Kapitel 14

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»Ich möchte Maxea und Valera vereinigen«, fing er an, während er an seinem Glas Wein nippte. Dabei verschluckte ich mich fast an meiner eigenen Spucke. Das hatte ich jetzt nicht erwartet.

»Tygon war ein mächtiges Reich, Prinzessin Alessa. Doch wegen einem sinnlosen Thronkampf teilten sich das Land und die Menschen. So kann das nicht mehr weiter gehen. Vor allem nicht... vor allem nicht, wenn Marte immer mehr an Macht gelangt und uns konstant attackiert.«

Diese Informationen musste ich erstmal verdauen. Eigentlich hätte ich eine komplette Abneigung zu diesem Thema erwartet. Doch dieser Mann überraschte mich.

»Und die Menschen? Also, die aus Ihrem Reich. Werden sie das akzeptieren?«

»Ihr versteht es nicht, oder? Macht. Macht ist alles, Prinzessin Alessa. Jedermann auf dem ganzen Kontinent ist sich bewusst, dass Tygon das stärkste Reich der ganzen Geschichte Herayas war. Meine Leute wollen diese Anerkennung und ihre andere Hälfte zurück.«

Das hörte sich gut an. Sehr gut sogar.

»Okay, legen wir alles beiseite. Wie genau würde das alles funktionieren? Wie macht man sowas überhaupt? Also diese Vereinigung«, fragte ich einfach weiter. Ich brauchte Antworten bis zum letzten Detail. Nur so konnte ich wenigstens etwas voraussehen, was dieser Typ hier vor mir wirklich vor hatte.

Unsere Auseinandersetzung vom letzten Mal zeigte mir, dass er eine Bedrohung für Valera sein konnte. Es standen ihm unendlich viele Möglichkeiten zur Verfügung, um sein eigenes Volk zu retten und meins zu zerstören. Was er mit den Leuten Valeras machen würde, konnte und wollte ich mir einfach nicht vorstellen. Vielleicht war es einfach nur eine Paranoia meinerseits. Doch vielleicht hatte dieser kleine Teil in mir recht...

»Die Zeremonie wird vom Konsul durchgeführt.«

»Konsul?«

Er seufzte nur. »Cyntos.« Ah, diese Vier Großen. Falls es Situationen gab, die mehrere Reiche betrafen, wurden diese von den Vier Großen geklärt. »Ihr solltet anfangen, unsere Sprache zu beherrschen. Zwar wird von allen Hera gesprochen, trotzdem haben wir viele Worte beibehalten, die aus der Zeit Tygons stammen.«

Wie es aussah war er Pro-Tygon. Pluspunkt.

»Dies könnten wir ja ein anderes Mal besprechen, nicht wahr? Zurück zu unserem Thema. Also... wir führen eine Zeremonie durch und dann auf einmal haben wir ein vereinigtes Königreich?«, ich sah ihn skeptisch an.

»Nun ja, nicht ganz«, antwortete er nur, ohne jegliche wichtige Information. Das einzige auffällige Ding an der ganze Sache war sein sich leicht anhebender rechter Mundwinkel. Trottel.

»Lust mir vielleicht zu erklären, was zum Teufel das bedeuten soll?« Mit einem zuckersüßen Lächeln auf dem Gesicht starrte ich ihn an. Innerlich machte ich mir schon Gedanken darüber, wie ich diesen Typen am besten zerfleischen könnte. Doch von außen durfte ich mir nichts anmerken lassen. Wenigstens diese Masche sollte was bringen.

Tat es aber nicht.

Noch immer recht desinteressiert, aber gleichzeitig auch wachsam nahm er sich einen weiteren Schluck vom Wein. Dann noch einen. Und ein darauf folgender Schluck. Dies müsste eine Art Wunder sein, so viel Alkohol wie der zu sich nahm sollte seinen Spiegel in die Himmel schießen. Doch warum auch immer sah er so aus wie vor einer Stunde, komplett nüchtern.

»Es gefällt mir«, fing er plötzlich wieder an zu reden. Doch ich sah ihn nur mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

»Was genau?«

»Die Art Eures Sprechens. Ein Tauber würde recht schnell verstehen, dass die Prinzessin von Valera jahrelang in der Welt der Menschen gelebt hat«, antwortete er.

»Ein Tauber also?«, ich wusste nicht ob das Wut oder Verwirrung war, was sich in mir aufbaute. Auch wusste ich nicht, was genau ich davon halten sollte. Die menschliche Welt wurde während ich hier war eher selten erwähnt und war auch nicht wirklich von Bedeutung. Was also versuchte mir dieser Typ zu sagen?

»Eure Gesichtszüge, die Art wie ihr Eure Hände bewegt und das Fehlen der Sitten Herayas. All dies deutet daraufhin, dass Ihr, Prinzessin Alessa, kein Teil dieser Welt seid«, wieder hob er sein Weinglas, trank ein Schluck und legte es zurück auf den kleinen Holztisch zwischen uns. »Wenn das Glas gehoben wird, tun das auch die anderen im Raum, egal wie sehr dieser jemand gehasst wird. Euch ist dies nicht natürlich nicht aufgefallen, doch wären wir inmitten mehrerer Mitglieder des hohen Standes, könnte dies fatale Folgen haben.«

Nichts Falsches sagen, Zara.

»Jeder in Heraya weiß, dass ich mein ganzes Leben lang in der Menschenwelt verbracht habe. Wer sollte mir diese Sitten lehren? Jahar? Wie wir alle wissen, durfte er dies nicht machen, da es verboten ist ein Wort über Heraya in der Menschenwelt zu verlieren«, versuchte ich ihm zu erklären, doch Fehlanzeige. Er schenkte mir nur ein Schmunzeln, welches das Brodeln in mir noch mehr puschte.

»Das stimmt. Doch Ihr seid schon... Hm, wie lange nochmal?«, mit den Fingern tat er so, als würde er die Zeit berechnen, die ich hier verbracht hatte. Idiot. »Genau, seit vier Wochen seid Ihr hier. Vier Wochen sind lang, Prinzessin Alessa, in 30 Tagen sollte man Euch allein die Sitten Herayas beibringen können. Nur ein kleiner Fehler könnte alles zerstören. Jedermann wartet nur auf einen Eurerseits«, flüsterte er mir zu. Es war aber noch laut genug, um alles zu verstehen. Ich erschauderte.

»Vielen lieben Dank für Ihre Besorgnis, aber ich bin mir sicher, dass die Sitten bald ein Teil des Trainings sein werden«, lächelte ich ihn an und hob provokant das Glas. Er sagte nichts mehr dazu, erwiderte aber meine Geste sofort und trank einen Schluck von seinem Wein. Kam es mir nur so vor, oder versuchte er ein Lachen zu unterdrücken?

»Ich entschuldige mich, normalerweise bleibe ich beim Thema und lasse mich nicht ablenken. Dieses eine Mal war es wohl ein kleiner Ausrutscher.«

»Das macht nichts. Aber jetzt wieder zum Wichtigeren. Wo genau waren wir nochmal stehen geblieben?«, ich überlegte, doch er kam mir zuvor.

»Ihr habt mich gefragt, wie die Vereinigung unserer Reiche ermöglicht werden würde«, antwortete er gelassen. Stimmt.

»Also dann, erklärt es mir«, forderte ich ihn auf. Diese ganze Sache mit dem Vereinigen aus seiner Perspektive kam mir etwas komisch vor. Als ob es einfach reichen würde, nach Cyntos zu gehen und dies mehr oder weniger zu beantragen. Lord Mullo hätte mir dies sofort erzählt, falls es wirklich so ablaufen würde. Dahinter musste was tiefgründigeres liegen, dafür könnte ich meine Hand ins Feuer legen.

»Der simpelste Weg zu dieser lang ersehnten Vereinigung wäre eine Heirat zwischen Maxea und Valera«, haute er dann raus.

Durch das geschockte Aufatmen verschluckte ich mich und fing an zu husten. Heirat?! Der Typ hatte doch nicht mehr alle Tassen im Schrank.

»Absurd«, kommentierte ich nur halb hustend, halb nachdenkend. »Wir können nicht einfach zwei Reiche verheiraten. Wie soll denn so etwas funktionieren?«

Er aber lachte nur laut auf.

»Oh, Ihr habt mich ganz falsch verstanden, Prinzessin Alessa. Diese Ehe würde nicht unserer Reiche geschlossen werden. Also theoretisch nicht.«

Jetzt war ich komplett verwirrt. Doch bevor ich was sagen konnte, machte er schon weiter.

»Für solche eine Vereinigung angemessene Heirat kann nur durch die Mitglieder der Königsfamilien durchgeführt werden. Und da die einzigen Thronbesitzenden wir beide sind, soll diese Ehe zwischen uns beiden geschlossen werden«, er pausierte kurz. »Für die Vereinigung unserer Reiche müsst Ihr mich heiraten, Prinzessin Alessa.«

Oh.

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Trust & BetrayalWhere stories live. Discover now