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Das fremde Gesicht, das ich immernoch nur verschwommen erkennen kann, hält inne als es bemerkt, dass ich meine Augen geöffnet habe. Dann lässt die Hand prompt von mir ab und ich falle ohne den vorherigen Halt zu Boden wie eine Marionette ohne Spieler.
Ohne, dass ich es verhindern kann, fallen mir die Augen wieder zu und ich sacke auf dem Parkett zusammen. Meine Atmung ist schwer und jedes Einatmen fällt mir schwerer als das zuvor.

Als die Anstrengung nach einer längeren Zeit endlich abklingt, kann ich mich erstmals umsehen. Die Person ist verschwinden.

Der Raum in dem ich mich befinde ist recht klein, jedoch vollkommen durchflutet von Licht. Große Fenster säumen die Wände und hohe Bücherregale aus dunklem Holz umgeben mich.
Der harte Gegenstand an dem ich mich festgehalten habe war ein eckiges Tischbein, das zu einem breiten Schreibtisch gehört.
Ich fühle mich noch immer nicht stark genug, um aufzustehen, doch meine Augen haben sich allmählich an das Licht gewöhnt und meine Kopfschmerzen lassen langsam nach.
Als ich an mir heruntersehe fällt mir auf, dass ich keine Kleidung trage. Meine Knie sind rot und wund und haben feine Linien von Blut auf meinen Schienbeinen hinterlassen. Auch am Rest meines Körpers finde ich vereinzelt blaue Flecken und kleine Blutergüsse.
Was ist bloß passiert?

Etwa anderthalb Meter von mir entfernt auf dem Boden liegt eine zusammengeknüllte marineblaue Decke. Als ich sie erreiche, lege ich sie mir um die Schulter und versuche meinen Körper damit zu umhüllen in der Hoffnung, das Zittern und Klappern meiner Zähne lässt dadurch nach.

Dann schaue ich mich weiter im Zimmer um. Hier und dort steht eine Lampe, ein aufgehängtes Bild oder ein Briefbeschwerer, doch nichts gibt mir einen Anhaltspunkt darauf, wo ich mich befinde.

Ich erschricke als ich höre wie sich von draußen schwere Schritte nähern. Ein Klicken im Schloss später öffnet sich auch schon die Tür. Mein Rücken drückt sich noch näher an das Tischbein, wenn das überhaupt möglich ist, und ich beobachte ängstlich, was wohl als nächstes passieren könnte.

Ein großer Mann mit breiten Schultern und unlesbaren Gesichtszügen betritt den Raum und schließt die Tür direkt wieder hinter sich.
Für eine unerträglich lange Weile steht er einfach nur da und mustert mich eindringlich wie ich hier ängstlich auf dem Boden hocke, mich an das Tischbein klammere und meine Decke enger um mich schlinge.

Dann geht er einige Schritte auf mich zu, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben.
Kurz überlege ich, mich komplett unter dem Tisch zu verkriechen, doch da ist er auch schon bei mir. So nah vor mir stehend wirkt er noch größer als er ohnehin schon ist. Er trägt ein dunkles Hemd und eine Anzughose und schaut auf mich herab, den Kopf schräggelegt als würde er sich fragen, was ich gerade denke.

Ohne unseren Blickkontakt zu unterbrechen, sagt er: "Aufstehen."
Seine Stimme ist tief und kratzig und sein Tonfall gleicht dem einer Person, die alles bekommt, was sie befiehlt.
Ich bin wie erstarrt vor Angst, weil ich immernoch nicht weiß wo ich bin und wer dieser fremde Mann ist.

"Aufstehen.", knurrt er noch einmal, nachdrücklicher.

Als ich immernoch nicht reagiere, verziehen sich seine Mundwinkel und er beugt sich etwas zu mir herunter. Ich zucke zusammen als er mich am Arm packt und hochzieht. Verzweifelt versuche ich mich auf den Beinen zu halten, doch sie geben kraftlos direkt wieder unter mir nach.

Das scheint den Fremden wohl aber nicht zu stören. Er zieht mich einfach hinter sich her, während er Richtung Tür geht, als würde ich gerade einmal das Gewicht einer Milchpackung haben.

Ich ziehe zischend die Luft ein, als meine geschundenen Knie bei jedem seiner Schritte auf dem harten Boden aufkommen.
Habe ich hiervon vielleicht die Verletzungen an den Knien?

Nach nur einem strengen Blick von ihm, bin ich schnell still aus Angst was auf mich zukommen könnte, würde ich nicht seinem Willen nachkommen.

Meine Decke kann ich nicht mehr festhalten und so schleift er mich nackt durch zwei lange Korridore bis wir schließlich halten.

Ever SinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt