Kapitel 15

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,,Tag 5.", sagt Eric, als die Sonne aufgeht und wir immer noch laufen. Jetzt wenigstens nebeneinander. Wenn man sich unterhält, so wie wir es jetzt tun, geht es viel schneller, als wenn wir schweigend hintereinander her gehen. Wir haben einfach über alles geredet. Unter anderem hat mir Eric ziemlich viel von dem Pferdehof erzählt, auf dem er reitet.

Obwohl ich Angst vor großen Tieren habe und denke, dass Pferde stinken, hören sich seine Geschichten, wie er das erste Mal auf einem Pferd saß, das erste Mal galoppiert ist oder sein erstes Turnier geritten ist, ziemlich interessant an. Ich erfahre außerdem, dass er ein Pflegepferd hat, welches sehr alt ist und deshalb nicht mehr geritten werden kann. Bonito, so heißt das Pferd, wird nicht mehr von seinem Besitzer gepflegt und weil Eric so lieb ist, hat er diese Aufgabe übernommen. Ich nehme mir fest vor, auf jeden Fall mal im Pferdestall vorbeizuschauen, falls wir hier rauskommen.

,,Ich brauche eine Pause.", gebe ich zu. Das wollte ich eigentlich schon die ganze Nacht sagen, habe mich aber nicht getraut. Glücklicherweise sagt Eric: ,,Okay, lass uns uns für eine Stunde hinlegen." Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus. Noch länger hätte ich es echt nicht durchgehalten. Wir legen uns also unter einen Baum und ehe ich mich umschauen kann, fallen meine Augen vor Müdigkeit zu.

Ich werde durch ein Rütteln an meiner Schulter geweckt. ,,Wir haben ungefähr eine Stunde geschlafen, jetzt müssen wir weiter.", sagt Eric. Na toll, gerade als ich so einen schönen Traum von ihm und Bonito hatte. Ich schüttele meinen Kopf. Woran denke ich denn schon wieder?

,,Jetzt holen wir wieder zuerst Wasser, oder?", schlägt Eric vor und ich stimme zu. Unsere Flaschen sind mal wieder leer und ich bin echt durstig. Nach ein paar Schritten durch den Wald, kommen wir am Fluss an, an dem wir uns auch schon die restlichen Tage mit mit Wasser versorgt haben. ,,Ich habe Lust auf ein Bad.", beschließe ich. Erics Stirn liegt in Falten. ,,Darf ich etwa auch nicht baden oder was?", fauche ich ihn leicht wütend an. Auf seinem Gesicht entsteht ein kleines Lächeln, als ich das sage, doch dann meint er: ,,Klar darfst du, aber Vorsicht, halte dich nur am Rand auf. Die Strömung ist ziemlich stark und mir macht es außerdem Sorgen, dass der Fluss hier viel dicker ist. Wir müssen ihn bald überqueren."

Ich seufze. Wieso stellen sich hier nur so viele Probleme gegen uns. ,,Aber keine Sorge, wir werden es schaffen.", ermuntert mich Eric. Hätte ich gefragt wieso, hätte er gesagt, weil er es mir versprochen hat. Deshalb muss ich lachen. ,,Was?", fragt er. ,,Alles gut.", sage ich und damit ist das Thema beendet.

Am Rand des Flusses waschen wir uns, trinken etwas und füllen unsere Flaschen auf. Das Wasser ist zu meiner Freude wieder angenehm warm. 

Danach geht es weiter den Weg entlang. Eric hält die Karte ausgefaltet in seiner Hand und diesmal schaue auch ich hinein. Dabei bemerke ich etwas, dass er vorhin angesprochen hat: ,,Schau mal, der Fluss ist hier auch dicker eingezeichnet, aber diesen müssen wir doch gar nicht überqueren. Hinter ihm geht gar kein Weg weiter. Ich glaube wir müssten eher über diese zwei dünneren Nebenflüsse kommen und dann etwas später noch über den da." Ich zeige mit meinem Zeigefinger auf die Karte und erkläre Eric die Route, die sich in meinem Kopf widerspiegelt. Er nickt: ,,Stimmt, habe ich gar nicht bemerkt, dass das nur Nebenflüsse sind, über die wir drüber müssen. Genauso machen wir es." In dem Moment bin ich stolz auf mich. Ich habe gerade eine Route geplant und über so etwas nachgedacht. Aber das beste ist, dass Eric mit meinen Überlegungen einverstanden ist.

Wir laufen wieder den kompletten Tag lang, bis Eric irgendwann stehen bleibt. ,,Wir sind in wenigen Metern am Fluss, lass uns diese Meter morgen zurücklegen und jetzt essen und dann schlafen." Ich stimme zu und wir gehen wieder in den Wald um nach Nahrung zu suchen. ,,Schau mal, da sind Blaubeeren!", rufe ich und hätte mir die Früchte schon fast in den Mund gestopft, doch Eric stoppt mich: ,,Halt, die sind giftig!" Oh, also doch keine Blaubeeren. Enttäuscht lasse ich sie auf den Boden fallen und wir gehen weiter. Anstatt dessen finden wir aber wieder Pilze, die mir sogar noch lieber als Beeren sind und braten sie über einem Feuer, dass wir ziemlich schnell erzeugt haben.

,,Gute Nacht.", wünscht mir Eric, bevor er sich neben das Feuer legt und ich wiederhole lächelnd: ,,Gute Nacht." Mit einem Schmunzeln im Gesicht falle ich in einen tiefen Schlaf.

,,Klingelingeling. Heute ist der sechste Tag.", ruft Eric und ich reibe müde meine Augen. Ich bin noch total unausgeschlafen. Was weckt er mich jetzt schon? Ich gähne und ziehe ein beleidigtes Gesicht, doch Eric lacht nur. Naja, zumindest besser, als das er wieder ohnmächtig wird.

Zum Frühstück essen wir die restlichen Fichtennadeln, die wir uns aufgehoben haben. Dann geht es schon in Richtung Fluss, den wir überqueren müssen. Wir laufen ganz normal den Weg entlang, doch plötzlich bleibt Eric abrupt stehen. Als ich neben ihm bin, erkenne ich wieso: Da ist ein steiler, tiefer Abhang und erst hinter ihm geht der Weg wieder normal weiter. Schon von runterschauen kriege ich Schwindelgefühle. ,,Da müssen wir ganz langsam runter.", sagt Eric mit einem Zittern in der Stimme. Ich schaue ihn an, als ob er nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Niemals würde ich da runtergehen! Das ist lebensmüde. Man würde ausrutschen und fallen. In meinem Gehirn spiegelt sich die Vorstellung wieder, wie Eric und ich diesen Abhang hinunterfallen und mit zerbrochenen Knochen unten liegen.

,,Nein!", antworte ich also. Eric dreht sich panisch zu mir um: ,,Bitte, wir müssen! Schau mal im ganzen Umland hier geht es auch so einen Abhang hinunter. Es würde ewig dauern einen anderen Weg zu finden, falls es diesen überhaupt gibt."

Ich nicke also und atme tief ein. Das könnte unser Ende sein, wenn wir uns beim Abstieg verletzten und dann nicht weiterkönnen. Aber Eric hat Recht, wahrscheinlich gibt es gar keinen anderen Weg um weiter zu kommen. Eric setzt sich langsam in die Hocke und bewegt sich näher dem Abhang entgegen. Meine Beine zittern und mein Herz schlägt Saltos, doch ich darf in nicht aufhalten, denn wir müssen weiter.

Mit Eric durch die Wildnis Where stories live. Discover now