Teil 26

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Irgendwann an einem Donnerstag rempelte mein Bruder mich im Schulflur an. Genervt stöhnte ich auf und ging weiter.

"Wie alt bist du eigentlich?" fauchte mich James plötzlich an.

Ich drehte mich stirnrunzelnd um. Er hatte mich doch angerempelt!

"Willst du mich jetzt bis ans Ende unseres Lebens ignorieren?" fragte er und lachte noch, doch blieb ernst.

"Ich ignoriere dich nicht, ich sehe nur keinen Grund mehr mit dir zu reden." sagte ich kalt und sah dann aus dem Augenwinkel meine Freunde zu mir kommen.

"Ich bin dein Bruder!" sagte er nachdrücklich, doch das bewegte mich jetzt nicht mehr.

"Ich weiß. Wir leben im selben Haus." erwiderte ich unberührt.

"Dann erklär mir warum du plötzlich so... so anders bist?"

"Nein!" beschloss ich kurzerhand. Ich sah James zwar an, aber groß fühlen tat ich nichts mehr.

"Nein?" wiederholte er nun wütend und begann dann mich anzuschreien, was ich unberührt überhörte bis er "...wieso nicht?" fragte.

Bedeutungslos zuckte ich mit den Schultern: "Weil ich es aufgegeben habe dir irgendetwas zu erklären. Ich kann das einfach nicht mehr."

"Und was soll das wieder heißen?" fragte er und klang nun weniger wütend, sondern mehr vorsichtig.

"Das musst du wissen!" meinte ich einfach "Alles was ich weiß ist, dass ich dir nicht alles verzeihen kann, besonders wenn du nicht einmal merkst was du tust. Du tust mir so, so oft weh, James. Manchmal absichtlich und manchmal nicht, aber das spielt für mich keine Rolle mehr. Ich bin es leid dir alles zu vergeben, so zu tun als wäre alles okay, als wäre ich jemand anderes. Die Wahrheit ist nämlich die, du kennst mich nicht. Du kennst mich nur als, die die die Klappe hält und sich biegen lässt wie es die Familie will, aber das bin ich nicht! Nicht wirklich!" erklärte ich ruhig.

James erwiderte nichts darauf, also sprach ich einfach weiter.

"Ich weiß, dass du es nicht siehst, deshalb sage ich es dir jetzt direkt ins Gesicht: Du bist ein grauenvoller Bruder! Du tust als wärst du es nicht, aber du bist es. Du tust in der Öffentlichkeit so als würdest du mich beschützen, aber das hast du nie getan. In Wahrheit hast du mir immer am meisten geschadet."

"Ali, ich weiß-"

"NEIN!" schnitt ich ihn harsch ab und Holden und Nate kamen nun näher, während ich nach zwei Wochen wieder mit den Tränen kämpfte "Du weißt nichts! Woher denn auch? Du warst ja nie da, wenn ich dich gebraucht habe! Du hast keine Ahnung was ich alles durchgemacht habe!" brachte ich weinend und nur noch mit halber Stimme raus "Sieh mich an! Hier wo ich jetzt stehe, bin ich alleine hergekommen! Ohne dich! Ohne Mum oder Dad! Ihr wart nie da! Und wenn doch habt ihr es nur noch schlimmer gemacht! TROTZDEM habe ich nie etwas gesagt, habe alles mit mir machen lassen, selbst als ich am Rande des Abgrunds stand sagte ich nichts!"

Holden und Nate sahen uns geschockt an. Dennoch hielt James seinen unlesbaren Gesichtsausdruck. Es schien ihn kein Stück zu berühren und das brachte mich zur Weißglut.

"Letztes Jahr war ich drauf und dran mich umzubringen!" erzählte ich, was nun doch, endlich, meinem Bruder eine Reaktion entlockte. Bestürzt und mit offenem Mund sahen er und seine Freunde mich an, während meine Freunde mich nur bedrückt, aber aufmunternd anlächelten. "Vor einem Jahr bin ich zu dir gekommen. Du hast irgendein Videospiel gespielt und ich..." unter Tränen sah ich zu meinen Freunden, die nun auch mit dem Wasser in den Augen kämpften "...wir hatten einen wirklichen scheiß Tag. Ich bin zu dir gekommen und hab versucht mit dir zu reden. Ich hatte so, so gehofft du würdest mich wenigstens nur dieses eine Mal in den Arm nehmen, denn ich hätte es wirklich gebraucht. Aber stattdessen hast du mich rausgeschmissen, hast mir gesagt heul leise und verschwinde! Hast du eine Ahnung was ich an diesem Tag verloren habe?" warf ich ihm vor "Ich hab überlegt mir ein Messer aus der Küche zu nehmen und mir einfach die Pulsadern aufschneide, weil ich diesen Schmerz nicht mehr ausgehalten habe. Am Ende fand ich mich auf einer Brücke wieder, bereit zu springen. Ich wollte es so sehr! Der einzige Grund warum ich noch hier stehe, noch atme und lebe, bist definitiv nicht du, sondern ein Student der mich gerade so noch am Kragen gepackt hat." 

Gebrochenes HerzWhere stories live. Discover now