Eifersucht

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Severus stocherte genervt in seinem Frühstück herum. Seit gestern hatte er das Gefühl, dass sich sein Magen ständig umdrehen würde. Ihm war übel. So übel, als würde er gleich erbrechen müssen. Dabei war Severus körperlich vollkommen in Ordnung. Es war sein Herz, welches ihn so fühlen ließ.
Er spürte wie Lucius Malfoy, ein Junge aus gutem Hause mit langen platinblonden Haaren, die Hand auf seine Schulter legte.
„Mach dir nichts draus. Du hast sowieso jemand besseren verdient.", sagte Lucius und versuchte seinen Freund aufzumuntern.
Doch Severus wollte kein Mitleid. Nicht jetzt. Dafür war die Wunde noch zu frisch. Erst gestern hatte er über Ecken mitbekommen, dass James Lily im Gemeinschaftsraum der Gryffindors geküsst hatte. Die Gerüchteküche um die beiden brodelte schon seit Wochen. Und nun war es offiziell.
Unsicher schaute er hinüber zum Tisch der Gryffindors. Und er bereute es sofort, als er sah, wie die beiden Händchen hielten. Severus' Herz fühlte sich so an, als hätte ein Zentaur es gerade mit einem giftigen Pfeil zerschossen.
Severus tat sich schwer damit Freunde zu finden. In Hogwarts war er nie wirklich beliebt gewesen. Unter Leute mischte er sich nur, wenn es wirklich nötig war. Und statt zu dem Quidditchspielen zu gehen, verbrachte der Slytherin lieber seine Zeit damit, im Kerker ein paar neue Zaubertrankformeln zu lernen.

„Iss wenigstens etwas von deinem Frühstück. Heute ist ein langer Tag, Sevy."
Er schreckte hoch und blickte in das grinsende Gesicht von Bellatrix Black. Sie musste sich wohl angeschlichen haben. Oder er war einfach so sehr in Gedanken versunken gewesen, sodass er Bellatrix nicht bemerkt hatte. Ihr schwarzer Lockenkopf hing direkt vor ihm. Sie grinste noch immer, die Augen weit aufgerissen und die Arme stramm auf der Tischplatte abgestützt. Ein wenig beängstigend war Bellatrix Black schon. Und es war kein Geheimnis, dass sich selbst die anderen aus dem Hause Slytherin vor ihr fürchteten. Aber solange Bellatrix ihm nichts tun würde, hatte Severus keine Absichten, sie zu verurteilen.
Mit einem Ruck stieß Bellatrix sich vom Tisch ab und hopste hinaus aus der großen Halle.

„Ich kann Black noch immer nicht richtig einschätzen. Ist bestimmt das Mädchen, die man am wenigsten nach einem Mord verdächtigen würde.", flüsterte Lucius mit einem sarkastischen Unterton.
Severus schaute erneut hinüber zum Tisch der Gryffindors. Obwohl er wusste, dass der Schmerz unerträglich war, wenn er Lily und James zusammen sah, konnte er einfach nicht anders.
Das Mädchen, welches er so sehr liebte, war nun mit dem Jungen zusammen, der ihn seit Jahren herumschubste und hänselte. Was sah Lily in James, das er nicht hatte? Waren es die schwarzen Haare? Die dunklen Augen? Oder vielleicht doch der Fakt, dass Severus ein Slytherin war? Eventuell auch etwas, an das er gar nicht dachte? Etwas so simples, was Lily aber trotzdem davon abhielt, den stillen Jungen aus Spinner's End zu lieben?
Sein Blick schweifte zu Abwechslung hinunter zu seinem Teller, auf dem zwei Spiegeleier lagen, die mindestens genauso traurig aussahen, wie Severus selbst.
„Gleich fängt Zaubertränke an. Wir sollten uns langsam auf den Weg machen.", meine Lucius, der seinen Umhang von den Krümeln seines Toasts befreite.

Severus und Lucius gingen aus der großen Halle hinaus. Lucius war nicht wirklich fasziniert oder angetan von Zaubertränke. Er war der Meinung, dass es Zeitverschwendung sein, Kräuter in einen Kessel zu schmeißen und sich lustige Namen für solch ein Gebräu einfallen zu lassen.
Severus hingegen war ein sehr begabter Schüler in Zaubertränke. Ihm gelang jeder Trank beim ersten Versuch und bei den Klausuren war er seit seiner Ankunft in Hogwarts Jahrgangsbester.
In seiner Freizeit bereitete er Zaubertränke, die selbst für Professoren, die sich auf dieses Schulfach spezialisiert hatten, zu schwierig waren, fehlerfrei zu.
„Ich hoffe, wir lernen dieses Mal den Trank Felix Felicis. Er ist einer meiner absoluten Favoriten!", sagte Severus und ein scheues Lächeln zeigte sich auf seinen blassen Lippen.
„Und ich bin froh, wenn ich diese Stunde nicht wieder einschlafe.", antwortete Lucius genervt und rückte seine Umhängetasche zurecht, „Dieses Zusatzbuch für dieses Jahr ist schwerer, als ich dachte."
Severus hielt plötzlich an und starrte in das Gesicht seines Freundes.
„Oh nein, das Buch! Ich habe gestern Abend vergessen es in meine Tasche zu stecken!", entgegnete er Lucius.
Severus drehte sich um, ignorierte das Klagen seines Freunds über die viel zu schwere Umhängetasche und rief: „Ich gehe es schnell holen, geh du schon mal vor!"

Die Gänge leerten sich langsam. Der Unterricht würde bald beginnen. Seine Schritte wurden schneller und hallten durch die alten Gänge der Schule.
Der Artefakteraum, wo Severus das Buch hatte liegen gelassen, war zum Glück nicht mehr weit weg. Im Slytherin-Gemeinschaftsraum wurde es, vor allem am Abend, ziemlich laut, weshalb er oft den Artefakteraum aufsuchte. Hier konnte er ungestört lernen und üben.
„Na wen haben wir denn da?", erklang eine Stimme.
Severus verlangsamte sein Tempo und sah sich um. Hinter einer schmutzigen Rüstung kam James Potter hervor und hielt seinen Zauberstab auf den Slytherin gerichtet.
„Wohin des Weges, Snape?", zischte James und kam ein Stück näher, den Zauberstab noch immer fest in der Hand, „Ich dachte, du und Malfoy seid auf dem Weg zu Zaubertränke? Aber heute scheint mein Glückstag zu sein, nicht wahr? Du bist ganz alleine hier."
James kam Schritt für Schritt näher. Kein Schüler oder Lehrer befand sich mehr auf dem Gang.
„Was willst du von mir, Potter?", fragte Severus und versuchte dabei so ruhig wie möglich zu bleiben. Er hatte weder Lust noch Zeit auf eine Auseinandersetzung mit dem Gryffindor.
James war jetzt nur noch wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, die Spitze seines Zauberstabs legte er drohend an Severus' Kehle.
Mit einem angewiderten Blick flüsterte James: „Halt dich von meiner Lily fern, du falsche Schlange. Sie ist meine Freundin, verstanden?"
Er hielt es für die beste Option, nichts zu sagen. Denn ein Ja wäre gelogen. Und ein Nein wäre ebenfalls gelogen.
„Ob du verstanden hast, Snape?", knurrte James und seine Miene verfinsterte sich.
Severus ließ seine Hand langsam und vorsichtig in das Innere seines Umhangs gleiten, während er weiterhin den Blickkontakt zu James aufrecht erhielt.
„Antworte mir!", schrie der junge Gryffindor wütend und erhob seinen Zauberstab, um einen Zauber zu wirken. Doch Severus war schneller.
„Stupor!", rief er lauthals, seinen Zauberstab vor ihm ausgestreckt. James flog im hohen Bogen nach hinten und knallte ein paar Sekunden später auf dem Steinboden auf.
Severus wollte Ärger so gut es ginge vermeiden und beschloss sich so schnell wie möglich auf den Rückweg zu machen. Er würde das Buch heute Nachmittag aus dem Artefakteraum holen. Die Tadel, dass er viel zu spät und ohne Buch im Unterricht aufkreuzen würde, würde er wohl hinnehmen müssen.
Als er sich gerade umgedreht hatte, ertönte hinter ihm ein wutentbranntes „Flipendo!".
Blitzartig führte Severus eine kreisförmige Handbewegung aus und vor ihm erschien ein strahlendes Schutzschild. Die Wirkung des Schutzzaubers war jedoch nur von kurzer Dauer.
„Flipendo!", schrie der Gryffindor erneut. Dieses Mal verfehlte der Angriffszauber allerdings sein Ziel und raste mit einem ohrenbetäubenden Knall in die Vitrine der Quidditchauszeichnungen. Die Glassplitter flogen zu Tausenden auf den Boden.
Geschockt starrte Severus auf die zerstörte Vitrine, deren Abzeichen und Pokalen. Dafür könnte er von der Schule verwiesen werden, wenn sich herausstellen würde, dass der Unfall bei einem illegalen Duell zustande kam.

„Wo ist denn Severus?", flüsterte Bellatrix die sich im Klassenzimmer umsah. Der Unterricht für Zaubertränke hatte vor einer halben Stunde angefangen und vom schwarzhaarigen Slytherin fehlte noch immer jede Spur.
„Er wollte nur schnell sein Buch holen.", seufzte Lucius, der sich unauffällig mit seinem Stuhl etwas nach hinten drehte, um besser mit Bellatrix sprechen zu können, „eigentlich müsste er jeden Moment durch die Tür kommen. Sev kommt schließlich so gut wie nie zu spät."
Bellatrix nickte langsam und drehte eine ihrer schwarzen Locken um den Zeigefinger.
Gelangweilt kritzelte Lucius mit seiner Feder auf einem Blatt Pergament herum, das vor ihm auf dem Tisch lag.

Nach gut zwei Stunden neigte sich Zaubertränke dem Ende zu. Severus war immer noch wie vom Erdboden verschluckt.
Besorgt stopfte Lucius seine Bücher zurück in die Umhängetasche. Gleich würde von dem vielen Gewicht seine Schulter wieder zu schmerzen anfangen.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Bellatrix sich zum Ausgang des Klassenzimmers begab.
Schnell stand Lucius auf und eilte zu ihr herüber.
„Black! Warte doch bitte einen Moment!", rief er und stöhnte vor Schmerz, als seine langen Haare sich im Gurt seiner Tasche verfingen.
„Was ist denn, Malfoy?", antwortete sie.
Lucius zog einige lose Haare von seiner Umhängetasche während er sagte:" Ich glaube, irgendwas ist passiert. Es dauert doch keine zwei Stunden ein Buch zu holen."
Bellatrix schien sich ebenfalls Sorgen um Severus zu machen, denn sie sah noch trauriger aus als vorher.
„Meinst du? Vielleicht hat Sevy sich auch einfach nur verlaufen. Oder die Treppen machen schon wieder Ärger. Du weißt doch, dass sie die Richtung ändern, wie sie wollen!", sprudelte es aus Bellatrix heraus, als würde sie nicht wahrhaben wollen, dass mit Severus geschehen sein könnte.

Five Sickles - eine Snily Fanfiction (Deutsche | German Version)Where stories live. Discover now