Fünf

90 13 7
                                    

Am nächsten Morgen entschied ich mich dazu, zu Fuß zu gehen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Am nächsten Morgen entschied ich mich dazu, zu Fuß zu gehen. Man musste die Umwelt schließlich nicht unnötig belasten, wenn man zwei gesunde Beine hatte, die einen von A nach B tragen konnten.
Außerdem hatte ich mächtig Angst, dass Noah mir in die Quere kam und meine Mum dabei war. Diesem Typ war es nämlich mit Sicherheit egal, ob meine Mutter neben mir stand oder nicht. Er würde zu mir kommen und mich dann wieder so berühren und ich...

Schnell stoppte ich meine Gedankengänge, die mich fast unter die Räder eines Autos gebracht hätten. Wütend starrte der Autofahrer mich an und deutete an die Schläfe. Ja, ich hatte sie nicht mehr alle. Endlich mal jemand, der das feststellte. Wo war die Hilfe?
Ich beeilte mich, von der Straße runter zu kommen, auf die ich per Autopilot gekommen bin, denn ich überquerte immer an dieser Stelle die Straße.
Das Auto raste hinter mir davon.
Ich seufzte nur und hielt den Blick gesenkt. Noah würde mich noch umbringen. Gerade war es nämlich verdammt knapp gewesen.

Viel zu schnell erreichte ich das Schulgebäude. Cecilia stand bei Amelie und Vivian, die sich bestimmt gerade wieder die Neuigkeiten über den ach so tollen Noah erzählten.
Langsam schlenderte ich zu meinem Spind hinüber und suchte in aller Seelenruhe meine Bücher heraus, die ich brauchte.
Plötzlich spürte ich eine Präsenz hinter mir. Der Atem, der sich durch meine dunkelblonden Locken kämpfte und meine Kopfhaut kitzelte, roch nach Minze. Ich mochte Minzzahnpasta. Es gab verrückte Leute, die sich mit Erdbeergeschmack die Zähne schruppten, dabei verlieh Minze einem das Gefühl von Sauberkeit.

»Hey Cecil, ich bin gleich soweit. Ich brauche nur noch mein Bioheft. Scheiße, ich find's nicht. Dauert vielleicht doch länger. Geh am besten schonmal vor«, sagte ich, während ich mich auf Zehenspitzen stellte und halb in den Schrank hinein kroch, der so dunkel war, wie ein Maulwurfbau. Verdammt, wo war mein gottverdammtes Bioheft?
»Nicht ganz«, hauchte eine tiefe Stimme und ich hielt inne. Beinahe erstarrte ich und war unfähig, mich zu bewegen. Von der Seelenruhe war keine Spur mehr.

»Wenn du ein bisschen Platz machst, dann kann ich dir vielleicht suchen helfen.«
Ich hätte fast laut los gelacht. In die Schließfächer würde nichtmal ich hinein passen und ich war wirklich dünn. Wie stellte sich der Herr das denn vor und ja, ich wusste, dass es Noah war. Mein Körper wusste es, bevor mein Gehirn die Stimme identifizieren konnte.
»Ich schaff das schon. Könntest du vielleicht etwas weg gehen. Du stehst da ziemlich nah hinter mir«, sprach ich und wagte es nicht, ihn anzusehen, denn ich wusste, dass seine Augen mich sofort aufsaugen würden.

»Ich mag es, wenn ich Leuten nah bin«, flüsterte er mir zu und ich bin mir sicher, er konnte die Gänsehaut auf meinem Hals sehen. Dieser verdammte Mistkerl!
»Schön für dich«, redete ich noch immer zu meinem Spind, bis Noah mich aus meinem Maulwurfbau heraus zog und sich an mir vorbei zu meinem Schrank schob.
»Lass mich mal gucken.«
Er zog sein Handy heraus und schaltete die Taschenlampe an. Okay, jetzt fühlte ich mich wirklich bescheuert. Warum war ich nicht schon vorher auf diese Idee gekommen? Mein Hirn funktionierte in seiner Gegenwart einfach nicht. Da hatte ich wieder den Beweis. Und da sollte ich jetzt auch noch einen guten Abschluss schaffen, wenn ER in meiner Klasse war und NEBEN mir saß?

»Buh, du hast da wirklich ein bisschen Chaos drin«, hallte die Stimme des Unwiderstehlichen zu mir und ich senkte verlegen den Blick, was Noah zum Glück nicht sehen konnte.
Ja, mein Schließfach war definitiv chaotisch. Das lag daran, weil ich nach Schulschluss immer alles einfach hinein stopfte und die Tür schnell zu schlug. Viele Bücher hatten wegen dieser Taktik leiden müssen und hatten Eselsohren ohne Ende.

Ich erlaubte mir, meinen Blick über den Körper des anderen gleiten zu lassen. Im Gegensatz zu mir hatte er Muskeln. Er sah aus, als würde er regelmäßig Sport machen und das stand ihm. Ich wollte dieses Wort nicht denken, denn dann würde ich wohl wirklich immer mehr schwul werden, aber er war...heiß.

»Okay, ich hab's. Hier, du kleiner Chaot. Ich geb dir zwei Tipps. Erstens, schaffe da drinnen Ordnung und zweitens, Kauf dir ein Schranklicht.«
Sein Tonfall war so sanft, wie der warme Sand am Strand und ich würde am liebsten meinen ganzen Körper darin vergraben.
Ich sah zu ihm hoch und stellte fest, dass ich es mochte, dass er größer war, als ich. Zwar kam es mir so vor, als wäre er ein Riese, aber das war mir egal. Vielleicht mochte ich Riesen...

»Danke, ich werde sie mir zu Herzen nehmen«, gab ich grinsend zurück und steckte mit meinem Grinsen den anderen an. So standen wir also da, im Flur der Schule und grinsten, wie zwei Vollidioten.
»Hey Marcus!«
Cecilia kam zu mir herüber gelaufen und ich war ihr dankbar, denn sonst hätte ich den ganzen Schultag hier draußen mit Noah, zur Salzsäule erstarrt, verbracht und hätte ihn angegrinst, wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland.
Ihre braunen Haare flogen nur so, wie in diesen Shampoowerbungen und das kurze Sommerkleid hüpfte auf und ab. Wenn ich sie nicht so gut kennen würde, wäre mir gar nicht aufgefallen, dass sie es heute wohl extra kurz wollte.
»Hey Noah«, schnurrte sie schon fast und grinste ihn an. Na toll, jetzt standen wir hier zu dritt und grinsten.

Ich räusperte mich. »Hey, ich hab schon gedacht, du tauchst gar nicht mehr auf. Haben deine Freundinnen dich so in Beschlag genommen?«
Ich hätte die Klappe halten sollen. Diese Aussage gehörte direkt in die Tonne, aber immerhin hatte ich was gesagt.
»Ach, du weißt schon. So Mädelssachen eben«, gab sie zurück und blickte immer wieder verstohlen zu Noah, der gottverdammt nochmal mich an sah!
»Okay, ich lass euch zwei dann mal alleine. Wir sehen uns in der Klasse.«
Ich hatte gedacht, er setzte noch was hinten nach, denn dieser Satz hatte sich so unfertig angehört, aber offenbar war ihm in letzter Sekunde noch aufgefallen, dass Cecilia neben mir stand.
Ich nickte nur und hob zögernd die Hand. Dann ging er und ich sah ihm nach. In meinem Kopf erklangen dramatische Geigen und er bewegte sich in Zeitlupe, doch Cecilia brachte mich mit ihrem Geschwärme über den „heißesten Jungen der Welt" zurück in die Welt, in der keine Geigen spielten und alle in normaler Geschwindigkeit über die Flure liefen. Gott, ich drehte noch völlig durch. Vielleicht sollte ich mir helfen lassen. Das hatte ich wohl dringend nötig...

 Das hatte ich wohl dringend nötig

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
The left oneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt