Kapitel III - Chloes Spuren

7 4 0
                                    

„Ich frag nicht, wer das ist." Snake sah nicht auf, als ich mit Hope das alte Herrenhaus betrat. Er hatte sich über seinen Computer gebeugt. Seine buschigen weißen Augenbrauen zuckten, während seine Finger rastlos auf der Tastatur herumtippten. Sein Rollstuhl quietschte ein wenig, als er sich langsam zurücksinken ließ.

Ich räusperte mich. „Hope, das ist Snake. Er heißt eigentlich ..." Snake warf mir einen panischen Blick zu und ich brach ab. „Er redet nicht gern darüber. Er lässt mich bei sich wohnen, im Gegenzug dafür kümmere ich mich um ihn."

Hope verneigte sich. Die hellen Augen funkelten im Halbdunkel des Zimmers.

„Ich kondoliere für Ihre verlorenen Beine, Herr Snake."

Bonum et malum scio." Snakes Stimme klang höher, wie immer, wenn er Latein sprach. „Ich will nicht wissen, wer du bist, wo du herkommst oder was das alles bedeutet. Aber schön, dich kennenzulernen."

„Ich könnte diese Fragen ohnehin nicht beantworten", entgegnete Hope leichthin.

Ich warf einen Blick auf den Bildschirm. „Was machst du da?" Normalerweise stimmte es Snake gnädig, wenn man sich für seine Arbeit interessierte.

„Ich programmiere meine KI so, dass sie eine Welterschaffung simuliert."

„Aha." Ich hatte kein Wort verstanden. Kurz herrschte Schweigen.

„Kann Hope bleiben?", fragte ich schließlich. „Bitte!"

Snake brummte etwas Unverständliches. „Ich bin viel zu weich."

Erleichtert nahm ich Hopes Hand und zog meinen Gast hinter mir her.

„Du kannst dir ein Zimmer aussuchen. Die meisten stehen leer!"

„Ein Zimmer?", flüsterte Hope. „Was ist ein Zimmer?"

_____________________

„Deine Freundin ist also verschwunden", wiederholte Hope. „Und du versuchst, sie zu finden."

Ich nickte. Hope saß auf dem Bett und strich mit den Fingern unsicher über das weiche Laken.

„Wirst du mir helfen?", fragte ich leise.

Hope nickte. Ein Lächeln legte sich auf das ebenmäßige Gesicht.

„Ich weiß nicht, warum ich geboren wurde. Aber in deiner Nähe fühlt sich meine Existenz ... richtig an."

Ich lächelte unsicher. „Das ... äh ... freut mich."

Hope räusperte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Erzähl mir alles über deine Freundin. Und über dein Leben. Und über diese Welt. Und alles weitere."

Ich räusperte mich verlegen. „Es gibt da eigentlich nicht viel zu erzählen." Ich sah betreten zu Boden. Hope musterte mich unbeirrt. Ich holte tief Luft.

„Ich bin genau wie du", sagte ich leise. „Ich kann mich an nichts erinnern. Vor zwei Jahren tauchte ich hier in der Stadt auf. Snake hat mich gefunden und adoptiert. Er lebt allein in diesem riesigen Haus am Stadtrand. Ich glaube, er wurde langsam etwas einsam." Ich holte Luft. „Chloe war meine einzige Freundin. Sie wohnte auch hier und hatte ebenfalls keine Erinnerungen an ihr früheres Leben . Wir wollten gemeinsam mehr herausfinden, aber vor einer Woche verschwand sie. Spurlos." Ich schluckte. „Jack und seine Kumpels wissen etwas. Sie hatten Chloe schon immer auf dem Kieker." Ich sah Hope unsicher an. „Das ist mein einziger Hinweis."

Hope nickte. „Dann bitten wir sie einfach um Hilfe."

Ich hob eine Augenbraue. „Hast du vergessen, was sie mir antun wollten?"

Der Anflug eines Lächelns erhellte Hopes Züge.

„Sünder können bekehrt werden."

Kinder der Hölle - eine LiebesgeschichteWhere stories live. Discover now