Kapitel 22: Unbekannte

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Ich war erstaunt.
Noch immer stand ich am Waldrand und sah nach vorn.
Vor mir befand sich eine Wiese, die an einer Klippe endete und in die Tiefe ging.
Ich konnte einen riesigen See erblicken, der sich unter der Klippe erstreckte.
Aus dem Gras flogen zahlreiche Glühwürmchen hinauf.
Eine riesige Trauerweide stand an der Spitze der Klippe.
Außerdem war eine Schaukel an einem Ast angebracht, welche über dem Abgrund hing.
Zusätzlich zum Mondlicht beleuchtete eine kleine Laternen, die an einem Ast hing, den Platz.

Vor Staunen hatte ich knapp vergessen weshalb ich überhaupt hierher gekommen war.

Mein Blick schweifte unter die Trauerweide.
Ein Klavier stand dort.
Auf der kleinen Bank saß ein schwarzhaariges Mädchen, ungefähr in meinem Alter.

Sie schien mich nicht bemerkt zu haben, denn sie spielte weiterhin ihre Melodie.

Ich begann mich langsam und leise zu nähern.
Jeder Schritt führte dazu, das mehr und mehr Glühwürmchen nach oben flogen.
Zudem fühlte es sich unter meinen Füßen wieder um einiges angenehmer an, nicht mehr auf Ästen und spitzen Steinen rumzutreten.

Ich war gerade mal zwei Meter von ihr entfernt und mein Herz sprang mir schon fast aus der Brust.
Ich fing automatisch an kleinere Schritte zu machen.
Als ich so gut wie neben ihr stand, hörte ich ein knacken unter meinem Fuß.

Ich weitete meine Augen und blickte augenblicklich runter auf den zertretenen Ast.
Genau im selben Moment hörte das Mädchen auf zu spielen.
Sobald ich wieder nach oben sah, sah ich sie an.
Sie tat das selbe, nur, dass sie mir nicht in die Augen sah, sondern mich von oben bis unten musterte.
Es schien so als würde sie mich auf irgendetwas prüfen.

Ich kam in dem Moment wahrscheinlich rüber wie ein Freak.
,,Ähm....Hey.", konnte ich nur sagen, aber eine Antwort bekam ich nicht.
Stattdessen wandte sie sich wieder ans Klavier.
,,Ich bin V/N.", versuchte ich erneut zu mit ihr zu reden, aber wieder nichts.
Sie rutschte nur auf der Bank etwas zur Seite.
Ich sah einen kurzen Moment auf die Bank, bevor ich mich dann setzte.
Und dies schien sie nicht weiter zu stören.

Sie sah so aus, als würde sie einen Moment lang nachzudenken.
Ich drückte mit meinen Fingern auf irgendwelchen Tasten herum und brachte somit eine schiefe Melodie hervor.

Das Mädchen drehte ihr Gesicht zu mir und legte ihren Kopf schief.
Sie legte ihre linke Hand auf meine rechte.
Ein kalter Schauer jagte mir über den Rücken.
Langsam begann sie mit ihrer Hand meine zu bewegen und zeigte mir somit eine einfach Melodie.

Ich gebe zu, ich hatte nicht damit gerechnet so etwas zu finden, als ich das Haus verlassen hatte.

Es ging eine ganze Weile so, bis sie schließlich meine Hand losließ und sich von der Bank erhob.
Mit kleinen Schritten lief sie ein Paar Meter am Klippenrand entlang und ließ sich dann nieder.
Mit ihren Händen stützte sie sich neben sich im Gras und ließ ihre Füße über dem Abgrund baumeln.

Ihr Blick war starr aufs Wasser gerichtet.
Ihr Zeigefinger tippte auf die Stelle neben ihr.

Langsam erhob ich mich von der Bank und lief auf sie zu.
Still setzte ich mich neben sie und ließ meine Füße, genauso wie sie, baumeln.

Es herrschte komplette Stille.
Nur die Grillen mischten ihre Töne unter.

,,Yūrei...", erklang eine leise Stimme aus der Richtung des Mädchens.
Ich wandte mich zu ihr und sah sie an.
,,Yūrei...das ist mein Name.", sagte sie, ohne ihren Blick vom See abzuwenden.

Ein kleines Lächeln wanderte auf meine Lippen.
,,Freut mich dich kennenzulernen, Yūrei."

Ich wandte mich wieder an den See und stützte meinen Ellenbogen auf meinen Knien.
Wieder herrschte eine gewisse Stille.
Diesmal aber nicht so unangenehm.

,,Ich glaube ich habe dich schonmal irgendwo gesehen.", erklang Yūreis leise Stimme nach einer Weile wieder neben mir.
,,Wie meinst du?", fragte ich.
,,Bei diesem rothaarigen...mysteriöser Typ.", antwortete sie mir.

,,Ich hab dich auch erst vor kurzen bei dem gesehen. Lange bist du noch nicht hier, oder?"
Ich schüttelte mit dem Kopf.
,,Freiwillg?"
Ich war einen Mormnt still.
Als ich zum reden ansetzen wollte, kam sie mir schon zuvor:
,,Verstehe schon."

,,Und warum bist du hier?"
Sie seufzte.
,,Vielleicht hab ich getötet.", sagte sie, woraufhin es mir eiskalt durch den Körper lief.


Tendou x Reader ||Only mine Where stories live. Discover now