There's Only One Answer

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Grüne Wiesen, rote Ahornblätter, glasklare Teiche. Vor mir erstreckten sich ewig lange Wege des Shinjuku Parks. Das Gelächter der tobenden Kinder, Mütter, die sich unterhielten, Männer, die laut diskutierten. Dieser Ort ist vermutlich die schönste Gegend, um sich nach einem langen Schultag zurückzuziehen, auf den Feldern zu liegen und ein warmes Getränk zu schlürfen. Wie ein Einblick in Fukuoka's prächtige Wälder und Landschaften. Dieser Park gab mir ein Gefühl von Heimat.

Ohne Akio zu sein, war ungewohnt und fremd. Keine Hände an den Griffen meines Rollstuhls. Es war nicht schlecht, nur aufregend und spannend. Mich alleine fort zu bewegen ist eine Aktion, die ich mochte. Das Gefühl von Selbstständigkeit, ganz alleine und mit eigener Kraft. Sowie die winzigen Dinge, wie das Aufheben oder Rausholen von Gegenständen oder das umständliche Anziehen. Kleine Einzelheiten aber große Erfolge, die mich auf einer gewissen Art und Weise stolz machten, wenn ich sie überwältigte. Mich nicht wie eine Last fühlen, ist schwer abzuschütteln und umso intensiver wird der Drang in mir, es ungehindert zu versuchen.

Ich seufzte laut auf, als ich die ersten Umrisse des Basketballfelds in der Ferne erkannte. Laut quietschende Sohlen, ein aufprallender Ball und laute Anweisungen. Abgesehen von den Basketball Matches im Fernsehen, die Akio öfters schaute, ein nostalgisches Erleben. Auch, wenn mein freier Tag nicht allzu lange entfernt liegt, schien es wie eine Ewigkeit. Wie angewurzelt, observierte ich das Bild vor mir. Ah, wie ich es vermisse. Jedes Mal aufs Neue.

„Oh, Nana-cchi!" Die grelle Stimme von Ryouta schlug mir entgegen, als meine Hände erstarrten. Ich schüttelte den Kopf und ließ die sentimentalen Gedanken auswerfen.

Mein Kumpel Ryo lief prompt mit offenen Armen auf mich zu, als er mich erblickte. Mit einem freudigen Grinsen ging er auf die Knie und zog mich in eine feste Umarmung. Die Jungs müssen schon länger trainieren, so warm wie Ryouta's Körper war. Das Blond in seinen Haaren schimmerte unter der fahlen Sonne und sonst sonderte er die Selbe anziehende Energie wie gewohnt ab. Ryo zu sehen, gab mir jedes Mal ein Gefühl von Sicherheit. Zu meiner Überraschung trug er sein dunkelblaues Kaijou Trikot. Er muss wohl nach seinem Training direkt nach Shinjuku gedüst sein.

„Es freut mich so sehr, dich wieder zu sehen!", löste er sich von mir und tätschelte meinen Kopf.
„Mich auch, Ryo." Ihn nicht ständig mit Kasamatsu zu sehen, war stets ungewohnt.

„Komm, die Jungs erwarten dich!", meinte er, sprang fröhlich auf die Füße und rannte ohne Weiteres vor. Ich lächelte innerlich und war froh, einen Menschen wie Ryouta als meinen Freund zu zählen. Es sind die unscheinbaren Taten. Er schiebt mich nicht oder tut so, als wäre ich ein verletztes Kaninchen. Mit mitleidvollen Augen angestarrt zu werden ist unschön aber viel schlimmer ist es, wie ein Neugeborenes in Watte gepackt zu werden.

