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„Was lief da zwischen Mum, Dad und dir?", unsicher schaute ich zu Az rüber. Ich mochte es nicht wenn er mit jemanden stritt oder wenn überhaupt jemand stritt.

„Nichts Wichtiges", er warf mir ein falsches Lächeln zu und sah dann wieder nach vorne auf die Straße.

Ich mochte es nicht, dass er mich ausschloss. Mich ging es auch was an, was zu Hause ablief, wie ihn und so, wie es sich angehört hat, war es nicht Nichts.

„Mach dir keine Gedanken", er wuschelte durch meine Haare „Denk lieber darüber nach, was du essen willst"

„Ich bezahl aber diesmal", lachend sah ich ihn an.

Als er an der roten Ampel hielt, die immer ewig lang rot blieb, drehte er sich zu mir „Das glaubst du selbst nicht"

„Oh doch", ich hielt meine Faust vor ihm in die Luft.

Lächelnd streckte er auch seine aus und wir spielten Schere, Stein, Papier darum, wer bezahlte.

Als wir gerade die dritte Runde anfingen - es stand gerade eins zu eins - sah ich plötzlich ein Auto, welches direkt auf uns zufuhr.

„Az-", plötzlich knallte es laut und wir wurden hin und her geschleudert.

Ein ekelhaft lauter Piepton dröhnte und meinen Ohren während mir schwarz vor Augen wurde.

Kurz musste ich weggedänmert sein, denn ich öffnete meine Augen und sah Az, der noch atmete, aber schwach. Blut war auf dem Amaturenbrett und das Auto rauchte.

„Az?", krächzte ich gegen den Piepton und versuchte mich irgendwie zu bewegen. Wir mussten hier raus.

„Az?", wiederholte ich und tippte ihn an.

Stöhnend drehte er seinen Kopf „Mace. Raus"

Meine Finger umschlossen seine Hand, die noch immer auf dem Schaltknüppel lag. „Ich helfe dir. Komm"

„Raus Mace", wiederholte er. Blut rann aus seinem Mund. „Raus"

Tränen rannen über mein Gesicht „Az bitte komm"

„Hilfe! Hilfe!", schrie eine männliche Stimme aus der Richtung des anderen Autos „Ich brauche Hilfe"

Wieder dämmerte ich weg und als ich wach wurde waren um uns viele Menschen, die in knalligen Farben gekleidet waren. Blaulicht war überall zu sehen und Arme zerrten an mir.

„Az", wimmerte ich.

„Ist okay. Wir haben dich", meinte ein Mann.

„Azriel", meinte ich nun lauter und wehrte mich gegen die Griffe der Sanitäter.

„Bist du Azriel? Ist dein Name Azriel?", fragte mich der Arm.

„Nein nein. Azriel", weinend und schreiend wollte ich wieder zum Auto. „Azriel"

„Ihm wird es gut gehen. Meine Kollegen holen ihn raus", meinte der Sanitäter weiter.

Plötzlich spürte ich eine Druckwelle und sah helles Licht aufflackern.

„AZRIEL!", schrie ich und wollte unbedingt von dieser Trage runter um zu meinem Bruder zu kommen „AZRIEL"

Ich hörte viele Menschen irgendwas schreien und rennen. Das Auto brannte lichterloh.

Azriel. Ich sah ihn nicht. Wo war er? Wo war mein Bruder?

„Du kommst jetzt ins Krankenhaus", ich wurde auf der Trage festgeschnallt und in den Krankenwagen transportiert.

„Was ist mit Az?", meine Stimme klang zittrig und rau.

„Er auch", dann schlossen sich die Türen und ich dämmerte wieder weg.

Ich sah immer wieder helle Lichter und Menschen. Schmerz schoss durch meinen ganzen Körper.

Als ich wieder zu mir kam, war ich in einem Raum und lag in einem Bett. Neben mir ein Mann, der friedlich vor sich hin schlief.
Anscheinend hatte ich Schmerzmittel bekommen, denn mein Körper tat nicht so sehr weh, wie er wahrscheinlich sollte, bei all dem Verbandszeug.

„Hey mein Junge", Onkel Cal betrat den Raum „Wie fühlst du dich?"

„Wo ist Az? Geht's ihm gut?", wieder klang meine Stimme rau, aber das war das erste, was mir in den Kopf kam.

Mit Tränen in den Augen setzte sich Onkel Cal neben mich auf einen Stuhl und griff vorsichtig nach meiner Hand. „Deswegen sind deine nicht Eltern hier Kleiner. Dein Bruder, er-"

„Nein", unterbrach ich ihn, bevor er etwas sagen konnte. Meine Stimme war wohl etwas laut, denn die Schnarchnase neben mir wachte auf und sah uns verwirrt an. „Nein sag das nicht"

„Ryder", Cal seufzte und vereinzelt liefen Tränen über sein Gesicht „Dein Bruder-"

„Sei still!", schrie ich und presste meine gesunde Hand auf mein Ohr, nachdem ich sie aus seiner Hand gezogen hatte. „Sei still und verpiss dich!"

„Mason", er setzte sich auf die Matratze „Beruhig dich"

„Nein! Du verpisst dich! Wo sind Mum und Dad?", jetzt Tannen auch die Tränen über mein Gesicht. Denn trotz den Schmerzmitteln spürte ich den Schmerz in meinem Herz. Dieser lies sich nicht durch diese Medikamente bekämpfen. Und es tat höllisch weh.

„Mace-"

„Nenn mich nicht so!", schrie ich ihn an „Halt deine Schnauze! Wo sind meine Eltern?"

„Sie können das nicht. Sie müssen sich selbst sammeln. Deswegen bin ich hier"

Plötzlich überkam mich eine Ruhe. Langsam lehnte ich mich zurück und sah an die Wand gegenüber von meinem Bett. „Sie haben ihn getötet"

„Um Gottes Willen Ryder nein", Onkel Cal sah mich erschrocken an, bevor er zart die Arme um mich legte „Er ist seinen Verletzungen erlegen"

„Die er wegen Mum und Dad hat. Wenn sie nicht wären wären wir früher gefahren und uns wäre das nicht passiert - ihm wäre das nicht passiert", schlussfolgerte ich.

Cal drückte mich etwas fester „Nein Ryder nein"

„Doch. Und sie sind nicht hier, weil sie mir nicht in die Augen schauen können, weil ich fast auch gestorben wäre. Sie haben meinen Bruder getötet"

Mum und Dad kamen mich erst ein paar Tage später im Krankenhaus besuchen und ich begegnete den Mördern meines Bruders mit eiserner Kälte.

Loving the blind girl Where stories live. Discover now