Aufgeflogen (#ZomGer)

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Letzter Teil zu dem "On Doorstep" Manga/ den Teilen "Einbruch" und "Annäherung"

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"Guten Morgen Micha!", gähnte ich mit einem Blick auf das Bett, in dem mein Kumpel - Freund? - saß und sich eben noch etwas schlaftrunken streckte. Mit unordentlicher Frisur sah er unbeschreiblich niedlich aus und beinahe hätte ich mich dazu hinreißen lassen, ihn zu fragen, ob wir nicht noch den gesamten Tag hier liegen und übereinander herfallen wollten. Aber ich kannte seine Antwort traurigerweise schon und ließ es bleiben, um einer Rüge zu entgehen. Micha gähnte jetzt auch: "Warst du duschen, Manu?"

"Jepp, war ich. Und ich müsste mir heute mal Kleidung von dir leihen!"

Micha legte seine Stirn in unzufriedene Falten. "Nein, bestimmt nicht. Was glaubst du, was unsere Kollegen denken werden, wenn du nachher in meinen Anziehsachen aufkreuzt?"

"Das selbe, was sie denken werden, wenn ich die gleichen müffligen Sachen wie gestern trage", erwiderte ich überlegen, "Komm schon, du hast doch hundert pro irgendetwas, das du so gut wie nie anziehst!" Micha lächelte geschlagen: "Ich geb dir was, aber erst, wenn ich auch duschen war. Bis gleich."

"Bis gleich", erwiderte ich und gab ihm einen flüchtigen Kuss, bevor er ins Bad verschwand. Meine Klamotten lagen bis auf meine Boxershort alle vor der Waschmaschine und ich entschied, mich nochmal in der warmen Decke einzurollen, während ich wartete.

Dass das ein fataler Fehler gewesen war, erfuhr ich, als plötzlich ein lautes Rumpeln aus der Richtung des Badezimmers zu hören war. Sofort sprang ich auf, sprintete durch den Flur und rechnete damit, dass Micha auf den nassen Fliesen in oder vor der Dusche ausgerutscht war und ich im Notfall einen Krankenwagen rufen musste. Aber der Mann war nicht einmal bis in den Duschraum gekommen. Er saß heftig atmend direkt hinter der Tür, als ich sie aufriss, und schaute mich verschreckt an, als ich erleichtert eine Hand für ihn ausstreckte, um ihn hochzuziehen. Was ein Glück, er war bei Bewusstsein und schien nicht großartig verletzt! Nach kurzem Zögern schlug er ein und kam mit meiner Hilfe wieder auf die Beine.

Die darauf folgende Ohrfeige war so heftig, dass sie mich blendete und beinahe selbst von den Füßen riss. Ich stöhnte auf und taumelte rückwärts, bis mich die Wand hinter mir auffing. Vor meinen Augen flimmerten Lichtpunkte, die sich auch durch heftiges Blinzeln kaum vertreiben ließen. W-warum war das denn jetzt nötig gewesen?

"Okay, Manuel. Du hast jetzt genau eine Chance für die Wahrheit! Die ganze Wahrheit!" Michas Stimme zitterte, als er sich vor mir aufbaute, aber was er mir mit seiner Hand entgegen streckte, erkannte ich erst nach mehrmaligem Kopfschütteln endlich scharf. Augenblicklich sank mir das Herz im Körper hinab und machte meine Knie weich. D-die Taschenuhr... Scheiße, jetzt saß ich in der Falle! "I-ich..."

"Kannst du dir vorstellen, wie sich das für mich angefühlt hat!?", tobte Micha. Er sah zorniger aus, als ich ihn je erlebt hatte, völlig zurecht. "Ich dachte, das könnten meine letzten Momente sein! Dass jederzeit jemand aus seinem Versteck springen und mich ermorden würde! Warum? Warum bist du bei mir eingebrochen, hä? Und hast mich dann noch wochenlang beschattet?"

"Ich hab dich nicht beschattet", verteidigte ich mich kleinlaut, "Bitte Micha, ich liebe dich wirklich und ich hätte sofort ehrlich sein sollen, aber ich war zu feige. Ich hatte Angst, du willst danach nichts mehr mit mir zutun haben! Das war falsch, ich w-"

"Halt die Klappe, das will ich nicht hören! Warum hast du mich bestohlen?" Micha brauchte mittlerweile einiges an Körperbeherrschung, um mich nicht zu packen und zu schütteln, während er mich weiter mit seinen Worten und todbringenden Blicken an der Wand festnagelte. Ich wünschte mir so sehr, ich könnte einfach unsichtbar werden... Oder in einem Loch im Boden versinken, oder noch besser, in der Zeit zurück reisen und mein bescheuertes vergangenes Ich daran hindern, in Michas Wohnung einzusteigen! Dann wäre die ganze Scheiße nie passiert und wir hätten die Möglichkeit gehabt, ohne einen Haken an der Sache zusammen zu kommen. Es war alles meine Schuld gewesen, aber das hatte ich ja von Anfang an gewusst.

Youtuber Oneshots Vol.2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt