Szene 1-2 || Im Griff der Engel

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▌│█║▌║▌║ 👹 Mrs. O'Sullivan 👁️ ║▌║▌║█│▌

🕯 【Szene 1: Im Griff der Engel】🕯

Alles in Mrs. O'Sullivans Kopf dreht sich. Die Realität fährt darin munter Karussell, zieht sich wie Kaugummi immer wieder zäh auseinander, überschlägt sich einige Male und benebelt ihre Sinne. Wirklich länger hält die abgemagerte Frau den üblen Trip, in dem man ihren Geist versetzt hat, nicht durch. Schließlich durchbricht sie den Honig-zähflüssigen Schleier der Traumwelt mit einem überwältigten Keuchen und reißt erschrocken die Augen auf. Sofort beginnt die Realität brutalst auf ihren Hinterschädel einzuprügeln.

Mit einem leisen Stöhnen fasst sich Lilith an den Hinterkopf. Ihr Herz pocht dröhnend in ihren Ohren. Jetzt meldet sich auch ihr Rücken, der in einer seltsamen Haltung an die hölzerne Rückwand eines Wagens lehnt, mit ziehenden Rückenschmerzen zu Wort.

"Wo bin ich?", keucht die Frau und erschrickt bei dem brüchigen, trockenen Klang ihrer Stimme.

Sie blinzelt ein paar Mal, bevor sich der wabernde Nebel vor ihren Augen vollständig geklärt hat und richtet sich dann aus ihrer Liegeposition ein wenig auf, wobei ihr Körper abermals mit schmerzhaftem Ziehen in Rücken und Seiten protestiert.

Noch immer kann Mrs. O'Sullivan das Blut in ihren Ohren rauschen und das hektische, angsterfüllten Wummern ihres Herzens hören. Doch da ist noch etwas...

...himmlischer Engelsgesang. Durch das Tonbandgerät ist der Ton zwar leicht verzerrt und blechern, aber der Klang des Kinderchores, der mit seinen zarten, hohen Stimmchen Lobeshymnen über den HERRN verkündet, ist klar im ganzen Wohnwagen zu vernehmen.

"W-was?"

Von der Panik und Ungewissheit der aktuellen Situation getrieben, versucht Mrs. O'Sullivan sich etwas zu hastig aufzurichten. Ihre sehnigen, bleichen Hände kratzen dabei vergebens über die cremefarbene Tapete hinter sich, die die Wände ihres kleinen Gefängnisses bedeckt, und die völlig verwahrloste Frau stöhnt dumpf auf, als ihre schwachen Gliedmaßen nicht vermögen, ihren zierlichen Körper zu tragen und sie zurück auf den hölzernen Boden sackt.

Ein raues Wimmern entfährt ihrer Kehle. Wie ist es bloß so weit mit ihr gekommen? Das Letzte, an das sie sich erinnern kann ist, dass sie durch den dunklen Wald geirrt ist, ziellos und verzweifelt und sich in all ihrer Verzweiflung und Trauer an all die schrecklichen Dinge erinnert hat, die sie in ihrer Vergangenheit getan hat. Sie wollte sterben, sich in eine tiefe Grube im Wald legen und dort in Frieden auf ihren Erlöser, den Tod, warten. Und jetzt ist sie hier. Hat sie etwa jemand gefunden?

Jetzt erst bemerkt sie die gedämpften Stimmen, die zu ihr durch die halb geöffnete Tür an der gegenüberliegenden Seite des Frachtraums dringen, die in eine großzügig ausgestattete Fahrerkabine des Wohnmobils führt.

Blinzelnd versucht sich Mrs. O'Sullivan in ihrer Position so weit aufzurichten, dass sie die Hinterköpfe der beiden Damen vor sich erkennen kann, die zusammengebeugt auf den Vordersitzen der Fahrerkabine sitzen und sich im angeregten Flüsterton miteinander unterhalten. Noch steht der Wagen still; durch die breite Frontscheibe des Wagens sind lediglich die Schatten des Waldes und der bleiche Mond vor der Dunkelheit der sternenlosen Nacht zu erkennen. Von der Decke der Fahrerkabine baumeln zahlreiche religiöse Symbole und Runen.

Eine der Frauen – die deutlich jüngere der beiden –, hat welliges, blondes Haar mit dunklen Strähnen und trägt eine extravagante, schwarze, rechteckige Brille, die ihr markantes Gesicht und ihre großen, eisigen Augen hervorhebt. Sie gestikuliert wild mit den Händen, während ihrem breiten, Fischmaul-ähnlichen Mund panisch klingende Worte entweichen, die Mrs. O'Sullivan in ihrem Dämmerzustand aber nur schwer erfassen kann.

Not Today, Satan (Staffel 3) | 𝐒𝐞𝐫𝐢𝐞 || Der Fluch des TeufelsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt