Kapitel zwölf: Der Herbsthof

790 34 16
                                    

TEIL II

MEROWEN

Ich wurde von Sonnenlicht geweckt, dass rötlich durch die Vorhänge schimmerte. 

Vorhänge?

Fahrig tastete ich mit meinen Händen umher und streifte dabei seidene Bettlaken. Seit wann schlief ich in seidener Bettwäsche?

Verwirrt riss ich meine Augen auf und blickte mich suchend um. Ich lag in einem riesigen mahagonifarbenen Bett, das sich in einem noch riesigeren Raum befand. Die Decke war mit bunten Bildern geschmückt, die Szenen einer Jagd zeigten. Ein deckenhohes Fenster war geöffnet und trug den kühlen Duft nach Wald, Laub und Spätsommer  in das Zimmer. 

Ich setzte mich im Bett auf und massierte mir meine schmerzenden Schläfen. Wie war ich hierher gekommen? An einiges konnte ich mich noch genau erinnern: das Training mit Cassian und Nesta, der Kampf im See und dann... leise stöhnte ich auf. Meine Kopfschmerzen waren kaum besser geworden. 

Schnell tastete ich meinen Körper ab, konnte allerdings keine Verbände finden. Seltsam. Ich war mir sicher, durch die Ungeheuer während dem Kampf im See verletzt worden zu sein. Stirnrunzelnd schlug ich die Decke zurück und schwang meine Beine über den Bettrand. 

Dessen ungeachtet musste ich herausfinden, wo ich war. Kaum versanken meine Füße jedoch in dem flauschigen Teppich, da erfasste mich bereits ein heftiges Schwindelgefühl. Mein ganzer Körper schmerzte plötzlich und mein Sichtfeld begann, zu verschwimmen. Nach Halt suchend tastete ich nach dem Bettpfosten und versuchte zitternd, meinen Körper wieder unter Kontrolle zu bringen.

So schwach hatte ich mich noch nie gefühlt. 

Glücklicherweise ging in diesem Moment die Türe auf und Elia stürmte herein.

"Mero, du bist wach! Ein Glück, ich habe mir solche Sorgen gemacht.", begrüßte mich meine Freundin, bevor sie sich meinen Arm um die Schulter legte und mich vorsichtig zum Bett zurück bugsierte.

"Die Heilerin sagt, du darfst dich noch nicht zu viel bewegen.", erklärte sie mir und warf mir einen entschuldigenden Blick zu.

Ich ließ sie gewähren und sank zurück in die Kissen. Alleine diese wenigen Bewegungen hatten mich unglaublich erschöpft.

"Ich hol dir etwas zu Essen, bin gleich wieder da.", rief Elia mir zu und verschwand kurz darauf auf dem Gang.

Ich seufzte und drehte meinen Kopf Richtung Fenster. 

Der Wind ließ die Vorhänge leicht flattern, sodass ich kurz einen Blick auf bunte Baumkronen und strahlend blauen Himmel erhaschen konnte. Dieses Bild erinnerte mich verdächtig an die Erzählungen, die ich über einen Hof der Jahreszeiten, den Herbsthof, gehört hatte. Dieser war jedoch selbst für Illyrianer einige Tage vom Hof der Nacht entfernt; zudem musste man auf dem Weg dorthin die Herrschaftsgebiete dreier weiterer Höfe durchqueren, was bisweilen nicht jeder High Lord tolerierte. Und Byron... er würde ganz sicher keine Illyrianer an seinem Hof aufnehmen. Die Fae des Herbsthofes galten als gefährlich und hinterlistig; kaum jemand verkehrte freiwillig mit ihnen. 

Ehe ich mir weiter den Kopf über meine derzeitige Lage zerbrechen konnte, kam Elia zurück; in Begleitung einer mir wohlbekannten weißhaarigen Frau.

"Evaline!", ich stieß einen Freudenschrei aus.

Sie lächelte und begrüßte mich ebenso warmherzig.

"Merowen, welch eine Freude, dich zu sehen."

"Warum bist du hier?", fragte ich. In all der Zeit, die ich sie kannte, hatte sie sich nie weit von ihrer Unterkunft in den illyrianischen Bergen entfernt. 

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt