Kapitel 17: Sohn dreier Väter

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Sohn dreier Väter

»Ich hätte ihr niemals diese Freiheiten gestatten dürfen.« Durchs Nathairs Augen sah Teàrlach die menschenleeren Gänge des Hotels, die Nathair mit schnellen Schritten durchmaß. Lughaidh hatte Mühe ihm zu folgen oder zog es vor, nicht in die Schusslinie seines Herrn zu geraten. Kaum waren sie von ihrer Reise zurückgekehrt, musste Nathair feststellen, dass Morrighan unauffindbar war.

»Ich wette, dass der Incubus etwas damit zu tun hat. Er wurde kreidebleich, als er unseren Weg in der Halle kreuzte.«

»Wenn ich mich recht erinnere, hatte sein Gesicht bereits jegliche Farbe verloren, ehe wir durch die Tür getreten sind.«

Teàrlach stimmte Lughaidhs Beobachtung zu, der Incubus sah nicht aus wie jemand, der sich ertappt fühlte, er war auf der Flucht und zwar nicht vor Nathair. Andernfalls hätte er sich nicht so nah an ihn herangetraut, um sich an ihm vorbei zu drängen und das Hotel zu verlassen.

»Welchen Vorteil brächte es ihm, der Sceathrach zu helfen?«, sprach Lughaidh eine unermüdlich kolportierte Vermutung über die Prioritäten der Incubi als Spezies an.

Die ständige Wiederholung machte aus einer Lüge keine Wahrheit, das wusste niemand besser als Teàrlach, schließlich hatte Cailleach ihn nur oft genug mit ihren Einflüsterungen füttern müssen, bis er geglaubt hatte, aus ihr würde eine Wahrheit sprechen, der er sich aus Liebe zu Rioghain verweigert hatte. Teàrlachs Magen krampfte sich beim Gedanken an die Schwarze Hexe zusammen, vielleicht war es auch Nathairs Magen, der eine böse Ahnung bezüglich Morrighans Verbleib hegte. Ehe bei seiner Ankunft neue Probleme auf ihn eingestürmt waren, hatte Nathair die Sorge umgetrieben, was Cailleach davon hatte, so schnell auf seine Bitte einzugehen, das durch Quinns Intervention komplizierter gewordene Entsetzungs- und Erweckungsritual durchzuführen. Sie hatte ihre Bereitschaft damit begründet, ihm einen Gefallen zu schulden und dass es sie danach drängte, endlich quitt mit ihm zu sein. Er hatte ihr kein Wort geglaubt, da Nathair jedoch die Alternativen ausgegangen waren, hatte er seine Bedenken und die seines Ratgebers Lughaidh in den Wind geschlagen und die Hand ergriffen, die ihm Cailleach anbot. Teàrlach hatte geflucht, weil er in dieser Sache nicht zu Nathair durchgedrungen war und auch Nate hatte Worte von sich gegeben, für die ihm der Mund mit Seife ausgewaschen gehörte, wenn der Junge ihm nicht aus dem Herzen gesprochen hätte.

»Hättest du ihn getötet, wie es mein Wunsch war, müssten wir uns diese Frage nicht stellen.«

»Bisher hat die Sonne diese Aufgabe bei jedem Rugadh erledigt und wir haben keine Beweise, dass es bei Quinn anderes gelaufen ist. Wir werden nur ein Häufchen Asche vorfinden und die Sceathrach treibt sich irgendwo innerhalb des Schlosses herum. Unsere Männer hätten sie daran gehindert, das Hotel zu verlassen.«

»Sie hätten sie daran hindern sollen, das Zimmer zu verlassen.«

»Die Sceathrach ...«

»Lass das!« Auch Teàrlach spürte, wie Lughaidh versuchte, Nathair durch mehr als Worte zu besänftigen. Aber das war es nicht allein, Nathair störte sich an dessen ständiger Erinnerung, mit wem er letztlich eine Verbindung eingehen würde – der Sceathrach und nicht Morrighan – wie ihm Cailleach unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte.

Teàrlach sollte stolz auf diesen Erfolg sein, aber ihm kamen langsam Zweifel, ob es klug gewesen war, seine Gefühle für Rioghain Nathair aufzudrängen. Fühlte er sich zu mehr als ihrer Macht hingezogen, würde er alles ihm Mögliche und wohl auch Unmögliche unternehmen, dass Morrighan die Seine wurde – sollte er das durch Quinns Tod nicht bereits erreicht haben.

Teàrlach - Das Legat der FiannahWhere stories live. Discover now