7. Kapitel

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Die beiden älteren Brüder des Jungen kannten die Welt ausserhalb des ländlichen Radius vor allem durch ihre bevorzugten Musiker.

Der Ältere der Brüder schätzte vor allem Elvis Presley. Er besaß praktisch das Gesamtwerk dieses damals von Teens und Twens sehr, doch von Eltern kaum geschätzten genialen Krachmachers.

Der Andere war ein Verehrer von Louis Armstrong und anderer, vor allem  schwarzer Jazzmusiker, die man damals ungehemmt Neger nannte. Buschnegergesang oder Hottentottenmusik nannte es der  Vater. Oft  brüllte er,  dass Platten und  Plattenspieler bald auf dem Misthaufen landen würden, wenn der Negerkrach aus dem Dachbodenzimmer des Bruders weiterlärmen würde.

Elvis Presley kam mit deutlich weniger Gebrüll und Schimpf davon - immerhin war er ja wenigstens ein Weißer. Allerdings verstand der Vater tatsächlich nicht, wie man als Weißer einen derartig widerwärtigen Krach machen könne, wo es doch auch in Amerika so exzellente Marschmusik und sogar auch Volkslieder gäbe.

Die Kraal- und Busch-Neger-Diskussion wurde brutaler  bei einem lautstarken Konflikt im Jahre 1958, als der Weltstar des Jazz, Louis Armstrong, in einer nicht allzuweit entfernten Auto-Stadt einen Auftritt hatte.

Die beiden Brüder des Jungen, damals 16 und 17, hatten sich bereits heimlich die exorbitant teuren Karten besorgt und hofften nun auf eine offizielle väterliche Erlaubnis zum Konzertbesuch.

Die Tickets wurden mit übelsten Beschimpfungen vor den Augen der Brüder in Stücke gerissen: gegen Hottentotten, denen man erlaube, in Deutschland Musik zu machen um die Jugend zu verblöden und moralisch zu ruinieren, gegen die Amerikaner, die ihre Neger nicht mehr im Griff hätten und gegen all die blöden Deutschen, die ihr sauer verdientes Geld diesen üblen Negerbastarden auch noch in den Rachen werfen würden. Aus der Entfernung des Kinderzimmers konnte der Junge  mithören, wie die verbale Ablehnung dann noch mit väterlichen Ohrfeigen sozusagen unterfüttert wurde.

Immerhin durften die Brüder ein Jahr später zu einem Konzert von Benny Goodman fahren. Der war ja wenigstens weiß, wenn auch möglicherweise Jude.

Aber man wollte ja nicht so sein. 

EIN BISSCHEN PRÜGEL HAT NOCH KEINEM GESCHADETWhere stories live. Discover now