Alles Gute kommt von Oben 2 (#Zomdado)

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Eine Weile war alles gut gegangen. Der kleine Schneckchen-Junge und ich waren Freunde geworden, ich hatte mein Zimmer mit ihm geteilt und ihn meinen anderen Freunden vorgestellt. Natürlich war das Geschrei groß gewesen, nachdem meine Mutter den fremden Jungen nach gerademal drei Stunden der Geheimhaltung entdeckt hatte, aber da er ihr mehrmals erklärte, dass er hier keine Eltern habe und ihn niemand vermissen und sich melden würde, gab sie es irgendwann einfach auf und seitdem gehörte er mehr oder minder zur Familie.

Niemand außer mir wusste, dass Maudado in Wirklichkeit kein richtiger Mensch war. Ich hatte seine Fühler jeden Morgen sorgfältig unter seinen Haaren versteckt und regelmäßig nachgeschaut, ob sie für die anderen noch immer unsichtbar waren. Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass er ein Alien sein musste. Denn obwohl er unsere Sprache beherrschte, kannte er die Regeln und Gepflogenheiten nicht, die ich für so alltäglich und uninteressant gehalten hatte. Er konnte kein Besteck halten oder damit essen. Er wusste nicht, wie man sich ordentlich anzog. Abends kaute er auf seiner Zahnbürste herum, anstatt sich damit die Zähne zu putzen und manchmal durchsuchte er völlig grundlos fremde Taschen, Mülleimer, Schränke und Schubladen, sodass er nicht selten ausgeschimpft oder schräg angeschaut wurde, ehe ich den Betroffenen erklären konnte, dass Maudado kein Dieb, sondern einfach nicht gut erzogen war. Er stand dann immer nur daneben und lächelte mit dem Gesicht eines vollkommen unschuldigen Engels, sogar wenn andere ihm Gewalt androhten und ich ihn retten musste. Er war... schwierig... Und ich litt immer mehr unter dem Ruf, den mein Freund mir verschaffte. Einige meiner Kumpels verweigerten sich bereits komplett, etwas mit mir zu unternehmen, wenn ich den Kleinen mitschleppte, andere ertrugen es stumm, aber gereizt und ungeduldig. Und ich begann es einzusehen: Maudado musste sich dringend bessern! Wie auch immer ich das anstellen wollte, er musste anfangen, wie wir Menschen zu werden, sonst würde auch ich ein kompletter Außenseiter werden und das wollte ich nicht!

Vor dem Schlafen gehen entschied ich mich, das Thema noch anzusprechen. Dann konnten wir schon morgen beim Frühstück daran arbeiten, obwohl ich aus einer früheren Diskussion mit ihm wusste, dass er sich nicht verändern wollte. Aber jetzt musste es halt sein!

Wie erwartet reagierte er betroffen: "A-aber ich tu damit doch niemandem etwas! Es fällt mir so schwer, wie andere zu sein, verstehst du Micha?"

Ich nickte, hielt seinem Hundeblick aber trotzdem stand. Überall um Maudados Mund klebte noch Tomatensoße vom Abendessen. Nicht einmal gewaschen hatte er sich... Das konnte doch auch für ihn nicht gut sein! "Wenn du dich aber nicht normal verhältst, dann wird niemand etwas mit dir zu tun haben wollen. Und mit mir auch nicht mehr, weil ich dich immer in Schutz nehme. Und das möchte ich nicht!"

"Aber du hast doch mich!", lächelte der Blonde hoffnungsfroh. Er verstand es einfach nicht...! "Ich will aber nicht nur dich haben! Die anderen sind mir auch wichtig, also bitte lern so zu sein, wie der Rest ist, ganz normal!"

Maudados Augen weiteten sich erschrocken und sein breites Lächeln erlosch. "O-okay... Wie du meinst...", sagte er mit hohler Stimme, drehte sich von mir weg, damit ich sein Gesicht nicht länger sehen konnte, und zog sich hastig unter seine Decke zurück. Ich empfand Mitleid für ihn, aber morgen würde er sich hoffentlich wieder gefangen haben und wie sonst auch fröhlich in den Tag starten! Und wenn er erst bemerkte, wie einfach es war, mit Besteck zu essen oder sich selbst anzuziehen, dann würde er es von alleine immer richtig machen!


Doch als ich beim Aufstehen seine Decke zurückzog, war Maudado verschwunden. Spurlos, sein Bettzeug war kalt und nichts wies darauf hin, wo er jetzt sein könnte. Der Anblick traf mich tief und besorgt begann ich, durchs Haus zu tigern, auf der Suche nach einem Hinweis von ihm. Aber ich fand nichts!

"Micha, was ist denn los? Solltest du dich nicht zur Schule beeilen?", fragte meine Mutter, als ich zum sechsten Mal noch immer im Schlafanzug in die Küche tapste und mich umschaute. "Hast du Maudado gesehen? Er ist einfach weg und ich weiß nicht, wohin er verschwunden ist!"

Sie schaute irritiert. "Mauda-wer? Was soll das schon wieder sein?"

"Na, der kleine Junge! ...Der die letzten Tage bei uns verbracht hat?", setzte ich noch nachdrücklich hinzu, aber sie verstand nicht, was ich ihr sagte. "Hier war aber kein Junge. Sicher dass es dir gut geht Micha? Oder kommt das etwa auch von deiner blühenden Fantasie?" Mitleidig lächelnd kam sie auf mich zu: "Ich bin echt glücklich, wie sehr du manchmal noch ein Kind bist, aber pass auf, dass das nicht überhand nimmt und du nur noch in dieser Welt lebst, ja?"

"Ich habe ihn mir nicht nur eingebildet!", wehrte ich mich heftig, schob ihre Hand beiseite und stürmte hoch in mein Zimmer. Maudado war nicht nur eine Einbildung gewesen! Meine Mutter hatte ihn auch gesehen und mit ihm geredet, egal was sie jetzt auch behaupten mochte!
Ich hoffte nur, dass es ihm gut ging, wohin auch immer er weggelaufen war...


Etwa eine Woche später verstand ich dann endlich. Mein Leben war ohne meinen guten Freund genauso langweilig geworden wie zu der Zeit, bevor ich ihn kennengelernt hatte. Normal, grau und öde. Und ich war Schuld an seinem Verschwinden. Als ich ihn genauso grau hatte machen wollen, hatte ich ihn in Wirklichkeit verstoßen, meine Fantasie gekappt und sämtliche Erinnerungen der anderen zurückgesetzt, damit ich wieder wurde wie alle anderen. Jetzt hetzte ich mit einem geklauten Stapel Kopierpapier durch die Schulflure, hin zu den breiten Treppenstufen ins Erdgeschoss, wuchtete die Blätter auf die Balustrade und schubste sie nach unten.

Ich musste dringend Chaos anrichten! Alles so außergewöhnlich wie nur möglich tun! Länger hielt ich die Normalität nicht aus! Zufrieden sah ich die aberhunderten, weißen Zettel nach unten flattern, ehe ich weiterlief und über das andere Treppenhaus zu den Türen gelangte. Was machte ich jetzt in der Stadt? Genau, ich würde Schimpfwörter in jeden Papierkorb der Stadt rufen! Dann mein Brot zerkrümeln und damit Muster auf Parkbänke legen! So verrückt wie es nur ging! Was die fremden Leute dabei dachten war scheißegal. Im Gegenteil, die Verwirrung stand ihren unkreativen Gesichtern ausgezeichnet! Zum Glück war ich nicht länger wie sie.

Als beides erledigt war, schnappte ich mir meine Schultasche und rannte nach Hause. Hoffentlich hatte das schon gereicht! Völlig außer Atem kam ich in unserem Garten an, stellte mich mit ausgebreiteten Armen unter den Apfelbaum und rief: "Maudado! Bitte komm wieder zurück!"

Aber nichts tat sich da im Himmel. Keine kleine Gestalt purzelte aus den Wolken, nur um wieder im ausladenden Blätterdach zu landen. Eine Weile stand ich noch erwartungsvoll da, dann ließ ich geschlagen meine Arme sinken. Es war eine einmalige Sache gewesen und ich hatte meine Chance verspielt...! Er... würde nicht wiederkommen, richtig? Schniefend drehte ich mich mit hängenden Schultern um und... da stand er, direkt vor mir. Seine großen Augen schauten mich etwas unsicher an, seine Hände waren schüchtern ineinander verschränkt und seine Fühler lösten sich eben gut sichtbar aus seiner gekräuselten Frisur. Maudado! Er war wieder hier! Überwältigt schloss ich ihn in meine Arme und drückte ihn an mich. "Es tut mir so leid, dass ich dich im Stich gelassen und solche Sachen zu dir gesagt habe! Ich hätte wissen sollen, was genau du bist!"

"Ist schon okay, Micha", murmelte er leise, während er ebenfalls seine Arme um mich schlang. Endlich hatte ich ihn wieder! "Ich werde dich nicht noch einmal verraten, versprochen!"

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Ich hab mich übrigens beim Ankündigen der nächsten Geschichte vertan... Und zwar meinte ich die ganze Zeit, es würde um #Zomdado als Shipping gehen, in Wirklichkeit ist es aber #GermanLetsDado *facepalm*! Ich habs bis heute nicht bemerkt, sorry Leute! Hoffentlich freut ihr euch trotzdem, ich glaube, den Ship gabs bei mir noch gar nicht :)

Bisher sind 10 Kapitel fertig, rechnet in der zweiten Osterferienwoche mit der Veröffentlichung der ersten Teile. 

Youtuber Oneshots Vol.2Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang