Kapitel 8

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Auf meinen Fingernägeln kauend sah ich durch die kleine Menge an Personen. Lady Enees, Lord Mullo, zwei mir fremde Typen und ich saßen an dem runden Tisch und warteten.

Auf was? Na ja, wusste ich auch nicht.

Eher versuchte ich herauszufinden, wer die beiden Männer waren. Auf dem Hof und beim Treffen mit den Ministern hatte ich sie schon einige Male gesehen. Genauso wie Lord Mullo trug der eine eine graue Tunika und war somit ein Teil des Inneren Hofes. Die hellrote Tunika des anderen Mannes verriet mir, dass er Teil des Äußeren Hofes war.

»König Tegon von Maxea möchte sich mit Euch treffen«, fing Lady Enees endlich an zu sprechen.

König Tegon? Maxea? Treffen?

»Ehm... Warum?«

Eigentlich wollte ich ja nicht nervös klingen, doch wie es aussah, schaffte ich dies nicht. Ein König wollte sich mit mir treffen. Ein verdammter König.

Was zum Teufel machte man in solch einer Situation? Es war ja nicht alle Tage so, dass ich einen König aus einem komplett anderen Land -oder wie in diesem Fall hier, Reich- traf. Ich wusste theoretisch vieles darüber, wie man sich in Situationen mit Leuten königlicher Abstammung verhielt. Doch in der Praxis?

Schwierig.

»Hoheit, erstmal zu mir: Ich bin Lord Eden, zuständig für die Kontaktpflege mit den anderen Königreichen Herayas. Wir wissen leider nicht, warum der König aus Maxea so etwas möchte, doch ablehnen wäre undenkbar. Im schlimmsten Fall könnten die Maxeaner dies als eine Art von Überheblichkeit ansehen und den Krieg erweitern.«

Das einzige was ich machen konnte, war es einen lauten Seufzer freizulassen. Das Seufzen tat in solchen Situationen gut, wirklich. Es beruhigte einen etwas und ließ mich sogar meine Gedanken für einen Augenblick sammeln.

So, kein Treffen würde Ärger bedeuten. Und wir konnten dies definitiv nicht in Kauf nehmen.

Maxea war stärker als Valera, dies wusste ich. Das kurze Gespräch mit Lady Enees und die aktuellen Themen im Palast ließen mich realisieren, dass man sich mit diesem Reich am besten nicht anlegen sollte. Sie hatten im Gegensatz zu uns eine bessere Beziehung zu den anderen Reichen in Heraya, mal abgesehen von den ganzen Kriegen.

»Gut, ich werde mich mit ihm treffen«, antwortete ich dann endlich. Lord Mullo sah mich besorgt an, während Lady Enees wieder dieses komische Grinsen auf dem Gesicht hatte. Aber es musste wohl an ihren harten Gesichtszügen liegen. Was anderes dazu würde mir nicht einfallen. Anfangs dachte ich wirklich, sie wäre eine Art Antagonistin in all diesem Mischmasch. Doch es dauerte nicht lange, bis ich ihre Treue und Hingabe für Valera erkennen konnte.

Ich lehnte mich ein Stück weit zu Lord Mullo, der glücklicherweise genau neben mir saß. »Wer genau ist dieser andere Herr hier?«

»Oh«, mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an. Ihm wurde womöglich erst jetzt klar, dass der etwas in der Menge untergegangene Mann mir komplett fremd war. Ich sollte wirklich die Rente einführen.

»Das ist Lord Madax, verantwortlich für die königliche Wache.«

Mit einer kleinen Verbeugung lächelte er mich an, sagte aber nichts. Kein Mann der Worte also. Erinnert mich an jemanden.

Ich schenkte ihm auch ein leichtes Lächeln und wendete mich dann wieder Lady Enees zu, die ihre Hände zweimal zusammenschlug. »Sehr gut, dann fängt die Reise nach Maxea morgen an. Passt das, Majestät? Soweit ich weiß, habt Ihr keine anderen Pläne für den morgigen Tag.«

Ein Nicken meinerseits reichte ihr komplett aus.

Lord Eden und Lord Madax standen beide gleichzeitig auf. Mit einer Verbeugung verabschiedeten sie sich zuerst von mir, dann von Lady Enees und Lord Mullo. Bis jetzt wirkten sie eigentlich recht nett. Genauso wie der Rest des Hofes.

Sollte hier nicht noch ein Verräter rumirren?

In Büchern lief sowas nämlich nie so harmonisch wie hier ab. Es gab immer irgendwelche Leute, die den Charakteren nah waren und diese dann in genau dem Moment, in dem man es am wenigsten erwartet hatte, die Guten verrieten und zur Seite der Bösen wechselten. Zara, du bist kein Hauptcharakter.

Ich sollte aufhören, so viel High Fantasy Zeugs zu lesen.

»Hoheit?«, eine wedelnde Hand brachte mich aus meinen recht fragwürdigen Gedanken zurück. Lord Mullos Hand. Mit einem Nicken signalisierte ich ihm, dass meine Aufmerksamkeit nun vollständig bei ihm lag, was er auch sofort verstand. Hach, diese Harmonie zwischen uns beiden. Atemberaubend.

»Hoheit, normalerweise ist es unsere Aufgabe, Euch auf das Treffen vorzubereiten. Jahar ist ein Experte in dem Bereich, doch nicht einmal er kennt den König von Maxea gut genug«, begann er, doch etwas anderes machte mich hellhörig.

Jahar, der Zwerg. Wo zum Teufel war der eigentlich die letzten Tage?

Als hätte Lady Enees schon im Voraus gewusst, was ich fragen wollte, antwortete sie mir. »Im Westen gibt es einen Aufstand, Jahar versucht diesen zu beenden. Er wird für die nächsten Tage erstmals nicht mehr kommen.«

So war das also.

»Ein Aufstand? Wegen was?«

»Leid. Not. Hunger.« Seufzend sah mich Lord Mullo an. »Zu viele Gründe hatte das Volk Valeras.«

So konnte das doch nicht mehr weitergehen. Während ich hier in diesem Palast saß, hatten die Leute zu leiden. Schwachsinn. Ich musste so schnellst wie möglich etwas tun, dieses Problem sollte endlich gelöst werden. Wegen einigen sinnlosen Kriegen verdiente es keine Person, unter solchen Umständen zu leben.

»Zuerst aber möchte ich mir die Lage Valeras genauer anschauen«, sagte ich zu den beiden. Stumm nickten sie. Niemand brauchte die Intelligenz Einsteins um zu verstehen, dass ich damit die schlimmeren Teile des Reiches meinte. Zu meinem Glück war der Hof hier keiner, welcher die Probleme versuchte vor mir zu verstecken oder gar zu beschönigen. Sie erklärten mir die Fehler meines Vaters Hypern bis ins Detail und schlugen auch Lösungsansätze vor.

Nur konnten Lösungen durch Abmachungen mit den anderen Reichen ermöglicht werden.

Und morgen würde ich damit anfangen.

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Trust & BetrayalWhere stories live. Discover now