jemand wie Jean in jemanden verlieben konnte. Ich kannte ihn seit Jahren, aber sowas war nun wirklich nicht absehbar.

„Wie dem auch sei... Du wirst also heute Jeans Bereich mit übernehmen, Ja?", Armin sah in meine Richtung. Ich klemmte mir das Tablett unter den Arm und hob einen Mundwinkel siegessicher. Jackpot, zu Jeans Bereich kamen immer die meisten Kunden. Das gab ordentlich Trinkgeld. „Alles klar, Boss." Ach ja, hatte ich fast vergessen zu erwähnen. Armin gehörte dieses kleine Café schon seit ein paar Jahren. Es war sein Traum gewesen, also kaufte er nach dem Abschluss sich ein kleines Gebäude und machte es seetüchtig. Und nachdem ich hier her gezogen war, brauchte ich eh einen Job, da kam es mir nur gelegen, dass mein bester Freund einen weiteren Mitarbeiter suchte. Außerdem gefiel mir, wie gesagt, die Atmosphäre hier sehr. Es war genau das Gegenteil zu dem, was ich einmal kannte. Ich brauchte ihn einfach, diesen Tapetenwechsel.

...

Es war nun so um Mittag, als die letzten Kunden für das Frühstücksbuffet das Café verließen. Durch Jeans Fehlen konnte ich mehr Trinkgeld einsacken als ich dachte, doch das war mir nur recht. Wenn ich fleißig am arbeiten war, um meine Miete irgendwie zu bezahlen, verbrachte er stattdessen seine Zeit damit, dumm durch die Luft zu gucken und ab und an mal jemanden etwas zu bringen. Ich wusste immer noch nicht, warum Armin bisher dazu nie etwas sagte. Aber wahrscheinlich lag es daran, dass er ein sehr guter Freund war. Und um ehrlich zu sein... wäre es in diesen vier Wänden sehr ruhig, wenn Jean nicht mehr hier wäre. Auch wenn wir uns manchmal nicht gut verstanden, war er mir wichtig. Außerdem konnten wir ihn ja schlecht von Marco trennen!

„Guten Tag, was kann ich Ihnen bringen?", fragte ich das ältere Pärchen an Tisch vier. Die Dame trug ein nettes Lächeln auf ihren dünnen Lippen und sah zu ihrem Mann, dessen Blick überlegend auf die Karte gerichtet war. Er fasste sich ans Kinn und sah dann nach einem kurzen Augenblick zu mir. „Ich nehme einen Kaffee, schwarz, und ein Stück eures Honigkuchens. Und du, meine Liebe?", sagte der Mann, schaute zu seiner Frau. „Ach, ich nehme dasselbe. Dann muss sich der junge Mann nicht so viel aufschreiben." Ich zog einen Mundwinkel auf ihre lieben Worte hoch. Alte Leute konnten echt herzallerliebst sein, manche aber auch Teufel. „Das ist eine gute Wahl! Der Kuchen ist gerade fertig geworden und schmeckt daher jetzt am besten. Sie sind die ersten, die ein Stück davon kosten dürfen." Das Paar nickte lächelnd. „Das ist sehr schön, dann freue ich mich darauf!", kam es von der Dame.

Nachdem ich mir alles aufschrieb lief ich nach hinten zur Küche. Ich musste den Kuchen noch hinter die Theke stellen, dann konnte ich dort direkt die zwei Stücke für die Kunden schneiden. Inzwischen war ich darin so geübt, ich könnte es mit geschlossenen Augen tun. Aber da ich davon nicht besonders gute Erinnerungen hatte, unterließ ich das lieber. Wenn man darüber nachdachte, war ich immer noch ein kleiner Tollpatsch.
„Hey, Eren. Wie läufts?", hörte ich es auf einmal von vorne. Ich lehnte mich nach hinten, um besser in den Eingangsbereich zu schauen. Als ich die Person erkannte, grüßte ich mit einem Lächeln zurück. „Hey, Leute!" Mit den Tellern, auf denen der Kuchen für das Pärchen war, lief ich nach vorne und erblickte Ymir und ihre Freundin Historia. Wir kannten uns von der Highschool und waren ebenfalls gute Freunde. Die beiden waren Stammkunden und kamen öfters zur Mittagszeit. „Lange nicht gesehen." - „Ja, eigentlich schade. Aber wir waren im Urlaub und konnten daher nicht vorbeikommen." Historia schaute etwas entschuldigend, doch ich winkte ab. Darüber brauchte sie sich gar keine Sorgen machen. Aber so war sie nun mal, dachte immer zu viel nach. Beinahe so wie ich. „Macht euch nix draus. Es war zwar etwas leer ohne euch hier, aber solange es euch gut geht - alles super!" Ymir zog misstrauisch die Augenbrauen hoch. Was war denn?

„Du scheinst sehr gute Laune zu haben? Muss ich mir Sorgen machen?" Ich lachte kurz auf und rieb mir den Hinterkopf. „Warum solltest du? Ich habe doch immer so gute Laune." - „Das meine ich nicht. Lass mich raten... Jean ist nicht da?" Natürlich, sie fand sowas immer schnell heraus. „Ja, er hat sich mit Marco krank gemeldet." Historia entfloh ein wissendes Kichern, Ymir seufzte und hielt sich eine Hand gegen die Stirn. „Oh Mann, die beiden checken es echt nicht. Wenn man doch schon die Nacht zusammen verbringt, und sich dann krankschreibt, weiß doch jeder, was los ist." - „Das haben Armin und ich auch gesagt", amüsiert grinste ich.

Ja... Alles war so wie immer.

Mister Ace of Spades [Ereri Shortstory]Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum