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„Ja, ich bin es!", schrie Remus und zog mit zittrigen Händen seinen Zauberstab hervor, „Du gehst jetzt besser, sonst wird es dir noch leidtun!".
In den grünen Augen des Gryffindors hatten sich Tränen gesammelt, die er versuchte mit aller Kraft zurückzuhalten.
„Ich werde nicht gehen, bis du mir sagst, was du hier machst, Lupin.", entgegnete ihm Severus mit ernster Stimme und richtete seinen Zauberstab auf den Jungen.
Remus ließ seinen Arm langsam sinken und setzte sich wieder auf den Boden.
Eine Träne rollte ihm über das vernarbte Gesicht.
„Ich bekomme diesen Trank einfach nicht hin.", murmelte er und fing leise an zu schluchzen, „Und dabei habe ich schon versucht, mit Hilfe dieses Buchs meinen Trank zu brauen, aber-"
Severus' Augen fingen an zu funkeln, als er sah, wie Remus das Buch aus seiner Tasche zog, welches er am Vorabend im Artefakteraum vergessen hatte.
„Gib das her!", drohte der Slytherin und kam einen Schritt näher auf ihn zu.
Etwas verwirrt schaute Remus zuerst auf das Buch, dann auf Severus und dann wieder auf das Buch.
„Nein, das kann ich nicht! Es stehen merkwürdige Dinge in dem Buch, die angeblich zur Verbesserung von Tränken dienen sollen.", erklärte Remus und presste das Buch fest an seine Brust.
„Verdammt nochmal, Lupin! Gib es her!", schrie Severus und schmiss sich auf den Gryffindor, um ihm das Buch zu entreißen.
Remus wich vor Schreck zurück und stieß dabei aus Versehen den kochend-heißen Kessel um.
Die Flüssigkeit verteilte sich auf dem ganzen Boden und tränkte den Umhang von Remus in ein schimmerndes Grün.

Unruhig tippte Sirius mit seinen Fingern auf dem Tisch. Remus war schon länger weg als sonst.
„Wo bleibt denn Moony?", fragte er James, der ebenso unruhig schien.
James ließ seinen Blick durch die große Halle wandern. Von Remus fehlte jede Spur.
„Denkst du, es gibt ein Problem mit dem Trank?", fragte Sirius.
„Ob es Probleme mit dem Trank gibt weiß ich nicht, aber beim Tisch der Slytherins scheint es auch ein Problem zu geben.", meldete sich Peter zu Wort und zeigte zu Lucius und Bellatrix, die besorgt durch die Halle schauten.
„Anscheinend ist Snape auch verschwunden. Liegt wahrscheinlich halbtot im Krankenflügel!", kicherte James und schaute zu Lily, die direkt neben ihm saß. Doch Lily schien über den Kommentar von James nicht sonderlich erfreut zu sein.
„Sei nicht so gemein, James. Was ist, wenn Snape etwas zugestoßen ist?", sagte Lily verängstigt und biss sich auf die Unterlippe.
„Oh ja, vielleicht ist er einem Troll begegnet!", höhnte James. Peter fing sofort an zu lachen und präsentierte somit jedem seine viel zu langen Vorderzähne.

Plötzlich stand Sirius auf und rief: „Da ist er! Da ist Moony!"
Sirius rannte hinüber zum Eingang der Halle und umarmte seinen Freund.
„Moony, wir haben uns solche Sorgen gemacht! Wo warst du und..", er trat einen Schritt zurück und sah Remus von oben bis unten an, „Wie siehst du überhaupt aus?"
Die grüne Flüssigkeit des Tranks tropfte von seinem Umhang auf den Boden. Seine braunen Haare waren zerzaust und sein Pullover hatte einige kleine Löcher.
Das es eine Auseinandersetzung mit Severus gab und sie sich wegen einem Buch geprügelt hatten, wollte er erstmal nicht ansprechen.
„Mir ist der Trank nicht gelungen, Tatze.", Remus atmete mit weinerlicher Stimme besorgt aus, sodass seine Stimme zitterte.
Wieder nahm Sirius ihn in den Arm und drückte ihn sanft an sich.

Remus setzte sich neben Lily, die ihm einen Platz freigehalten hatte.
„Moony, du siehst ja furchtbar aus! Was ist passiert?", fragte sie und legte ihre Hand auf seine Hand.
„Ach nichts, Lily.", log Remus und schaute zum Tisch der Slytherins. Er sah Lucius und Bellatrix, die verzweifelt in ihrem Abendessen herumstocherten.
Severus war noch nicht zurückgekehrt.
So langsam machte er sich auch Sorgen.
„Bitte, Remus. Was bedrückt dich?", tastete sie sich vorsichtig heran und nahm einen Schluck von ihrem Kürbissaft.
Der braunhaarige Junge senkte seinen Kopf ein wenig und flüsterte: „Es gab Probleme mit dem Wolfsbanntrank. Nicht einmal dieses dämliche Buch konnte mir weiterhelfen."
Remus zog das Buch, welches er im Artefakteraum gefunden hatte, aus seiner Tasche und gab es seiner besten Freundin.
Lily schlug neugierig die erste Seite des Buchs auf.
„Und wer der Halbblutprinz sein soll weiß ich auch nicht.", seufzte Remus.
Lily lächelte und strich mit ihrem Zeigefinger über Signatur.
„Vielleicht solltest du Snape um Hilfe bitten, wenn du Probleme mit Tränken hast.", sagte sie und gab ihm das Buch zurück.

Das Abendessen war fast zu Ende, als Severus die große Halle betrat.
Stumm setzte er sich zwischen Lucius und Bellatrix.
Es floss Blut aus seiner Nase und um sein linkes Auge schimmerte die Haut in einem zarten Lilaton.
Sein Umhang war zerrissen und sein Gesicht fast vollständig zerkratzt.
„Bei Merlins Bart, was ist denn mit dir passiert?", fauchte Lucius wütend, da Severus die Aufmerksam der ganzen Halle inzwischen auf sich gezogen hatte.
„Nur ein kleiner Zusammenstoß mit Lupin.", sagte er und wischte sich mit dem Handrücken das Blut von der Oberlippe, „Ich denke, ich werde mein Buch nie wieder sehen. Er hat es nämlich eingesteckt."
Bellatrix warf einen gehässigen Blick in Richtung der Gryffindors.
Sie sah, wie James und Sirius auf Severus zeigten und dabei lauthals lachten.
„Die geben wohl nie Ruhe", seufzte Lucius, zog ein Taschentuch hervor, um das Blut aufzuwischen, welches inzwischen auf den Tisch getropft war.

Nach dem Abendessen zogen alle Häuser sich in ihre Schlafsäle zurück.
Es war inzwischen Dunkel geworden und die Gänge wurden durch Kerzen und Fackeln in ein warmes Licht getaucht.
Severus konnte es kaum erwarten, sich endlich ins Bett legen zu können.
„Wir werden dir morgen nicht von der Seite weichen, versprochen!", verkündete Bellatrix und sprang gut gelaunt auf und ab, während sie sich hinunter in die Kerker begaben.
Als sie die Tür zum Slytherin-Gemeinschaftsraum erreichten, sahen sie, wie ein Mädchen mit dem Rücken an der Wand lehnte. Sie hatte lange kupferfarbene Haare und trug einen Gryffindor-Umhang.
„Ist das Evans?", klagte Bellatrix und verschränkte angewidert die Arme.
Severus spürte wie er rot anlief, als er in die tiefgrünen Augen von Lily sah.
Sie lächelte und kam auf ihn zu.
„Wir lassen euch dann mal alleine.", flüsterte Lucius, ergriff den Arm von Bellatrix und zog sie mit sich in den Slytherin-Gemeinschaftsraum.

„Hallo, Sev.", trällerte Lily fröhlich und schien etwas in den Händen zu halten.
Es war eine Ewigkeit her, dass die beiden miteinander geredet hatten.
Severus grüßte sie mit einem Lächeln und war noch immer vom Anblick ihrer Augen paralysiert.
„Ich soll dir eine Botschaft überbringen.", flüsterte Lily und überreichte ihm gefaltetes Blatt Pergament.
„Eine Botschaft?", stotterte der Slytherin und sein Herz pochte wie verrückt, als die Fingerspitzen des Mädchens seine Hand berührten.
Zaghaft nahm er die Botschaft entgegen und laß den Text, der mit dunkelroter Tinte auf das Pergament geschrieben war:

Heute 22 Uhr im Artefakteraum.
Es ist wichtig.
Bitte sei da.

-L

Severus laß die Botschaft mehrere Male. War es wirklich wichtig, oder nur ein kindischer Scherz von James?
„Von wem ist die Botschaft geschrieben?", fragte er und starrte dabei auf das L.
L.
L?
Er kannte niemanden namens L.
Doch Lily antwortete ihm nicht und zwinkerte dem Slytherin mit ihren smaragdgrünen Augen zu.
„Ich bin mir sicher, du wirst ihm helfen können.", wisperte sie und gab Severus sanft einen Kuss auf die Wange.
Noch bevor er etwas sagen konnte lief Lily die Treppe hinauf und verließ den Kerker.
Völlig perplex, was gerade geschehen war, schaute ihr Severus nach.
Langsam legte er seine Handfläche auf seine Wange, die Lily vor ein paar Sekunden geküsst hatte.
Sein Herz fühlte sich so an, als würde es ihm jeden Moment die Brust zersprengen.
„Oh Lily.."

Severus machte sich ein paar Minuten vor 22 Uhr auf den Weg zum Artefakteraum. Schülern war es nicht gestattet, sich so spät noch außerhalb ihres Gemeinschaftsraums im Schloss zu bewegen. Aber er wollte den Unbekannten, der scheinbar dringend seine Hilfe brauchte, nicht im Stich lassen.
Dennoch war ihm etwas mulmig, da Severus nicht wusste, wem oder was er im Artefakteraum gleich begegnen würde. Vorsichtshalber hatte er seine Tasche mitgenommen, wo all seine Bücher zu Zaubertränke verstaut waren.

Nach einigen Augenblick erreichte er den Artefakteraum. Die Tür war kaum zu erkennen, da es weit und breit weder Fackeln noch Kerzen gab.
„Lumos.", flüsterte Severus und seine Stimme hallte gespenstisch durch den langen Gang.
Vorsichtig drückte er die Türklinke herunter.
Sie öffnete sich einen Spalt weit, was bedeutete, dass der Unbekannte bereits da sein musste.
Severus nahm all seinen Mut zusammen und betrat den Raum.

Five Sickles - eine Snily Fanfiction (Deutsche | German Version)Where stories live. Discover now