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Die Kälte des Bodens kroch ihr unnachgiebig in die Knochen und der muffige Geruch feuchter Erde legte sich wie ein unangenehmer Film über ihren Geruchssinn, blendete alle Gerüche aus, außer dem modrigen Mief des Kellers.

Sie nieste zweimal und zog die bloßen Beine fester an sich in dem Versuch, das letzte bisschen Körperwärme zu bewahren und weiter trotzig gegen die Kälte auszuharren.

Schließlich war sie kein einfacher Mensch mehr, der bei den Temperaturen hier unten sicherlich schon erfroren wäre. Sie seufzte eine Dampfwolke aus und sah ihr träge beim Auflösen zu.

Immerhin hatte Alexander ihr ein verschlissenes T-Shirt und ihre Unterwäsche gelassen, und sie nicht nackt hier eingesperrt wie beim ersten Mal, dachte sie schaudernd und zog den dünnen Stoff fester an sich.

Sie erinnerte sich noch an die Panik, die sie damals gehabt hatte. Entführt von einem Haufen Fremder und der einen Person, der sie außerhalb ihrer Familie vertraut hatte. Von der sie dachte, er sei ihre große Liebe...

Charlene schluchzte leise bei der Erinnerung und rieb sich schnell die brennenden Augen mit ihren eiskalten, dreckstarrenden Händen.

Naiv und blauäugig war sie gewesen, als sie aus freien Stücken zu Alexander in den Van gestiegen war. Nichts schien ihr in diesem Moment wichtiger als das Herzklopfen, das er in ihr weckte, das Gefühl ganz ihm zu gehören.

Es hatte keine halbe Stunde gedauert, bis ihr Irrtum offensichtlich wurde und er sie mit mehreren Ohrfeigen und Drohungen zum Schweigen und Kooperieren zwang.

Es dauerte mehrere Wochen, bis sie langsam begriff, was vor sich ging.

Ihre Realität wurde ersetzt mit wirren Mythen um Wolfswesen, Mondsüchtige und ineinandergreifende Sphären, die bestimmte Orte zu bestimmten Zeiten durchlässig werden ließen...

Alexander hatte große Hoffnungen in ihre Rekrutierung gesteckt, wie er es nannte. Ihr genetisches Material sehe vielversprechend aus, Erfahrungsberichte prophezeiten einen starken Wolf nach der Wandlung.

Stattdessen war sie beinahe gestorben, ihre Zellen wehrten das erste Präparat lange Zeit ab und erst eine neue Charge löste den Wandel erfolgreich aus.

Das Ergebnis war eine schwache, grau-braune Wölfin mit weißen Beinen, Bauch und Schnauze, die kaum ihre Position im Pack halten konnte.

So schwach war sie, dass Alexander kurz davorstand, sie in die Wildnis Palessjes zu verjagen.

Charlie zog schniefend die Nase hoch und knabberte an ihrem Daumennagel. Die Erinnerung lag ihr schwer auf dem Herzen und verursachte ein flaues Gefühl im Magen.

Sie war verzweifelt gewesen.

Die Angst hatte ihren Menschenverstand vernebelt und ihr Worte auf die Zunge gelegt, die sie hinterher bitter bereute.

‚Es gibt noch eine Chance!', hatte sie gefleht, mit Wildheit in den Augen, sich gegen Alexanders Griff stemmend. ‚Mein Cousin! Mein Sam!'

In diesem Moment richtete sich Alexanders Blick auf sie und alles Blut wich ihr aus dem Gesicht. Ihre Knie wurden weich und die Beine knickten unter ihr weg.

Sie schüttelte hilflos den Kopf, als er wie ein Jäger auf sie zu kam, sich drohend über sie beugte und schmerzhaft ihren Schopf griff.

Erzähle mir Alles!', fuhr er sie mit seiner Alpha-Stimme an und ihre Zunge reagierte, bevor der Befehl in ihrem Gehirn ganz verarbeitet war.

Sie erzählte von ihrer Mutter und ihrer Tante, von Sam, der wie ein Bruder für sie war.

Wo er lebte, und zur Schule ging, welche Clubs er liebte und welches Essen er hasste.

Bizarre BestieWhere stories live. Discover now