Manakete 2 (#Zomdado)

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Achtung! Dieser OS enthält über 8000 Worte! Rechnet mit einer Lesezeit von etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten!

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Ich hievte mich aus dem zersprungenen Fenster, stürzte, rappelte mich wieder auf und kämpfte gegen die Tränen, die sich nun ihren Weg hinauf bahnten. Vor Michael hatte ich mit Mühe und Not kalt bleiben können, aber in Wahrheit hatte alles in mir geschrien. Ich wollte hier nicht weg, die Akademie war so lange Zeit mein Zuhause gewesen und hier hatte es Menschen gegeben, die mich gut behandelt hatten. Einen Menschen, der vom Feind zu meinem besten Freund geworden war. Aber ich musste mir sagen, dass das jetzt vorbei war! Er hatte mich hintergangen und wenn man mich entdeckte, würden sie Jagd auf mich machen! Wenn das mein Herz nur auch so glauben könnte... Es dachte noch immer, es wäre hier willkommen und der heutige Tag könne einfach vergessen werden.

Ich kam nur taumelnd voran. Jeder Teil meines Körpers tat mir weh und als ich mich nach ein paar Metern verwandeln und losfliegen wollte, erwischte mich eine Windböe und riss mich zurück auf den Boden. Verdammt...! Ich war zu schwach, viel zu schwach! Und zu sehr verletzt, um auf meiner Flucht weit zu kommen! Aber die Angst und das Brennen in meinem Innersten zwangen mich nochmals auf die Füße, um einen zweiten Versuch zu starten. Es funktionierte und ich schaffte es, mich vielleicht eine viertel Stunde wie ein wirbelndes Blatt in der Luft zu halten, ehe ich dringend eine Pause brauchte. Ich konnte nicht mehr, jede Bewegung war zu einer elendigen Qual geworden! Nur kurz ausruhen und dann einen Unterschlupf suchen... vorerst. Morgen musste ich weiter, denn hier war ich noch nicht sicher. Noch weiter weg von Michael...

Während ich halb kriechend, halb strauchelnd eine Kuhle fand, in der ich mich in Menschengestalt für den Rest der Nacht zusammenrollen konnte, schweiften meine Gedanken umher. Ich musste einen Ort finden, an dem es genügend Essen für mich gab, vielleicht sogar medizinische Versorgung für die vielen Wunden und eine dauerhafte Bleibe. Nach viel mehr fragte ich schon gar nicht. Ich musste nur darauf vertrauen, dass Micha sein Wort hielt und ich irgendwann gefahrlos zu ihnen zurück konnte. Und bis dahin hieß es halt ausharren. Irgendwie. Obwohl mir jede Sekunde allein und ausgeliefert wie eine Ewigkeit vorkam, in der ich mich fragte, was in der Akademie passierte... Am besten erstmal schlafen und morgen weitersehen...


Aber es ging alles schief, was nur schiefgehen konnte! Wind war am nächsten Tag aufgekommen und peitschte über den Streifen Ödland, sodass ich mich nicht traute, einen weiteren Flugversuch zu starten. Als am Nachmittag noch Regen dazukam, verkroch ich mich zitternd in einem Erdloch in den Hügeln. Um weite Strecken zu wandern ging es mir immer noch nicht gut genug. Mir blieb nichts anderes übrig, als weiter zu warten und Tagträumen nachzuhängen. Was die Leute an der Akademie wohl gerade taten? Ich sah Michael vor meinem inneren Auge, wie er auf den Tempelstufen saß und in das Unwetter hinausschaute. Er hatte Regen nie gemocht und sich sehr über eine Ablenkung davon gefreut. Meistens war ich das gewesen. Jetzt musste er sich andere Spielkameraden für die Zeit zwischen den Schulstunden suchen. Vielleicht... vielleicht dachte er ja gerade auch an mich... oder er begann schon damit, die anderen von meiner Unschuld zu überzeugen... Mit knurrendem Magen und schwirrenden Gedanken dämmerte ich langsam ein.

So verging eine halbe Woche. Nie wurde das Wetter besser und ich war gezwungen, weiter zu warten und auf ein Wunder zu hoffen. Und in der ganzen Zeit hatte ich keinen Bissen zu mir genommen. Zwar gab es in den unterirdischen Gängen kleine Nagetiere, die mir trotz Angst vor Krankheiten und Mitleid irgendwann doch wie eine köstliche Mahlzeit erschienen, aber sobald ich mich an sie heranschleichen wollte, waren sie mir auch schon entwischt. Die Biester waren einfach zu schnell und ich zu erschöpft, um sie zu fangen! Ich verlor vor lauter Hunger immer leichter die Nerven, durchwachte ganze Nächte vor Bauchschmerzen und war am Morgen des sechsten Tages sogar zu schwach, um mich überhaupt noch vorwärts zu schleppen. Verzweifelt stierte ich mit roten, gequollenen Augen in den Himmel über mich in der Erwartung, bald in den ewigen Schlaf überzugleiten, als ich Geräusche ganz in der Nähe hörte. Micha! Micha hatte die anderen überzeugen können und mich gefunden, um mich zurückzubitten! Aber es war nicht mein alter Freund, der sich schließlich über mich beugte, sondern ein Fremder. Aber immerhin eine Menschenseele, die nichts von meiner wahren Identität wusste und vorhatte, mir den Gnadenstoß zu versetzen...!

Youtuber Oneshots Vol.2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt