4. Kapitel

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Der junge Lehrer führte auch die Aufsicht über die kleine Schulbücherei, die von Schülern kaum, von meist älteren Damen aber sehr gern besucht wurde. Deren bevorzugte Lektüre waren Autoren wie Ehm Welk, dessen Buch „Die Heiden von Kummerow" einige Jahre später,nämlich 1967, sehr erfolgreich in der ersten offiziellen Koproduktion zwischen der DDR und der BRD verfilmt wurde.

Aber auch Paul Keller (Ferien vom Ich), Hugo Hartung (Ich denke oft an Piroschka),  C.W.Ceram (Götter, Gräber und Gelehrte), Willy Heinrich (Das geduldige Fleisch), Anne Golon (Angélique) und bei stahlhartgesottenen Leserinnen sogar Knut Hamsun (Segen der Erde) waren beliebt. Vicki Baum (Menschen im Hotel), Pearl S. Buck (Die gute Erde) und Giovannino Guareschi (Don Camillo) hatten ebenfalls ihre treue weibliche Stammleserschaft, die sich damals vor allem  aus sogenannten Kriegerwitwen zusammensetzte, von denen es in den 50er und 60er Jahren tatsächlich sehr viele gab.

Der Junge wollte Anfang der 60er Jahre, als er bereits ziemlich viel aus der Schulbücherei weggelesen hatte, das "Tagebuch der Anne Frank" ausleihen. Der junge Lehrer hielt ihm, bevor er das Buch unwillig herausgab, einen sehr bedrohlich klingenden Vortrag über die Lügenmärchen in diesem Buch. Diese Person Frank habe es schließlich gar nicht gegeben, sondern sei eine heimtückische Erfindung der amerikanischen Zionisten, um die Deutschen anzuschwärzen und sie dadurch noch mehr zu Zahlsklaven der Juden in Israel zu machen.

Die Mehrheit der Dorfbewohner hatte sowieso Besseres und vor allem Wichtigeres zu tun als in der Schulbücherei herumzulungern. 

EIN BISSCHEN PRÜGEL HAT NOCH KEINEM GESCHADETWhere stories live. Discover now