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„Wollen wir noch einen Film schauen?", frage ich Kiyan, nachdem wir die Lasagne aufgegessen haben.

„Solange du keine Liebesschnulze aussuchst, gerne", grinst dieser mich frech an und folgt meinem Beispiel, den Teller in die Spülmaschine zu stellen. Solche Gäste habe ich gerne hier, welche mit Benehmen und Ordnung.

„Pfff, was denkst du denn von mir", grinse ich zurück und bedeute ihm, mir zu folgen.

Als wir die Treppen nach oben steigen, habe ich das Gefühl beobachtet zu werden: „Sag mal, guckst du mir etwa auf den Arsch?", drehe ich mich um und tatsächlich! Der Schwarzhaarige besitzt doch echt die Dreistigkeit, meinen Allerwertesten zu begutachten.

„Ich? Niemals", streitet Kiyan lachend meine Anschuldigung ab, überholt mich und erreicht vor mir den ersten Stock, „Welches Zimmer?"

„Das Rechte."

Ich folge dem Jungen mit den blauen Augen und betrete kurz nach ihm mein mittelgroßes Schlafzimmer.

Kiyan steht unterdessen mitten im Raum und schaut sich neugierig um. Viel zu sehen gibt es nicht. Ein Kleiderschrank, ein kleiner Schminktisch, eine Kommode, ein Schreibtisch und mein Bett. Dann noch zwei große Fenster, an eines der beiden grenzt mein kleiner, aber feiner Balkon.

Ich gehe zum Schreibtisch und hole meinen bereits etwas in die Jahre gekommenen Laptop, mit dem ich mich dann auf das frisch überzogene Bett setze: „Also, auf welchen Film hast du Lust?" Zeitgleich zu meiner Frage, logge ich mich bei Netflix ein.

Kiyan lässt sich neben mir auf das Bett fallen und schaut nachdenklich aus dem Fenster nach draußen: „Wie wäre es mit Fast and Furious?"

„Perfekt, lass den siebten Teil schauen, dass ist der Beste!", stimme ich ihm, ohne Zögern zu und ernte dafür einen verwunderten Blick seinerseits.

Ich rutsche auf dem Bett zurück, sodass ich mich mit meinem Rücken an das Kopfteil anlehnen kann. Kiyan tut es mir gleich.

Wir schauen schweigend den Film, während es draußen langsam beginnt zu dämmern. Erst jetzt wird mir bewusst, wie nah Kiyan und ich uns eigentlich sind. Seine starken Oberschenkel drücken gegen meine und seine muskulösen Arme berühren meine ebenfalls. Es ist still im Raum, bis auf unser gleichmäßiges Atmen.

„Schauen wir nochmal einen Teil? Oder schmeißt du mich jetzt raus?", erklingt Kiyans Stimme, als der Abspann über den Bildschirm läuft. Dabei fährt er sich verschmitzt grinsend mit den Händen durch sein schwarzes Haar.

„Wir können nochmal einen Teil gucken. Hier", meine ich und drücke ihm den Laptop, der zuvor auf meinem Schoß stand, in die Hand, „Ich muss schnell auf Toilette."

Wenige Minuten später betrete ich mit leerer Blase mein Zimmer und geselle mich zu Kiyan auf das Bett.

Als er den Film startet, ist es draußen schon fast vollständig dunkel. Die Zeit heute ging sehr schnell um.

Da ich so langsam keine gemütliche Position mehr finde, rutsche ich unruhig hin und her. Doch es hilft nichts, alles ungemütlich.

Mein Nebensitzer kommentiert das alles mit einem genervten Schnauben, legt kurzerhand seinen Arm um mich und zieht mich mit einem Ruck an sich heran.

„Hey!", rufe ich aus und schaue den Schwarzhaarigen vorwurfsvoll an.

„Was denn? Bleib einfach liegen." Unberührt zuckt er mit den Schultern und verfestigt seinen Griff um mich. Nun liege ich eng neben ihm, meine Brust ist an seine Seite gepresst und mein eines Bein liegt leicht auf seinem. Zu meiner Überraschung ist die Position sehr bequem. Also gebe ich nach und lege mit einem leisen Seufzen meinen Kopf auf seine Brust.

Bereits nach wenigen Minuten kämpfe ich darum, meine Augen offen zu halten. Es war ein langer Schultag. Als Kiyan jedoch beginnt langsam durch meine braunen Haare zu streichen und meinen Kopf entspannt zu kraulen, kann ich nicht anders und schließe meine Augen. Tut das gut!

Ich spüre nur noch, wie Kiyan sich einmal stark bewegt, wahrscheinlich stellt er den Laptop zur Seite, dann beide seiner Arme um mich schlingt und kurz darauf ertönt sein ruhiges Atmen.

✼ ✼ ✼

„Allison! Allison!", weckt mich die aufgeregte Stimme meiner Mutter.

„Hmmm", grummle ich verschlafen und kuschle mich tiefer in mein warmes Kissen. Warum bewegt sich denn mein Kissen? Komisch.

„Junge Dame! Kannst du mir erklären, warum ein fremder Junge in deinem Bett liegt?! Wohlgemerkt mit dir!"

Oh shit!

Erschrocken fahre ich hoch und schaue abwechselnd von meiner Mutter, die mit verschränkten Armen im Türrahmen steht, zu Kiyan, der auch langsam aufzuwachen scheint.

„Ähhh", gebe ich wenig hilfreich von mir.

„Allison!"

Neben mir setzt sich jetzt auch Kiyan langsam auf und schaut meine Mutter verwirrt an. Langsam scheint er zu begreifen, wo er ist und wer da vor ihm steht, denn es schleicht sich ein ehrliches Lächeln auf sein Gesicht und er antwortet: „Ich bin Kiyan. Ein Freund von Allison, wir kennen uns vom Footballspiel."

„Ein Footballspieler? Wirklich, Alli?", seufzt meine Mum resigniert. Yup, sie kann Footballer nicht leiden. Mein Dad war auch einer und der ist kurz nach meiner Geburt abgehauen. Wir sind also nicht unbedingt die klassische Bilderbuchfamilie.

„Es ist nicht so, wie du denkst", bringe ich auch endlich einen ganzen Satz zu stande, da ich mir vorstellen kann, in welche Richtung die Gedanken meiner Mutter gehen.

„Ich denke", meint meine Mutter und betont das denke dabei besonders, „Dass ich wohl bald einen Footballspieler als Schwiegersohn haben werde. Nun ja, ich bin Allison's Mutter, du darfst mich aber Clary nennen", stellt sie sich dem Schwarzhaarigen neben mir vor, „Frühstück ist fertig." Dann dreht sie sich einfach um und verschwindet die Treppe nach unten. Okay? Was war denn das.

„Ich bin dann wohl offiziell in der Familie aufgenommen", scherzt Kiyan und steht auf, um sich ausgiebig zu strecken, „Mir tut alles weh, aber du hast geschlafen, wie ein Baby."

„Sei froh, dass sie so lässig reagiert hat. Ich dachte echt, die reißt mir gleich den Kopf ab", erwidere ich und verlasse ebenfalls das Bett. Da es relativ frisch ist, hole ich mir einen Pullover aus meinem Schrank und ziehe ihn mir über.

„Ich bin halt einfach liebenswert", gibt Kiyan eingebildet von sich.

„Los, wir gehen frühstücken. Ich habe hunger", beschließe ich und laufe voran die Treppe hinunter in die Küche, wo meine Mum bereits wartet. Ich habe da so ein Gefühl, dass Kiyan gleich einem polizeiähnlichem Verhör unterzogen wird. Da wünsche ich ihm viel Spaß.

Kaum sitzt der Schwarzhaarige mit uns am Tisch, kann meine Mutter ihre brennenden Fragen nicht mehr zurückhalten: „Also Kiyan - richtig? - wie alt bist du? Du spielst Football, welche Mannschaft? Was machen deine Eltern beruflich?"


Da wurden sie wohl von Allison's Mutter erwischt. Upsi.

Denkt ans voten. <3

Kiyan | ✓Where stories live. Discover now