Der Schein trügt

6.6K 353 56
                                    

Kapitel 14 - Der Schein trügt

„Komm schon!" Sam hüpfte mit den Tellern in der Hand auf und ab.
„Vergiss es!", sagte ich. „Stell bitte das Zeug ab, ich kann schon sehen, wie du sie fallen lässt!"
„Meinst du so?" Grinsend ließ sie einen Teller ein Stück weiter ihre Finger entlang rutschen und fing ihn im letzten Moment auf.
„Argh! Sam, bitte!", rief ich und wandte mich von ihr ab.
Sie lachte und deckte den Tisch fertig.
Gerade, als ich dachte, sie würde nicht weiter quengeln, zappelte sie wieder vor mir herum.
„Komm, bitte! Sag mir wenigstens, ob er gut küsst!"
Ich seufzte und hob die Hände. „Ok, von mir aus. Ja, tut er!"
Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
„Glaube ich zumindest...", murmelte ich.
Immerhin war er der erste, den ich in meinem Leben je geküsst hatte, aber es war... toll gewesen.
Ich schloss kurz die Augen und lächelte, bis mich Sam anstupste.
„Nicht träumen!"
Ich streckte ihr die Zunge heraus und setzte mich an den Tisch. „Bist ja nur neidisch..."
Lachend stellte sie das Essen auf den Tisch. „Etwas."
Ich musste lachen und schöpfte mir Nudeln mit Soße. „Im Ernst?"
„Quatsch!", grinste sie und winkte ab. Einen Moment lang starrte sie verträumt an die Decke.
„Warte mal... Gibt es bei dir auch jemanden?" Ich zog fragend die Augenbrauen hoch, als sie rot wurde und schnell den Kopf schüttelte.
Ich grinste wissend.
Sam wandte den Blick auf ihren Teller und spießte ein paar Nudeln auf.
Mein Grinsen wurde nur noch breiter. „Ich find es schon noch raus!"

Nach dem Abendessen, machten wir zusammen die Küche und hatten dann eigentlich vor einen Film anzusehen, da klingelte es plötzlich an der Wohnungstür.
„Hä?", machte Sam, drückte auf 'Pause' und stand auf.
Nur in Shorts und einem Top tapste sie zur Tür.
Abwartend drehte ich die Schüssel Popcorn, die wir vorher gemacht hatten, in meinen Händen hin und her und lauschte auf Sam und ihren Besucher.
„I-Ich... Er hat...", schluchzte jemand.
Verwundert sah ich auf, doch von Sams Zimmer aus, in dem der Fernseher stand, konnte man nicht bis zur Tür sehen.
„Schhhh... Beruhig dich erstmal. Alles wird gut!", drang Sams Stimme zu mir.
„Alles wird gut, Florence..."
Der Name ließ mich aufhorchen.
Etwas in meinem Inneren verleitete mich dazu, aufzustehen und in den Flur zu laufen, auch wenn es mich nichts anging.
Das waren ihre Angelegenheiten.
„Komm erst mal mit rein, ich mach dir eine heiße Schokolade.", sagte Sam gerade.
Die beiden standen in der offenen Wohnungstür, Florence in Sams Armen.
Sie weinte.
Plötzlich schoss mir durch den Kopf, was sie heute Mittag gesagt hatte.
Dass sie das auch kannte, wenn der Freund rumstresste...
Ich musste schlucken.
„Chloé!", rief Sam auf einmal, senkte dann aber die Stimme, als sie mich hinter ihnen erblickte. „Oh, da bist du ja."
Florence sah ebenfalls auf und wischte sich schnell mit dem Handrücken über die Augen und wandte ihr Gesicht dem Boden zu, doch ich hatte schon genug gesehen.
Auf ihrer Wange war noch deutlich der Abdruck einer Hand zu sehen.
„Kannst du bitte eine Decke aus dem Schrank in meinem Zimmer holen?", meinte Sam und bugsierte Florence an mir vorbei in die Küche.
„Mach ich" Ich schloss schnell die Tür hinter den beiden und durchsuchte dann Sams Kleiderschrank nach einer Decke.
Als ich fündig geworden war, brachte ich die Decke in die Küche und reichte sie Florence, die mir ein schwaches Lächeln zuwarf.
„Danke" Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und deutete noch darauf hin, dass sie geweint hatte.
Ich rang mir ebenfalls ein Lächeln ab.
Sam hantierte derweil am Herd herum. Als sie fertig war, stellte sie einen dampfenden Becher heiße Schokolade vor Florence auf den Tisch, die einen Arm aus der Decke streckte und danach griff.
Sobald sie einen Schluck getrunken hatte, wurde ihr stetiges Zittern weniger.
„Also...", setzte Sam an. „Und jetzt erzähl noch mal in Ruhe was passiert ist."
In Florences Augen sammelten sich Tränen an. „Er hat mich geschlagen... W-wieder und-"
Sie holte tief Luft, um sich selbst zu beruhigen. Sam legte ihr eine Hand auf den Unterarm.
Mein Magen zog sich zusammen.
Es hatte doch damit zu tun, was sie heute Mittag gesagt hatte.
Fröstelnd zog ich die Beine auf den Stuhl und schlang schützend die Arme um meine Knie.
„Er wollte mit mir schlafen, aber... ich, ich wollte nicht und d-dann hat er m-mich geschlagen und..."
Sie zog geräuschvoll die Nase nach oben und wickelte sich fester in die Decke ein.
„...und dann hat er mich einfach-"
„Schhhh..." Sam nahm sie in den Arm. Florence zitterte wieder unkontrolliert.
„Du musst es nicht sagen. Alles gut...", flüsterte sie und wiegte Florence hin und her.
Mein Blick war starr auf die Tischplatte gerichtet.
„Ich wollte, dass mein erstes Mal etwas Besonderes wird... Nicht so, verstehst du?", schluchzte sie und klammerte sich an Sam fest.
„Ich weiß. Schhhh..."
Mein Magen zog sich zusammen.
Florence war vergewaltigt worden?
Es schien so, als wäre ich nicht die einzige Person mit Problem. Und zwar mit ziemlich großen...

Feel like dancing (Zayn Malik)Where stories live. Discover now