Ein Wiedersehen

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Severus und Lily rannten die scheinbar endlosen Korridore zumKrankenflügel entlang. Beide wussten, dass jede Sekunde zählte. Denn jeden Moment könnte ein Lehrer um die Ecke biegen. Und dieswäre sowohl das Ende von Severus, als auch von Lily gewesen.
„Severus, warte doch einmal kurz.", sagte Lily und hielt abruptan.
Severus hielt an und sah das Mädchen nervös an.
„Wir haben keine Zeit. Wir müssen uns beeilen, sonst sieht uns vielleicht noch jemand. Lily, jetzt komm schon!", quengelte Severus und wippte ungeduldig hin und her.
Doch Lily ignorierte seine Aufforderung und sah sich aufmerksam um.
„Ich glaube, ich habe etwas gehört.", flüsterte sie. Severus, der nun nervös als auch ängstlich war, ergriff seinen Zauberstab.
Lily tat es ihm nach.
Rücken an Rücken gepresst sahen sie den Korridor entlang.
„Wir sind nicht alleine, Sev.", sagte Lily so leise wie möglich.
Fast im selben Moment kam etwas von der anderen Seite des Korridorsauf die beiden zugerast.
Es war ein bläulicher Lichtblitz vonenormer Geschwindigkeit.
Severus reagierte flink und streckte seinen Zauberstab vor sich aus.
Er wusste, dass es sich hierbei um Stupor, einen Schockzauber, handeln musste.
„Protego Maxima!", schrie er und sofort erschien ein silberfarbener Nebel, welcher Lily und ihn umhüllte.
Unter ohrenbetäubendem Lärm schlug der bläuliche Lichtblitz in das von Severus gezauberte Schutzschild ein.
„Wer in Merlins Namen greift uns an?", fragte Lily gereizt und hielt sich dicht hinter Severus.
Es vergingen ein paar Sekunden in Stille. Severus' Herz schlug vor Furcht.
Jedoch nicht aus Angst, dass er von einem Zauber getroffen werden würde, sondern Lily. Würde ihr etwas zustoßen, so würde Severus niemals damit umgehen können. Fakt war allerdings, dass es jemand auf ihn und Lily abgesehen hatte. Und das würde er nicht so einfach zulassen.
„Komm heraus, du Feigling! Zeig dich!", schrie er, den Zauberstabnoch immer fest in der Hand vor sich ausgestreckt. Erst nachdem Severus den Satz ausgesprochen hatte, konnte er realisieren, was er gerade gesagt hatte. So mutig es auch geklungen haben mag, wäre Severus doch lieber mit Lily geflüchtet.
Schließlich wusste er nicht, wer sie angegriffen hatte. Vielleicht waren es Auroren. Vielleicht waren es sogar dunkle Magier, die einfach nur Spaß am Töten hatten. Auf jeden Fall war die Situation ernst.
Es dauerte einen Augenblick, bis der vermeidliche Angreifer tatsächlich auf Severus' Worte reagierte.
In der Dunkelheit, ganz am Ende des Korridors, tat sich etwas.
Zu erkennen war die Silhouette einer Person, die langsam näher kam.
Neben der unbekannten Person war aber noch etwas anderes zu erkennen.
Es war Wesen, dessen gelbeAugen in der Dunkelheit gefährlich leuchteten. Ängstlich klammerte sich Lily an Severus' Arm und hielt angespannt den Atem an.
„Du widerlicher, undankbarer, dreckiger Schuft.", zischte die Person bedrohlich und kam gemeinsam mit dem geheimnisvollen Wesen neben sich näher.
Das schwache Licht, das durch die großen Fenster fiel, ließ erkennen, dass es sich bei dem Wesen um einen Hund handelte. Der unbekannte Hund hatte schwarzes, zotteliges Fell und war fast so groß wie ein Wolf.
Severus stockte der Atem, als er sah, wer die mysteriöse Person war, die neben dem furchteinflößenden Wesen lief.
Es war Remus Lupin.
Remus war gekleidet in der grünen Uniform des Hauses Slytherin, die Severus im verlassenen Klassenzimmer mit ihm ausgetauscht hatte.
Seine sonst so liebevollen und unschuldigen Augen funkelten vor purem Hass.
Severus ging einen Schritt nach hinten. Er war sich nicht bewusst,dass die Wirkung des Zaubers der Ganzkörperklammer schon so schnell nachgelassen hatte.
„Lupin, ich habe dich nicht mit Absicht im Klassenzimmer gelassen. Bitte, du musst mir glauben.", sagte Severus und war so unter Schock, dass seine Stimme nur so zitterte.
Der schwarze Hund neben Remus fletschte seine Zähne und ein tiefes Knurren hallte durch den dunklen Korridor.
Severus überlegte, ob er sich zuerst gegen Remus oder den Hund verteidigen sollte. Einerseits wollte er ein weiteres Duell vermeiden, auf der anderen Seite war es vielleicht die einzige Möglichkeit zum Krankenflügel zu gelangen.
Bevor er allerdings eine Entscheidung treffen konnte, hatte Remus seinen Zeigefinger auf Severus gerichtet und schrie: „Tatze, töte Snape!"
Der Hund preschte ohne zu Zögern auf Severus und Lily zu. Seine langen Krallen schlitterten über den kalten Boden.
„Remus, nein!", brüllte Lily und klammerte sich fester an Severus' Arm, welcher inzwischen taub geworden war.
Doch weder Remus noch der Hund, der auf den Namen Tatze hörte, reagierten. Tatze rannte weiter, war nur noch ein paar wenige Meter von den beiden entfernt und setzte zum Sprung an. Adrenalin schoss durch Severus' Adern. Er musste handeln. Und zwar so schnell wie möglich.
Am einfachsten wäre es gewesen Tatze zu töten. Die Unverzeihlichen Flüche zu zaubern war keine große Herausforderung für Severus.
Aber er wollte niemanden töten.
Egal ob Tierwesen oder Mensch.
Er war kein Mörder.
Also entschied er sich für einen Lähmzauber.
„Impedimenta!"
Der schwarze Hund erstarrte in seiner Bewegung und fiel wie ein Stein zu Boden, wo er unbewegt liegen blieb. Tatze war nun für kurze Zeit gelähmt, ohne jeglichen Schaden erlitten zu haben.
„Lupin, hör mir zu. Ich habe dich nicht absichtlich verhext.", rief Severus und versuchte ruhig zu bleiben, obwohl ihm die Panik nur so überkam.
Lily, die noch immer an seinem Arm geklammert war, nickte zustimmend.
„Esi st wahr, Remus. Sev hat mir die ganze Geschichte bereits erklärt. Es war wirklich keine Absicht von ihm. Sev hat das nur getan, damit er James vor dem Tode bewahren kann.", sagte Lily und schaute Remus mit einem durchdringenden Blick an.
Für einen kurzen Moment glaubte sie, dass Remus verstand, dass es sich hierbei nur um ein Missverständnis handelte.
„Sev ist ein guter Mensch. Er hat ein reines Herz.", sprach sie und errötete leicht, als sie sich an den wunderbaren Kuss von vorhin erinnerte.
„Genug! Es reicht!", schrie Remus heiser und zog seinen Zauberstab, „Snape ist kein guter Mensch und hat auch kein reines Herz! Er benutzt dich nur, Lily!"
Lilys tiefgrüne Augen füllten sich mit Tränen. Sie wusste nicht, wie sehr diese Worte ihr Herz zerreißen würden. Es tat weh und schmerzte mehr als alles andere auf dieser Welt.
Lily öffnete ihren Mund um Remus zu widerspreche, doch sie konnte nicht.
Ihr Hals war wie zugeschnürt und kein Ton verließ ihre rosigen Lippen.
Remus' Blick fiel auf Tatze, welcher weiterhin gelähmt auf dem Boden lag. Der innerliche Zorn überrollte ihn wie eine Lawine.
„Geh mir aus dem Weg! Ich will ihn töten! Snape hat so viel Schaden angerichtet! Wegen ihm liegt mein bester Freund im Sterben!", brüllte Remus wütend.
Lily stellte sich vor Severus und breitete schützend ihre Arme aus.
„Lieber sterbe ich, als das du Sev verletzt!", rief sie und ihr Herz schlug wie verrückt.
Severus riss seine schwarzen Augen geschockt auf.
Hatte Lily das geradewirklich gesagt? Würde sie sich tatsächlich für ihn opfern, falls es keinen anderen Weg geben sollte?
Vorsichtig legte Severus seine Handauf ihre Schulter.
„Lily, ich-"
Er konnte seinen Satz nicht beenden.
Zur gleichen Sekunde hatte Remus einen weiteren Schockzauber auf ihn abgefeuert.
„Schnell, lauf du in den Krankenflügel! Ich werde Remus aufhalten!", sagte Lily und führte geschickt einen Schutzzauber aus.
Mit unglaublicher Kraft schlug der Schockzauber auf dem Schutzschild ein. Für einen Moment befürchtete Lily zwar, dass das Schutzschild zerbrechen würde. Doch sie wusste, dass Remus und sie beide gleich stark waren. Es war also keine Frage, wer mächtiger war, sondern wer die bessere Technik beherrschte. „Bist du dir sicher?", fragte Severus zögerlich.
„Bei Merlins Bart, jetzt geh schon!", rief Lily und erschuf ein weiteres Schutzschild.

Severus rannte so schnell er nur konnte zum Krankenflügel. In seinem Kopf herrschte pures Chaos. Jeder einzelne Gedanke, so klein und unwichtig er auch war, überforderte ihn.
Es dauerte zum Glück nicht lange, da erreichte Severus endlich die Eingangstür, welche zum Krankenflügel führte.
Ohne anzuklopfen oder nachzudenken, ob eventuell ein Lehrer dort war, riss er die Tür auf.
Severus stürmte quer durch den Raum und kam kurz vor dem einzig besetzten Krankenbett zum Stehen.
Hektisch öffnete er die grünen Vorhänge des Bettes.
Ein schwerer und säuerlicher Verwesungsgeruchstieg Severus in die Nase.
Vor ihm lag James.
Sein Gesicht war noch immer fast komplett mit Verbänden eingewickelt, die allesamt blutig waren.
James' Haut war blasser geworden.
Sein Brustkorb bewegte sich unregelmäßig und beunruhigend langsam.
Severus zog seinen Zauberstab heraus und schaute sich um. Es war weder Madam Pomfrey, noch ein Lehrer oder ein Schüler zu sehen.
Er beugte sich ein bisschen zu James herunter und legte die Spitze seines Zauberstabs auf seine demolierte Brust.
Severus schloss für einen Moment seine Augen. Er atmete tief ein.
„Vulnera Sanentur."
Langsam verschwand das Blut, das die Verbände rund um James' Oberkörper zierte, als würde es von einem unsichtbaren Schwamm aufgesaugt werden.
Severus lächelte verlegen.
Er war mehr als froh, dass sein eigener Gegenfluch ohne Probleme funktionierte.
„VulneraSanentur. Vulnera Sanentur. Vulnera Sanentur.", flüsterte er mit ruhiger Stimme und sah zu, wie immer mehr Blut verschwand.
Auch die tiefen Wunden und Schnitte schlossen sich.
Innerhalb weniger Sekunden bildete sich auf jeder Verletzung ein dicker Grind.

Five Sickles - eine Snily Fanfiction (Deutsche | German Version)Where stories live. Discover now