Am dunkelgrünen Gitter angekommen, musste mein Gehirn zunächst das merkwürdige Bild verarbeiten, welches sich schleppend vor mir abzeichnete. Moment. Warte. Das ist absurd. Nein, es nicht ganz absurd, dass auch Akashi Seijuurou an diesem Tag anwesend sein würde. Schließlich trat er gegen Seirin und Shutoku an. Ich schluckte nervös, als mir der traute Rotschopf ins Blickfeld geriet. Das ist in der Tat Akashi Seijuurou, der auf dem Feld steht und seelenruhig mit Kuroko eine Konversation führte. Ein skurriler Anblick. Ich merkte, dass mir unter dem Strickpullover ungewohnt warm wurde, umso länger meine grünen Augen auf ihn gerichtet waren. Komisch. Ihn in lässige Sportklamotten zu sehen, war sonderbar. Dabei strahlte er eine unbefangene und fast schwebende Aura aus, die einem Akashi nicht ähnelte. Nicht der Akashi, der mir traut war.

„Wenn das nicht Sakuragi ist." Die große Hand, die sich plump auf meinen Kopf legte, ließ mich auffahren vor Schreck. Innerhalb drei Sekunden zerstörte mir Aomine die Frisur, die Akio mir diesen Morgen mit Krampf richtete. Denn eine ruhige Minute, um mir meine langen, glatten Haare zu schneiden, ergab sich noch nicht. Nun ja, schon. Nur sie von Akio schneiden zu lassen, war mir nicht geheuer, also suchte ich mir jedes Mal eine Ausrede aus, wenn er mich fragte.

Ich sah schmollend in Aomine's schadenfrohe Gesicht aber dem Blauhaarigen schien es zu gefallen, mich zu necken, wie sein gemeines Grinsen verriet. Beim ersten Treffen wirkte Aomine gruselig und einschüchternd. Seine Ausstrahlung ist massiv und erdrückend und vermutlich würde es unangenehm enden, wenn man ihn auf den Schlips treten würde. Doch wie Midorima, wies er eine nahezu versteckte, liebevolle Persönlichkeit auf. Ich weiß, dass er nicht gefühlskalt ist. Ganz im Gegenteil sogar. Das flüchtige Auswechseln von Worten war genug, um mir dies vor Augen zu führen. Noch.

Von Aomine's dunkelblauen Augen, richtete sich meine Sicht zu Taiga, der den Power Forward fast schon erbarmungslos zur Seite schob. Ich strich mir meine Haare zurecht und erhoffte mir, dass ich nicht wie eine Vogelscheuche aussah nach Aomine's Attacke. Taiga war gekleidet in ein schwarzes T-Shirt und einer grauen Jogginghose. Die Kette um sein Hals strahlte und meine Augen schweiften auf das alte Schmuckstück. Unwillkürlich fiel mir unsere Unterhaltung ein und was er damals zu mir meinte. Dass die Jungs mein Match im Summer Cup verfolgten. Dass Aomine, Shin-chan, Kuroko und vielleicht sogar Akashi eine Nana vor dem Unfall kennen, ist beschämend. Ich weiß nicht, wie ich das ordentlich oder sinnvoll erklären kann aber der Fakt, dass die jetzige Nana einmal auf den Beinen stand und Körbe warf, ist surreal. Sie sehen mit eigenen Augen, wie tief dieser Körper gesunken ist.

„Danke für dein Kommen, Nana-san." Die warme Stimme von Taiga schubste all meine negativen Emotionen zur Seite. Und sein liebliches Lächeln ebenfalls. Nana, sagt er. Ja, Akio, es ist tatsächlich verrückt. Dass ein vermeintlich Fremder mich mit Vornamen anspricht, ganz ungehemmt und locker, als wäre es das Normalste auf Erden. Wie lange mich wohl Ryouta nervte, damit ich ihn nicht ständig Kise nannte?

„Danke für die Einladung." Nach meinen Satz nickte Taiga tonlos und verblieb stumm. Ich guckte in seine tiefroten Augen und er sah mir blinzelnd in die grünen Augen. Moment, muss ich etwas sagen? Reden? Irgendwas? Denn die Ruhe wirkte immer unbeholfener, umso mehr Sekunden vergingen. Auch jetzt waren seine roten Haare unter der matten Sonne atemberaubend. Tatsächlich wie das lodernde Feuer.

„Okay, das ist genug!", warf Ryouta sich nörglerisch zwischen mir und Taiga und fuchtelte stinksauer mit den Armen. Was ist los? Ist er genervt? Irritiert starrte ich in sein sonst sorgenfreie Gesicht und erkannte grimmige Züge. Ich lachte auf, als er wie ein Kind die Backen aufpustete und Taiga zur Seite schob. Wenn Ryouta sauer war, ähnelte er einer wütenden Katze. „...ich muss dir nämlich einen Freund vorstellen, den du sicher mögen wirst!", fügte er freudig hinzu, winkte Richtung Kuroko und Akashi und forderte den Rothaarigen auf, nach vorne zu treten.

Akashi.

„Ich und Nana sind schon sehr gut miteinander vertraut, nicht wahr?" Nicht von meinen Augen abgewandt, lächelte Akashi, als er sich neben Ryo stellte. Nicht das furchtlose Lächeln, welches er Akio oder Kato Sports zeigte, sondern ein sanftes Lächeln. Akashi wirkte anders. Anders, als im Krankenhaus. Nicht im negativen Sinne oder abfällig gemeint. Nein, er strahlte. Nicht, wie die glanzlose Sonne an diesem frischen Freitag. Mehr wie die Sonne eines schwülen Sommertages, voller Intensität. Seine roten Augen leuchteten auf, als er mich erblickte. Nein. Niemals. Das ist keine Freude, die er gerade vermittelte. Wieso sollte so jemand wie Akashi sich freuen, mich zu sehen? Wir kennen uns kaum, wir sind uns nahezu fremd, wir sind nicht mal miteinander befreundet. Oder? Ist er nett zu mir, weil er sich selber in mir sieht? Weil wir uns ähnlich sind?

„Warte, Nana-cchi, seit wann sind du und Akashi-cchi...?", fragte Ryouta verwirrt und strich sich die verschwitzten Haare zurück.

„Das ist eine relativ lange Geschichte, Ryouta, ich erzähle sie dir ein anderes Mal", rettet mich Akashi wieder, in dem Ryouta zur Seite zerrte. Möchte Akashi es geheim halten, dass er oft im Krankenhaus ist? Es ist vermutlich von Vorteil, wenn ich es nicht erwähne. Es gab auch keinen Grund, es zu tun. Außerdem ist es nicht meine Position, über Akashi's vertraulichen Angelegenheiten zu reden.

Doch die letzte Person, die ich auf dem Platz vermisste und mittlerweile in mein Blickfeld geriet, war ein allzu trauter Oha Asa Fanatiker, der zahm die Bandagen um seine Finger erneuerte.

„Shin-chan!" Ich winkte dem Grünhaarigen freudig zu, als er durch den Lärm, den Ryouta verursachte, seine Aufmerksamkeit zu uns lenkte. Ryo verstummte, Taiga rutschte fast auf die Knie und auch Aomine und Akashi schienen verwirrt. Doch meine Augen waren auf Shin-chan gerichtet, der starr stehen blieb und seinen Weg zu mir unterbrach. Ich ließ meine Hand unsicher sinken und merkte, dass er einen Schritt zurück machte, als wolle er an Ort und Stelle vor mir fliehen. Sogar der Basketball unter seinem Arm wäre fast auf den Boden gefallen.
Shin-chan?", rief Ryouta laut und ein unschönes Piepen erreichte mein Ohr, als er mir damit nahezu mein Trommelfell zerplatzen ließ. Voller Panik drehte er sich zu Shin-chan, stampfte wütend auf ihn zu und legte gefährlich die Finger um seinen Hals. Doch Taiga war schon lange dabei, ihn diesen umzudrehen.
„Nana-cchi, was in aller Welt läuft zwischen dir und Midorima-cchi?", fragte Ryo fast schon angeekelt und löcherte mit seinen goldenen Augen Shin-chan, der sich nicht mehr traute, einen Muskel zu regen. Was ist in ihn gefahren? Oh. Erst nach Sekunden Stille merkte mein abgestorbenes Gehirn, was mein Mund da gerade faselte. Wo ist dein Schamgefühl, Nana? Du kannst nicht Shin-chan vor seinen Jungs so nennen. Ich legte die Hände vor mein verbrennendes Gesicht und schrie innerlich nach Akio. Ich will nach Hause.


*


Die Stimmung war nach dieser Aktion mehr als gelockert. Ich seufzte auf und strich mir durch die langen Haare. Das ist ärgerlich. Zwar war Kuroko eine erhebliche Hilfe, um die Atmosphäre wieder zu retten aber dennoch warf mich Ryouta mit endlosen Fragen ab, als Aomine vorschlug, die Teams einzuteilen und die Jungs auf dem Feld Schere, Stein, Papier veranstalteten. Ryo schlang seinen Arm fest um meinen und saß wie Brei neben mir fest, als er den Aufbau der Trios gekonnt ignorierte und neben mir auf der Bank saß.

„Jetzt sag mir, seit wann du und Midorima-cchi so eng miteinander seid." Eng ist das falsche Wort.
„Es ist nichts Großes...", versuchte ich die richtigen Worte zu finden „...ich traf Shin-chan gestern zufällig in Shinagawa und ein paar Dinge sind geschehen." Du tust es schon wieder, Nana. Jedoch meinte der Grünhaarige, dass es in Ordnung ist. Schließlich war er einverstanden damit. Wie Akio bereits erwähnte: Es ist nicht normal! ...oder? Wir sind Freunde, oder? Moment, sind wir tatsächlich Freunde? Wie macht man das fest? Gibt es dafür einen Standard? Irgendwas, was man erfüllen musste? Wer gibt die Regel dafür, ab wann man miteinander befreundet ist? Mein Kopf rauchte. Das ist unsinnig und makaber. Die Nana auf dem Basketball Feld war ständig überzeugt von ihren Stärken aber die Nana im Rollstuhl ist ein elendiges Haufen Selbstzweifel. Was ist nur aus mir geworden, dass ich mir über solche lächerlichen Kleinigkeiten Sorgen machte?

„Bitte nenn Midorima-cchi vor mir nicht noch einmal Shin-chan", flehte Ryo und schüttelte in Entsetzen den Kopf. Wieso machte es ihn wütend? ...und wieso zeigte Taiga die gleiche schockierende Reaktion? Sind die Zwei nicht gut mit Shin-chan? Ist es wegen dem Match gegen Seirin und Shutoku? Böses Blut? So viele Erlebnisse der Vergangenheit, die die Jungs miteinander durchliefen, die mein jetziges Ich nicht verstand. Hätten sich meine Ansichten über eine nicht funktionierende Freundschaft mit meinen Gegnern geändert, wenn ich Taiga früher getroffen hätte? Oder lag es allein an Samezu? Dass wir nicht das gewisse Fünkchen Zusammenhalt aufwiesen, wie andere Teams? Es war reine Oberflächlichkeit. Wir verstanden uns gut, gingen manchmal Essen und griffen uns gegenseitig unter die Arme, wenn es sein musste. Doch es fehlte die Verbundenheit. Im Endeffekt war es auch untereinander ein erbarmungsloser Konkurrenzkampf, was nicht verkehrt ist. Das ist die Realität. Man würde ein ersehntes Stipendium annehmen, egal, wie eng man mit seiner Mannschaft steht. Keiner würde ein Angebot an seinen Nächsten abgeben. Keiner. Doch wären meine Überzeugungen damals anders gewesen?

„Wieder in deiner eigenen Welt", schmunzelte Ryouta, als er seine Hand auf meine Schulter legte.
„Tut mir leid", gab ich geschlagen zu und lächelte entschuldigend. Dass der Highschool Basketball sich von der höheren Liga unterscheidet, ist verständlich. Das sah ich an Nao allzu gut. Es ist so viel unbarmherziger, als man sich vorstellen kann. ...so viel egoistischer und rücksichtsloser.

Das Vibrieren von Ryouta's Handy auf der Parkbank neben uns, bekam meine geballte Aufmerksamkeit. Der Blonde griff sich sein Smartphone, sah fünf Sekunden auf den Bildschirm und hüpfte anschließend aufgeregt auf die Füße, als wäre es eine finstere Hiobsbotschaft gewesen, die er so eben erhielt.

„Nein, nicht schon wieder!", nörgelte Ryo leise und rief die Gruppe mit einem Winken zu sich.

„Leute", fing er stockend an und stellte Aomine ruhig, der ihn jammernd fragte, was schon wieder los sei „Murasakibara-cchi und Himuro werden es nicht schaffen." Murasakibara. Himuro. Fremde Namen. Auch Taiga suchte in seiner Seirin Tasche nach seinem Handy.
„Tatsuya sagt, sie sind mit Yosen's Meeting verhindert", stellte er fest, nachdem er auf das Display guckte. Yosen. Ich verstand nur Bahnhof und Kuroko merkte meine Verwirrung, daher erklärte er, dass die Zwei auch Freunde von ihnen sind und Seirin ebenfalls gegen Yosen antrat. Wenn Yosen im Summer Cup anwesend war, müsste mir eigentlich ein Mitglied über den Weg gelaufen sein. Moment, sagte Taiga Tatsuya? Er nannte den Jungen namens Himuro mit Vornamen, also müssen sie wohl eng miteinander stehen. Ist es vielleicht der Kindheitsfreund aus Amerika, von dem er erzählte? Höchstwahrscheinlich. Ich würde gerne wissen, was für eine Persönlichkeit Himuro vorweist. Ist er energiegeladen wie Taiga oder eher still wie Kuroko? Ich muss mir die Zeitschriften, die sich in meinem Zimmer anhäufen, unbedingt näher analysieren und ausgiebig lesen.

„Ich fürchte, Nana verliert gleich das Interesse, wenn wir nicht anfangen." Akashi nahm den Basketball, der zwischen seinen Füßen ruhte, in die Hände. Warte, Nana. Die rostigen Räder in meinem Gehirn setzten an. Schleichend. Ich realisierte erst in diesem Moment, dass Akashi dabei war, mir seine Stärken in einem Match zu zeigen. Heute. Jetzt. Sofort. Er wird mir all die versteckten Fähigkeiten vorwerfen, die ich die letzten Monate im Krankenhaus fieberhaft sehen wollte. Nicht, auf irgendwelchen veralteten DVD's, sondern live und in Farbe. So wie Kuroko und Taiga mir ihr Zusammenspiel vorlegten und mein Inneres sich mit Faszination und Begeisterung füllte.

Aomine vergeudete nicht mal eine Sekunde und zog Kuroko wie ein Kitten an der Kapuze seiner weißen Strickjacke, um die Vorgehensweise auszumachen. Auch Shin-chan zerrte er mit dem anderen Arm in die Ecke, der schon lange dabei war, die Bandagen um seine schmalen Finger fest zu ziehen.

„Ryouta." Die strenge Stimme von Akashi ließ meinen Kumpel ängstlich aufschrecken.
„Verdammt!", fluchte Ryo und stand seufzend auf, als würde es ihn stören, in einem Team mit Akashi und Taiga zu sein.
„Du wolltest dich vor einem fairen Kampf drücken, also aufstehen." Taiga griff den Blonden am Handgelenk, der quengelnd sein Smartphone in meine Hand fallen ließ.
„Viel Spaß, Nana-cchi, schau nur mir gut zu, okay?", winkte er freudig, worauf jeweils Akashi und Taiga ihm einen schmerzvollen Schlag auf den Hinterkopf verpassten. Ich unterdrückte ein Lachen und war beeindruckt von Akashi's Macht, Ryouta wie einen scheuen Welpen aussehen zu lassen.


*


Akashi ist ein Meister darin, das Potenzial seiner Kameraden aufs Äußerste aus ihren Körpern zu ziehen. Sein Verständnis für das gesamte Spielfeld, sowie seine präzisen Pässe und das Talent den Ball auf einem unglaublichen Niveau zu dribbeln, sind nahezu illusorisch. Zu meiner Überraschung, wies der Rothaarige etliche Streetball-Griffe auf. So wie Taiga und Aomine, fing er durchaus ziemlich früh damit an, Basketball zu spielen. Mir war von Anfang an ersichtlich, dass der Point Guard auf dem Feld eher mit logischen Herangehensweisen an die Sache ging. Seine gefasste und überlegte Persönlichkeit färbte sich auf sein Kampfstil ab, was nicht abwegig ist. Wie Kuroko und Midorima eher bedacht agierten, war Akashi nichtsdestotrotz relativ offensiv, was mich ebenfalls aus der Bahn warf. Er war nicht auf einer Seite der Medaille versehen. Nein, seine Fähigkeiten erstreckten sich über die ganze Fläche. Ich teilte die gleiche Position wie Akashi und realisierte, wie perfekt sein Können als Point Guard ist.

Es tut mir leid, Ryo aber meine Augen waren die Hälfte der Runden völlig wie in Trance auf Akashi gelegt. Akashi und Shin-chan. Denn es ist auch das erste Mal, dass Shin-chan vor mir seine Fähigkeiten unter Beweis stellte. Über den Grünhaarigen las ich unzählige Berichte und jede einzelne Zeile war wahr. Er ist ein ausgezeichneter Verteidiger, er ist schnell und stark und auch überaus geschickt. Jeder Wurf war tadellos und voller Elan und Vorsicht.

Nach einer langen Partie, gönnten die Jungs sich eine Verschnaufpause. Dass Kuroko's Stamina gering war, ist mir früh aufgefallen aber mein Überblick nahm wahr, dass sogar Shin-chan nicht sonderlich standhaft in seiner Ausdauer war. Taiga ist die einzige Person, die mehrere Minuten am Stück Körbe warf und auch jetzt auf dem Rasen nicht mal die geringsten Anzeichen von Erschöpfung zeigte. Der Tiger ist erstaunlich.

„Hast du meinen Dunk gegen Aomine gesehen, Nana-cchi?", lachte Ryouta schadenfroh und erntete nach nicht mal zwei Sekunden einen erneuten Schlag auf seinen Kopf, worauf er Aomine wütend auf die Sneaker trat. Diesmal war es der Blauhaarige, der Ryouta gefährlich den Hals umdrehte vor Zorn. Die Zwei ähnelten nicht nur Katz und Maus, sondern einem alten Ehepaar. ...und diesmal war es Akashi, der wie eine schimpfende Oma, die Streithälse auseinander zog. Ein lustiges Bild.

„Ich hole uns etwas zu Trinken", sagte Kuroko zu mir und stand mit einem Seufzer von der Bank auf.
„Ich würde gerne mitkommen, ist das okay?", bat ich zögernd und legte die weiße Wolldecke über meine Beine. Kuroko winkte sofort ab und meinte, dass es nicht notwendig ist.
„Ich muss meine Arme ein wenig in Gang setzen." Bewegung würde mir gut tun. Akio zwang mich, einen roten Handtrainingsball mitzunehmen, um die Verkrampfung in meinen Fingern zu lösen, wenn ich unterwegs war. Es ist für die Stärkung der Muskular gedacht und es war auch notwendig, mich nicht allein auf meine Beine zu fokussieren. Ein Abstecher zu den Automaten würde nicht schaden.


*


Mit Kuroko die sandigen Wege zu den Automaten im Zentrum des Parks zu schlendern, stellte ich mir ein wenig unbequem vor aber im Nachhinein war sein wortkarges Selbst entspannend.
„Ah. Danke noch mal für die Einladung, Kuroko", fiel mir zufällig ein. Ryouta erzählte, dass es Kuroko's Idee war, mich für die Freitage einzuladen. Der Blauhaarige winkte lächelnd ab und meinte, dass es selbstverständlich ist, mich zu fragen. Selbstverständlich? Nicht für eine Fremde, wie mir. Es ist zwar der Basketball, der uns fesselte aber dennoch keine Selbstverständlichkeit, mich mit einzubeziehen. Ich war froh darüber. Natürlich. Ich fühlte mich wichtig. Ich fühlte mich in der Gruppe, als wäre ich tatsächlich Nana Sakuragi. Es ist nicht der Mitleid, noch wegen Nao oder Akio oder weil meine Beine tot sind. Es ist der Basketball, nichts weiter., nicht mehr und nicht weniger. Kein anderer Grund, der im Vordergrund stand. Keine Hintergedanken. Das ist zumindest meine Auffassung.

„Ich weiß nicht, ob die Frage unangebracht ist aber ist es für dich angenehmer, nicht geschoben zu werden?", fragte Kuroko urplötzlich. Er sah mich mit seinen leuchtenden Knopfaugen von der Seite an und wartete gespannt auf meine Antwort.
„Es ist mir lieber, es alleine zu tun." In Shinagawa griff Takao nach meinen Schiebegriffen und navigierte mich in das Restaurant. Eine nett gemeinte Geste mit keinerlei schlimmen Hintergedanken aber für Rollstuhlfahrer überwältigend und verbunden mit dem Überschreiten der Grenze von der persönlichen Privatsphäre. Ich rede allein über mein eigenes Empfinden und in dem Moment, als es geschah, war es mir nicht bewusst. Erst jetzt, wo Kuroko es erwähnte. Takao ist ein lieber Mensch und wenn mein stures und verlegenes Ich nicht Sachen deutlich formulierte, ist es allein meine Schuld. Takao überrumpelte mich aber es war nicht mit einem negativen Gefühl verbunden, sondern abrupt.
„Das ist verständlich", stellte Kuroko nach einer Pause fest. Dass ein sonst stummer Kuroko Interesse zeigte und mir tatsächlich auch spannende Fragen stellte, machte mich froh. Es zeugte von wahrer Neugier.

„Du und Akashi scheint euch gut zu verstehen." Mit Kuroko, strahlte Akashi eine fast sanfte Aura aus. Die zwei Jungs teilen eine längere Vergangenheit, als Taiga und der Blauhaarige. Eindeutig. Waren sie vor Seirin und Rakuzan auf der gleichen Schule? Akashi ist vermutlich für Rakuzan von Tokio nach Kyoto gezogen.
„Teiko." Plump und voller Gelassenheit, ließ Kuroko den trauten Namen ab. Teiko. Die Teiko? Augenblick. Meine Hände an den frostigen Greifreifen erstarrten. Sagte Kuroko gerade Teiko? Er merkte meine Unsicherheit und fuhr für einen Moment entgeistert auf.
„Sakuragi-san, du wusstest das nicht?" In seiner sonst monotonen Stimme, war eine Emotion zu erkennen. Ich schüttelte schlagartig den Kopf und dann ging eine Licht auf. Natürlich war Teiko angesehen und weit verbreitet. Sogar meine Wenigkeit, die nichts mit Männer Basketball anfing, wusste das. Im Inter High Artikel stand nichts darüber, dass Kuroko der Teiko angehörte und mir war auch nicht bewusst, dass Ryouta es ebenfalls tat. Wollte er es geheim halten? Nein, das ist es nicht. Ich fragte nie. Wozu? Mein Fokus lag stets auf Samezu und Ryo's Vergangenheit war eine Punkt, der nie allzu wichtig für unsere Freundschaft war.
„Du meinst, dass...", versuchte ich zu verstehen. Dass die Jungs, außer Taiga, ein Teil der legendären Teiko waren?

Tomorrow Is Another DayWhere stories live. Discover now