2 - Tage im Licht

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(Raven & Cambriel)

Vogelzwitschern umgab die verschlungenen Gestalten, die nichts davon mitbekamen. Kühles Seewasser schwappte gegen ihre Rücken, aber ihre Körperwärme hielt den jeweils anderen warm. Glitzernd verliefen sich die Wellen, die ihre vorsichtigen Bewegungen hervorriefen, lautlos im wildwachsenden Grün der Ufer. Fernab vom Zentrum des Geschehens konnten sie hier die Ruhe genießen, die ihnen im Inneren des Palasts so oft verwehrt blieb. Ravens schwarzes Haar umgab sie unter der Oberfläche des klaren Wassers schwebend, sodass ihre schlanke Statur dazwischen zu verschwinden schien. Die Sonne hatte ihren Abstieg bereits begonnen und die Finger der Verschlungenen waren vom Wasser runzlig geworden, aber keiner der beiden war bereit, diesen Moment enden zu lassen. Dunkles Haar mischten sich mit goldenen Locken, als sie erneut miteinander verschmolzen. Weder Raven noch der blonde Prinz, dessen Arme sie an ihn drückten, verschwendeten einen Gedanken an die Schicklichkeit in dieser Situation.

Ihre Lippen prickelten, als Raven sich mit sichtbarem Widerwillen von Cambriel löste und ihn unter schweren Lidern ansah. Seine fein gemeißelten Züge waren von einer leichten Röte überzogen, die sich zweifelsfrei auch bei ihr finden ließe. Alles in ihr verlangte danach, den verbliebenen Anstand über Bord zu werfen und sich von ihren Gefühlen leiten zu lassen; die Luft der wenigen Zentimeter, die ihre Lippen nun voneinander trennten, schien zu knistern, und Raven wusste, was sie tun musste. In stillem Einverständnis tauschten die Badenden einen Blick, während sie seinen Arm ergriff, um den See über einige in den Boden gesetzten Steinstufen zu verlassen. Die geschichteten, jedoch halbtransparenten Stoffbahnen ihres aquamarinfarbenen Kleids wogen schwer nach dem ungeplanten Bad; Cam bemühte sich nicht zu starren, während er sein eigenes Hemd ausdrückte und sich über die Unkompliziertheit von Männerbekleidung freute. Obwohl beide sich fragten, wie lange es noch gutgehen würde, sich auf diese Art und Weise davonzuschleichen, hielt sie das Bewusstsein darum, mit dem Feuer zu spielen, nicht davon ab.

Raven schlüpfte in die flachen Sandalen, die sie achtlos am Ufer zurückgelassen hatte. Ohne auf eine Aufforderung zu warten, reichte Cambriel ihr den dünnen Seidenmantel, den er mitgebracht hatte. Schmunzelnd ließ die dunkelhaarige Prinzessin zu, dass er ihn um ihre Schultern legte, obwohl ihr derzeitiger Zustand am Hof ihrer Familie weder überraschen noch verstimmen würde.

"Es ist schön um diese Jahreszeit. Möchtest du im Frühling heiraten?" Cam vermied es seine Begleiterin anzusehen, da er ihren Gesichtsausdruck erraten konnte, aber als sie aufseufzte, konnte er nicht länger an sich halten. "Wie lange willst du dich noch davor drücken, einen Termin auszusuchen? Soll ich alt und grau werden? Gefällt dir das?"

Trotz der Irritation, die Raven bei seiner Beharrlichkeit empfand, brachte sie sein Tonfall zum Lächeln.

"Wenn wir warten, bis du mir gefällst, dann reicht eine Lebenszeit womöglich nicht aus", erwiderte sie mit einem lebhaften Funkeln in den braunen Augen.

"So ist das also."

Cam streckte den Arm aus, um mit einer schwarzen Strähne ihres dicken Haars zu spielen. Auf der Höhe ihrer Schulter verweilte er einen Moment, bevor er seine Finger über die blasse Haut gleiten ließ, die noch etwas Seewasser benetzte. Ihre Gänsehaut hatte nun nichts mehr mit der Kälte zu tun.

"Du findest mich widerwärtig. Vollkommen verständlich. Aber dagegen kann ich nichts tun, also können wir genauso gut heute wie morgen heiraten."

Mit einem kleinen Lächeln pflückte Raven die Hand des Prinzen von ihrem Arm und verschränkte ihre Finger mit seinem. Ohne sich um eine Antwort zu bemühen, zog sie ihn auf einen Trampelpfad, der sie auf schnellstem Weg zurück in das lebhafte Chaos führte, das den Wasserpalast auszeichnete. Der Wildwuchs des Seeverstecks machte Platz für geometrisch angelegte Springbrunnen, Obstbaumalleen und dicke Marmorsäulen, um die sich flatternde Stoffbahnen und Blumengestecke wanden. Als sie den ersten Fuß auf die bemalten Mosaiksteine setzten, die Besucher auf verschlungenen Wegen durch die Wassergärten führten, war bereits nichts mehr von dem Dickicht zu erahnen, das hinter ihnen lag. Nur wenige Spaziergänger musterten die wirre Frisur der Prinzessin, die eine Spur aus Wassertropfen hinter sich herzog, mit Verwunderung, und Raven machte sich eine Aufgabe daraus, jeden einzelnen davon breit anzulächeln.

KupferkindWhere stories live. Discover now