Kapitel 6

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• Kapitel VI •

   Desto länger ihr lieft, desto schwächer wurden deine Sinne wie auch du selbst.

   Als ihr nach einem Lauf, der dir wie eine Ewigkeit vorgekommen war, und der dich völlig ausgelaugt hatte, endlich durch eine Tür tratet, strengtest du deine Sehkraft noch einmal an.

   Das was vor dir lag, sah eher aus wie ein Horrorkabinett, als wie eine Arztpraxis.

   Der Arzt selbst wirkte, mit aller Höflichkeit die du dir in dieser Situation erlaubtest, auch weniger wie Dr. Frankenstein, als wie Frankensteins Monster.

   Du ließt dich auf den nächstbesten Stuhl sinken, und hörtest mit halbem Ohr dabei zu, wie Jinx dem Arzt, der wohl Singed hieß, auf ihre spezielle Art und Weise erklärte, was passiert war.

   Er schien verstanden zu haben, um was es ging, und suchte schon irgendwo aus einer Tasche eine Spritze heraus.

   Eine S p r i t z e.

   Die war dazu noch so groß, dass man sie als Mordwaffe benutzen könnte, nein danke.

   Du versuchtest irgendwie die Aufmerksamkeit der beiden auf dich zu ziehen, was leider erst ging, als der Arzt mit der Spritze direkt vor dir stand, was dich ziemlich nervös, beziehungsweise um dein Leben bangend machte.

   Als er bemerkte, dass du etwas sagen wolltest, hielt er kurz inne, und ließ dich ausreden: ,,Geht das irgendwie auch anders?"

   Besser konntest du das in deinem benommen Zustand, der durch die Angst nicht wirklich verbessert wurde nicht formulieren.

   Du warst froh, dass er dich überhaupt verstand.

   Er entfernte die Spritze etwas von dir, und sagte dann: ,,Sicher, man kann das trinken, aber dann benötigt man eine größere Dosis."

   Was auch immer 'das' in diesem Fall für ein Medikament war, mit heftigem Nicken bestätigtest du, dass du das Trinken deutlich bevorzugtest.

   Und wenn es wegen der Dosis teurer werden würde wäre es dir das auch wert.

   Mit einem neutralen Schulterzucken legte der Arzt die Spritze weg, und füllte die unnatürlich rosane Flüssigkeit in ein Messglas, während er begann, etwas mit Jinx zu sprechen: ,,Das letzte Mal, als du hier warst, musste ich ne Menge mehr von dem Zeug hier verwenden."

   Warum er das jetzt sagte, wusstest du nicht, aber hieß das, dass Jinx hier auch schonmal behandelt wurde?

    Er drückte dir das Glas so schroff in die Hand, dass du aufpassen musstest, dass nichts überschwappte.

   Du wolltest grade anfangen zu trinken, als du Jinx sagen hörtest: ,,Sei doch froh, dann hast du mehr Übrig. Und es tut nicht so weh."

   Es tut nicht so weh? Du sahst den Arzt entsetzt an, gab's kein Narkosemittel oder so?

   Singed schien deinen Blick verstanden zu haben, und beruhigte dich, fast schon belustigt: ,,Keine Sorge, bei Jinx war das schon etwas mehr, bei dir wird das nicht schmerzen."

   Mit 'etwas' schien in diesem Fall 'sehr sehr viel' gemeint zu sein, jedenfalls seiner Stimme nach zu urteilen.

   Du vertrautest ihm also, und setztest, ohne zu riskieren, an der Flüssigkeit zu riechen, den Becher an deine Lippen an, und begannst zu trinken.

   Du versuchtest, alles so schnell wie möglich herunterzuschlucken, um vom Geschmack möglichst wenig mitzubekommen.

   Dieser schien allerdings gar nicht mal so schlecht zu sein, kein Wunder, das Medikament, was dich sowohl von Farbe und Konsistenz zunehmend an etwas erinnerte, an dass du lieber garnicht denken wolltest, war, wie man leicht merkte, mit allen möglichen stimulierenden Mittelchen versetzt.

   Kaum hattest du alles ausgetrunken, merktest du einerseits, wie deine Kräfte vervielfacht zurückkehrten, du andererseits aber begannst, komische Lichter vor deinen Augen tanzen zu sehen.

   Schnell gabst du das Becherglas aus der Hand, du hattest Angst es zu zerdrücken, so viel Energie baute sich auf einmal in dir auf.

   Zum Glück beruhigten sich bald sowohl die farbigen Lichter, als auch der Kraftstau.

   Und es hatte tatsächlich nicht wehgetan, erleichtert atmetest du auf.

   Jetzt, wo du deine Sinne wiederhattest, sahst du dich noch einmal in dem Raum um:

   Jap, es sah immernoch aus wie in einem Horrorkabinett, und jap, der Arzt auch wie Frankensteins Monster, auch wenn er sich dir gegenüber ja glücklicherweise nicht so verhalten hatte.

   Nach Jinx suchtest du am längsten; sie hatte es sich neben deinem rechten Bein auf dem Boden im Schneidersitz bequem gemacht, und guckte zu dir hoch.

   Als sie bemerkte, dass du sie entdeckt hattest fuhr ein kleines Grinsen über ihr Gesicht, und sie stand auf.

   ,,Komm, lass uns gehen. Bevor du fragst, das war Shimmer, und Silco bezahlt das schon."

   Wie konnte sie bitte alle deine Fragen so mühelos vorhersehen? Allein davon warst du schon so perplex, dass du garnicht dazu kamst, dich über die anderen Sachen aufzuregen.

   Shimmer. Ausgerechnet das.

   Und Silco, meinte sie den Verbrecherboss Silco? Höchstwahrscheinlich, sie war ja seine Tochter… man war das eine Katastrophe, in die du hier hereinschlittertest.

   Jinx ließ dich darüber aber nicht lange nachdenken; sie zerrte dich, während sie sich vom Arzt verabschiedete, aus dem Raum, was ihr leider ziemlich mühelos gelang.

   Leider, da du heimlich doch gehofft hattest, dass dich das Shimmer stärker machen würde.

   Hatte es wahrscheinlich auch, nur war die Dosis eben doch um einiges kleiner, als die, die Jinx verabreicht bekommen hatte.

   Diese war schon wieder vergnügt, von der Sorge um dich war nichts mehr zu sehen.

   Schade, irgendwie hatte es dir gefallen, zu sehen, dass du ihr etwas bedeutetest.

   Warte, was dachtest du da bitte? Sie hatte dich immernoch wortwörtlich mit vorgehaltener Pistole hierhergeholt und dich verletzt, weshalb dir Shimmer verabreicht worden war, dir hatte hier gar nichts zu gefallen! Aber trotzdem…

   Weiter konntest du nicht denken, denn Jinx unterbreitete dir, überglücklich darüber, dass du jetzt auch etwas Shimmer in dir hattest, ihre neuesten Pläne:

   ,,Also, Toots, wir müssen was für dich zum Hauen finden!"

   ,,Was?!'', du wusstest zwar, dass Jinx Gewalt und Zerstörung mochte, aber dass du da auch mitmachen solltest, gefiel dir nicht.

   Außerdem war das ja jetzt nicht so, dass du durch das Shimmer jetzt zum Supermenschen geworden seist.

   Dazu noch warst du extrem erschöpft von dem Tag, und musstest, wenn du Zhaun noch im hellen verlassen wolltest, um nicht erdolcht zu werden, langsam los.

   Ihr das klarzumachen war schwerer als gedacht, da sie dich die ganze Zeit über mit bettelnden, großen Augen ansah, die dieses Mal aber tatsächlich aufrichtig wirkten.

   Als du grade fertiggesprochen hattest, und dich zum Gehen wenden wolltest, hingst du aber noch ein ,,Aber morgen komme ich wieder." an.

   Warum? Du wusstest es nicht. Auf der einen Seite hättest du dich gerne dafür geohrfeigt, das gesagt zu haben, auf der anderen Seite freutest du jetzt schon, wo ihr euch noch nicht einmal verabschiedet hattet, auf morgen.

   Sofort hellten sich Jinxs Augen auf, und sie breitete fröhlich ihre Arme aus.
   Wollte sie dich umarmen, oder was war da los?

   Bevor du reagieren konntest, wurdest du schon gedrückt, was dich mit einer merkwürdigen Wärme erfüllte, und sahst zwei blaue Zöpfe die Straße entlang verschwinden.

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   A/N: And as always, Verbesserungsvorschläge und/oder entdeckte Fehler bitte in die Kommentare schreiben!
   Ich hoffe, dass es euch gefallen hat, habt einen schönen Tag,
-Seetang ^^

Arbeitstitel - Jinx x readerWhere stories live. Discover now