Chapter 3

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Louis

Doktor Faymann schloss die Tür leise und bat mich Platz zu nehmen. Ich tat was er sagte und setzte mich auf den Stuhl, welcher durch einen langen arbeits-Schreibtisch, von Doktor Faymanns Stuhl getrennt wurde.

Ich wusste nicht was ich sagen wollte.

Eigentlich war ich auch einfach zu müde um etwas zu sagen. Also herrschte Stille.

„Louis.“ Seufzte der Doktor nach einiger Zeit in der ich mich in dem Zimmer umgeschaut hatte. Ich schaute nun zu ihm, sagte aber nichts. Meine Augenbrauen schossen fragend in die Höhe. „Harry geht es gut.“ Sagte er dann knapp und durchblätterte seine Unterlagen. „Gut?“ Fragte ich nach und während Doktor Faymann in seinen Unterlagen immer noch etwas suchte nickte er.

„Einfach nur gut?“ Fragte ich noch einmal, etwas kräftiger. „Ja, Louis, ihm geht es gut, er lebt, und er hat einen Autounfall überlebt. Aber…“

Es wurde still und ich beobachtete wie Doktor Faymann endlich zwei beschriebene Blätter aus seinen Notizen und Unterlagen zog.

„Aber, was?“ Meine Stimme brach leicht ab. Schon seit ich ein Baby war, wusste ich, dass wenn nach einer guten Nachricht ein ´aber´ folgte NIE eine gute Nachricht kommen würde.

Doktor Faymanns Augen bewegten sich hin und her, während er schnell die Zettel überflog.

„Harry wird sehr wahrscheinlich wieder aufwachen, wir haben ihn heute noch einmal untersucht und haben festgestellt, dass sein befinden sich gebessert hat. Harrys Kopfwunden heilen sehr schnell und die inneren Verletzungen die er erlitten hat sind auch schon fast wieder verheilt.“

Es wurde wieder still.

Eigentlich hätte ich mich freuen sollen, oder? Eigentlich hätte ich lächeln müssen, oder? Eigentlich hätte ich vor Freude weinen sollen, da ich wusste, dass Harry aufwachen würde, oder?

Nein, hätte ich nicht, denn in Doktor Faymanns Gesicht lagen immer noch Unsicherheit und ein Geheimnis, dass er mir vorenthielt. Er las weiter seine Notizen und ich wendete den Blick nicht von ihm ab.

„Wo ist das ´aber´?“  Fragte ich dann kalt, nachdem die Stille schon fast peinlich war.

Doktor Faymann atmete tief ein, schloss die Augen, atmete mit einem Seufzer wieder aus und legte seine Hände dann gefaltet auf den Tisch, als würde er Gebete in den Himmel schicken.

„Doktor…“ Fragte ich dann erneut und meine Stimme klang sehr leise, was mir Angst machte, da ich es nicht gewohnt war, von mir.

„Louis, weißt du…“ Fing er dann an und ich setzte mich etwas gerader in den Sitz.

„Man kommt nie ungeschoren davon. Harry hat Verletzungen am ganzen Körper, und wir konnten ihn gerade noch vor dem Sterben retten. Er ist ein sehr starker Junge und ich weiß dass er kämpft. Er bekommt alles was während seinem Tiefschlaf passiert mit. Er hört es. Und ich weiß, dass er darum kämpft aufzuwachen.“

Ich musste leicht lächeln.

„Aber weißt du… Menschen verändern sich nach so einem Unfall. Sie verändern sich körperlich und menschlich. Damit meine ich zum Beispiel Harrys Narbe die sich durch sein Gesicht, über die Mundwinkel zu seinen Nasenrücken, bis hin zu seiner Stirn zieht. Die Narbe wird für Ewig bleiben. Da gibt es kein drum herum.“

„Damit kann ich leben.“ Sprach ich Doktor Faymann dazwischen.

„Die Frage ist nur ob du mit seinen menschlichen Veränderungen leben kannst, Louis. Noch nie ist jemand aus dem Koma erwacht und hat da weiter gemacht wo er aufgehört hat. Manche haben ihr Gedächtnis verloren, manche haben sich von den Menschen abgewandt die sie einst geliebt hatten…“

Ich spürte wie mein Herz kurz aussetzte.

„Manche ändern ihr Verhalten, ihre Lebensweise, ihre Gedankenwelt… Manche driften auch ab, da sie nicht mehr mit ihrem Leben klarkommen. Wir mussten schon oft wieder Komapatienten aufnehmen, weil sie einfach nicht mehr klarkamen, da sie zum Teil durch das Schlafen in der Komaphase bis zu einem halben Jahr in ihrem Leben verpasst hatten.“

„Was wollen sie mir damit sagen, Doktor Faymann?“ Erwiderte ich dann schnell und lehnte mich ein kleines bisschen nach vorne um ihm besser in die Augen schauen zu können.

„Ich will dir die Konsequenzen schon vorab klar machen.“

Wieder wurde es still.

„Nicht, dass es dich plötzlich überrumpelt und du kein Ahnung mehr von gar nichts hast.“

„Aber es muss nicht sein, dass Harry seine Verhaltensweisen ändert oder? Es muss nicht sein, dass sich alles ändern wird wenn er aufwacht?“

Ich spürte wie meine Hände zu zittern begangen und meine Augen sich mit Tränen füllten.

Doktor Faymann schüttelte den Kopf.

„Es kann auch sein, dass er einfach nur einen Teil seines Gedächtnisses verliert.“

Mit meinem Handrücken fuhr ich über meine Augen und schniefte schnell. Louis, beruhig dich, Harry lebt, er wird wieder aufwachen, er wird dich immer noch lieben, vielleicht wird er einiges vergessen haben, aber das könnt ihr gemeinsam wieder nachholen. Du kannst ihm beibringen zu verstehen. Du kannst ihm wieder beibringen sich zu erinnern. Eine kleine Stimme in meinem Kopf redete sanft auf mich ein.

„Louis.“ Doktor Faymann stand auf und ging um den Schreibtisch herum zu mir. Er ging in die Knie, sodass er auf Augenkontakt zu mir stand. Seine Hand lag leicht auf meiner Schulter.

„Ich will dir das nicht verheimlichen, obwohl ich es in deinem jetzigen Zustand gerne machen würde, aber…“

Bitte nicht schon wieder ein ´aber´!

„Harry hat in seinem Gehirn schwere Schäden die wir nicht beseitigen konnten.“

„Was für Schäden?“ Schluchzte ich leise.

„Es sind Schäden in der Gefühlshälfte seines Kopfes, in der Bewusstseinshälfte und in der Hälfte wo er Entscheidungen durchführt.“

„Was genau bedeutet das?“ Fragte ich nach, wusste aber im Grunde genommen schon die Antwort darauf.

Doktor Faymann seufzte schweren Herzens.

„Harrys Verhalten wird zu 90 Prozent verändert sein. In welchem Sinne genau, weiß ich nicht.“ 

TORN (Larry Stylinson FanFiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt