v i e r u n d z w a n z i g - 02

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„Nolan, ich brauche mal deine Hilfe in der Backstube. Da sind zwei Kisten, die echt schwer sind." Brianna schiebt sich in mein Blickfeld. Sie greift nach Nolans Arm und versucht ihn dazu zu bewegen, sich ihr anzuschließen. Erst wehrt er sich gegen ihre Aufforderung, dann fällt sein Blick auf mich.

„Ich schmeiße ihn raus, wenn du das möchtest", flüstert er mir zu. Er hat sich von seinem ehemaligen Freund abgewandt und sieht mir fest in die Augen. Es ist unmöglich ihm zu verheimlichen, was ich wirklich will. Wenn ich es mir recht überlege, muss ich das auch gar nicht.

Ich recke das Kinn ein wenig in die Höhe und atme tief durch. „Lass nur. Die Leute sehen schon zu uns", wiege ich seine Worte ab. Mit einem Kopfnicken deute ich in den Innenraum des Cafés. In Wahrheit habe ich keine Ahnung, ob unsere Unterhaltung unerwünschte Zuhörer erreicht hat.

„Ich möchte wissen, was er zu sagen hat", schiebe ich wahrheitsgemäß hinterher. Nolan verengt die Augen zu kleinen Schlitzen, gibt sich dann aber geschlagen. Er seufzt leise. „Wenn etwas ist, ruf mich. Ich komme sofort", verspricht er mir. Dankend sehe ich ihm nach, wie er sich Brianna anschließt und in die Backstube geht. Ich habe zwar keine Ahnung, von welchen Kisten sie gesprochen hat, aber ich bin froh über die Minuten, die sie uns damit beschafft hat.

„Würdest du mit mir nach draußen kommen? Da ist es ein wenig ruhiger." Über die Schulter zeigt er mit dem Finger auf die Ladentür. Einen Moment lang zögere ich, bevor ich nicke und nach der ersten Jacke greife, die mir in die Quere kommt. An dem lieblichen Parfüm merke ich, dass es Bries ist, was mich nicht daran hindert, sie mir umzulegen.

Rafael lässt mir den Vortritt und ich spüre seine Anwesenheit bei jedem Schritt, den ich Richtung Tür wage. Mit einem Mal habe ich das Gefühl, die Augen aller Anwesenden wären auf mich gerichtet. Ich fühle mich unwohl und kann nicht entscheiden, ob ich mir dieses Gefühl einbilde oder man uns tatsächlich beobachtet.

Als ich die Tür aufziehe und kalte Dezemberluft mir entgegenströmt, entspannen sich meine Muskeln ein wenig.

Rafael ist nur selten in der Stadt. Es ist kaum möglich, dass ihn jemand kennt. Warum also sollten es die Leute komisch finden, wenn ich mit ihm vor die Türe gehe?

Ich lehne mich mit dem Rücken an der Hauswand an und warte darauf, dass er die Tür hinter sich zuzieht. Augenblicklich verstummen die Weihnachtsmusik und die fröhlichen Unterhaltungen der Gäste. Jetzt sind da nur noch er und ich.

„Du hast einen Job?", fange ich das Gespräch an. Vielleicht kann ich mir während seiner Erzählung darüber klarwerden, ob ich möchte, dass wir diese Unterhaltung weiterführen oder nicht. Vor seinem Erscheinen bin ich der festen Überzeugung gewesen, dass ich ihn nicht in meinem Leben brauche und das Ganze eine schöne Weihnachtsromanze war, wir aber nicht für mehr bestimmt sind.

Jetzt bin ich mir immer noch sicher, dass ich ihn in meinem Leben nicht brauche.

Aber vielleicht will ich ihn.

„Das stimmt. Einen Tag nach unserem Streit habe ich mich auf die Suche nach einer Ausbildungsstelle gemacht. Hier in der Stadt. In dem Restaurant an der Hauptstraße hatte ich Glück. Sie haben mich gleich am nächsten Tag auf ein Vorstellungsgespräch eingeladen, im neuen Jahr kann ich bei ihnen die Ausbildung zum Koch anfangen", berichtet er. Stolz schwingt in seiner Stimme mit und ich hebe den Blick an.

Zimtherzen ₂₀₂₁ | ✓حيث تعيش القصص. اكتشف الآن