Das Urteil

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„Sie haben vermutlich von dem Unfall mitbekommen?“, fragte Dumbledore sein Blick ruhte auf dem Hauslehrer von Slytherin.
Slughorns Augen trübten sich.
„Ja, das habe ich. Es ist schrecklich, dass jemand so kaltherzig war und einen Schüler verflucht hat. Zu meiner Zeit hätte es das in Hogwarts nicht gegeben, Albus.“, sagte Slughorn trotzig. Dumbledore verschränkte seine Arme beleidigt, als wäre es seine Schuld gewesen, dass James Potter angegriffen wurde.
Severus sank ängstlich auf seinem Stuhl zusammen.
Nervös kratze er mit den Fingernägeln auf seinem Handrücken herum, bis die Haut einen rötlichen Ton annahm.
„Horace, der Grund, weshalb ich dich hergeschickt habe, ist, dass wir den Täter bereits ausfindig machen konnten.“, sagte Dumbledore trocken.
Slughorn hob verwirrt eine Augenbraue.
„Und wieso bin ich alleine hier?“, fragte er verzweifelt und drehte sich nach links und nach rechts, als würde er Ausschau nach den anderen Professoren halten.
„Weil der Täter aus deinem Haus kommt, Horace.“, antwortete Dumbledore und sah, wie der Mund des Hauslehrers von Slytherin geschockt herunterklappte, „Es war Snape.“
Für einen Moment saß Slughorn einfach nur da, als würde er nach den richtigen Worten suchen, die ihm nicht einfielen.
Severus hatte die Augen zugekniffen und in seinem Kopf rauschte es.
Er hatte fürchterliche starke Kopfschmerzen.
Hinzu kam der Drang, all seine Wut, Trauer und Enttäuschung herauszuschreien.
„Snape? Severus Snape?“, fragte Slughorn entsetzt nach einer Weile mit zittriger Stimme.
Mit aller Kraft versuchte Severus seine Tränen zurückzuhalten.
Die Kopfschmerzen wurden so stark, dass er befürchtete, sein Kopf würde jeden Moment explodieren.
Für eine Sekunde fragte sich Severus sogar, ob der Tod vielleicht sogar angenehmer sei als das Gespräch zwischen den zwei Lehrern.
„Falls es wirklich stimmen sollte, so bin ich für eine sofortige Suspendierung, Albus. Snape ist eine Gefahr für jeden hier in Hogwarts.“, sagte Professor Slughorn knapp und presste die dünnen Lippen aufeinander.
Mit glasigen Augen starrte er an Dumbledore vorbei in die Leere.
Severus, der die Augen noch immer fest zusammengekniffen hatte, rollten vereinzelt Tränen über das bleiche Gesicht. Er konnte nicht fassen, was sein Hauslehrer gerade gesagt hatte.
Suspendierung.
Sofortige Suspendierung.
Selbsthass fing an sein bereits gebrochenes Herz aufzufressen.
Severus wusste, dass er alles verloren hatte.
Alles.
Einfach alles.
Er hatte seine Freunde, Lucius und Bellatrix, vernachlässigt.
Er hatte das Vertrauen von Lupin und Lily missbraucht.
Er hatte Potter fast in den Tod geschickt.
Er hatte Professor Dumbledore, Professor McGonagall und Professor Slughorn enttäuscht.
Severus würde nie wieder nach Hogwarts zurückkehren.
Stattdessen müsste er zurück zu seiner Familie nach Spinner's End.
Die Schläge seines Vaters wieder ertragen.
Die ständigen Streitereien seiner Eltern täglich miterleben.
Jede Nacht mit der Angst, sein Vater würde ihn im Schlaf etwas antun, zu Bette gehen.
„P-Professor, ich bitte Sie! Ich will hier bleiben! Ich will in Hogwarts bleiben!“, schrie Severus voller Trauer, sodass es in seinen Ohren nur noch mehr zu rauschen begann. Er versuchte seine Stimme zu zügeln, doch inzwischen konnte er nicht anders, als sich die Seele aus dem Leib zu schreien. Severus' Kehle war trocken und brannte wie Feuer. Seine Augen schmerzten höllisch vom vielen Weinen.
Seine Worte überschlugen sich und er sah in das erschrockene Gesicht von Professor Slughorn.
„Es tut mir leid, Snape. Ich kann und werde nicht zulassen können, dass Sie weiterhin Hogwarts besuchen. Die Gefahr wäre viel zu hoch.“, sagte er und seine alten Augen verengten sich, „Sie sind eine Gefahr für sich selbst und für andere.“
Mit diesen Worten schloss Slughorn seine Rede ab, nickte Professor Dumbledore aufrichtig zu und verließ schweigsam das Büro.
Severus drehte seinen hochroten Kopf zu Dumbledore. Er hatte das Bedürfnis etwas zu sagen, jedoch fehlten ihm die Worte. Die Aussage von Professor Slughorn fühlte sich wie ein Stich ins Herz an.
In Severus' Kopf hallten seine Worte.
Eine Gefahr für sich selbst.
Eine Gefahr für alle anderen.
War Severus tatsächlich so ein schrecklicher und grausamer Mensch, der am besten für den Rest seines Lebens in Askaban hocken sollte? Fern von allem, was das Leben wertvoll machte und wofür es sich zu leben lohnte? Wo die Dementoren seine dunkle und kalte Seele aussaugen würden? Wo er langsam den Verstand verlieren würde?
„Ich kann leider nur das wiederholen, was Professor Slughorn eben gesagt hat. In gewisser Weise stimme ich ihm zu, obwohl ich sein Urteil zu radikal finde.“, sagte Professor Dumbledore leise.
Er nahm seinen Zauberstab, welcher vor ihm auf dem Tisch lag, in die Hand und tippte vorsichtig die flackernden Flammen der zwei Kerzen an. Sofort erloschen diese und Severus wusste, dass auch Dumbledore ihm nichts mehr zu sagen hatte.

Five Sickles - eine Snily Fanfiction (Deutsche | German Version)Where stories live. Discover now