Beendet Teil 2

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 „Wenn das das einzige ist was du mir sagen wolltest, dann-...“

 „Nein“, unterbrach er mich. „Es gibt da...Dinge die du verstehen musst, die du einsehen musst.“

 „Wieso? Was für Dinge?“

 Taos Blick wurde schlagartig weich. „Hör mir zu.“ Er atmete ein und blickte wieder zu den Sternen hoch. „Ich erinnere mich nicht an meine Eltern, einen Teil meiner Kindheit habe ich in einem Armenhaus in China verbracht. Die Menschen dort lebten am Rande der Existenz, jeder Tag eine neue Herausforderung und jeder Tag begann mit dem Gebet, es möge nicht der letzte sein.“

 „Das verstehe ich nicht“, ich schüttelte ratlos den Kopf. „Du bist Magier. Magier wachsen im Palast auf, sie sind besonders und werden deshalb versteckt.“

 „Ich weiß nicht wer meine Eltern waren, deshalb kann ich nicht sagen ob und was für Magier sie gewesen sind. Als ich die Heimleiterin des Armenhauses einmal gefragt hatte, wo ich herkam und wie ich bei ihr gelandet war, erklärte sie mir, ein alter Bauer hatte mich schreiend auf einem Wiesenhügel gefunden. Ein Neugeborenes ohne Decke, ohne Schutz. Einsam und von der Welt ignoriert.“ Die Erinnerung gab seiner Stimme eine raue Klangfarbe. „Der Mann hatte anscheinend gezögert, mich schließlich dann doch aufgehoben und in die Obhut der Armenhausleiterin gegeben. Er wusste nicht was er mit mir anfangen sollte, der Ort der seiner Heimat, einem kleinen Bauernhof in den Bergen, am nächsten war, war zu klein, als dass er ein eigenes Waisenhaus gehabt hätte. Das Armenhaus schien ihm die nächst beste Alternative.

 Dort wuchs ich also auf, unter Kindern die ungefähr und doch irgendwie nicht, das gleiche Schicksal wie das meine ereilt hatte, und ganz alten Leuten, die im Zuge von Krankheit, Alter, oder als Invalide ihre Arbeit verloren hatten und sich kein eigenes Haus mehr leisten konnten.“

 „Viele Menschen sind in diesem Haus ums Leben gekommen, eingeschlafen und einfach nicht mehr aufgewacht. Kälte, Hunger und Krankheit hatten sie schließlich eingeholt und letztlich auch überholt. Die Menschen im Ort sagten, über dem Hause hing der Teufel, weil sich so viel Elend dort kanalisierte.“ Tao zuckte die Achseln. „Ob das gestimmt hat, habe ich nie erfahren.“

 „Wie-wie hast du überlebt?“, fragte ich zögernd. Das Schicksal des Jungen machte mich vorsichtig, gar behutsam und bedächtig.

 „Ehrlich gesagt habe ich auch darauf keine Antwort. Irgendwie habe ich es geschafft zu überleben. Das genaue Wie ist mir jedoch unklar. Vielleicht war es die Magie die in mir gelebt und geatmet hat. Vielleicht hat sie mein Kinderherz durch all die schweren Krisen hindurch unterstützt.“

 „Merkt man das...ich meine, das man Magie besitzt, das man Zaubern kann?“

 „Nein das merkt man nicht“, antwortete Tao lächelnd. „Zumindest nicht als Kind. Es war einfach ein Gefühl das seit jeher in meinem Inneren war, so wie sein schlagendes Herz, oder die Leber. Man akzeptiert es einfach als Teil von sich, ohne darüber großartig nachzudenken.“

 „Wie hast du es dann erfahren?“

 Sein Blick wurde traurig. „Es war ein Streit. Ein Junge der seit etwa einem Jahr im Armenhaus lebte, machte sich über mein helles Haar lustig, feigste und lachte darüber das die Sonne mir die schwarzen Haare wohl vom Kopf gebrannt hatte. Ich weiß nicht mehr, es war irgendwas sehr dummes, sehr kindisches eben.“ Tao biss sich kurz auf die Unterlippe. „Ich habe ihn ignoriert, wollte ihm nicht zeigen wie sehr seine Worte mich aufregten, mich wütend machten. Doch er machte sich einen Spaß daraus, er stieg auf mein Bett, hüpfte darauf herum und wiederholte die gemeinen Dinge immer und immer wieder, wie in Endlosschleife. Weil alle Kinder sich ein Zimmer teilten, war ich eigentlich bereits gewöhnt daran, ich hatte schon viel erlebt und gehört, doch als dieser Junge von meinem Bett herunter sprang, seine matschigen Schuhe überall dunkle Flecken hinterlassend, packte er mich am Hemdkragen. Meine Reaktion schien ihn nicht zu befriedigen, nun wollte er es mir ins Gesicht brüllen bis er den Kummer in meinen Augen sehen konnte und ich-“ Er nahm einen tiefen Atemzug. „Ich bin plötzlich ausgerastet. Es...es ging so schnell, plötzlich war der Junge in helles Licht getaucht und eine Sekunde darauf, verschwand das ganze Zimmer und all seine Bewohner in diesem Licht. Es dauerte keine zehn Sekunden und alles wurde wieder ruhig. Ich stand plötzlich im Zentrum eines Erdlochs, vom Haus und den Kindern oder Erwachsenen keine Spur zu sehen.

Königlich VerliebtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt