Ocean Eyes [MERMAID!AU]

By xxFlasher2Nightxx

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"Ich darf doch sehr bitten! Meine Wenigkeit entspringt nicht Eurer blΓΌhenden Fantasie, sondern einem traditio... More

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Vor seinem geistigen Auge fand er sich in den starken Armen des Menschen wieder, der ihn und all seine zerbrochenen Teile zusammenhielt. Sie einzeln aus Cassian's blutigem Herz zog, ganz vorsichtig, sie betrachtete als hielte er reines Gold in den Händen und sich mit seinem intelligenten Verstand daran machte, aus den bunten Scherben etwas zu formen. Eine prächtige Explosion der verschiedensten Farben kreierte er mit dem, was dem Meerkind das Atmen zur Qual machte. Der Schwarzhaarige setzte die Splitter fürsorglich aneinander, verband die wildesten Färbungen und erstaunte den Blauhaarigen ein weiteres Mal. Ezra's Empfindungen wie Begeisterung und Motivation waren es, die Cassian lang nicht mehr am eigenen Leib fühlte. Eigentlich fühlte er seit der Trennung von Ezra gar nichts mehr, ausgenommen dem Schmerz und der bitteren Trostlosigkeit. Der Kälte. Der Wertlosigkeit. Dem Wunsch, jeder Atemzug mögen endlich der letzte gewesen sein. Und dann passierte es. Dann fühlte Cassian alles auf einmal, alles Gute was ihm abhanden kam flutete wie eine Sturmwelle auf ihn zu und begrub ihn unter heißer Ausgelassenheit. Sein verlorener aber nun wiedergefundener Selbsterhaltungsantrieb brachte ihn dazu, sich tanzend im Kreis zu drehen und himmelhochjauchzend strahlte er heller als hundert brennende Feuerplaneten, die bedrängenden Sorgen und niederträchtigen Stimmen schüttelte er wie federleichte Staubkörnchen von sich. Ezra nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sich, mit in seine farbige Dimension wo der Tag niemals endete und die Nächte mit funkelnden Sternen übersät zu überschwänglichem Leichtsinn lockten. Der Mensch entführte Cassian aus seinem Stadium der kryptischen Angst und hauchte dem tauben Geist beflügelnde Lebenslust ein, hielt ihn fest wenn er drohte zu fallen und fing ihn auf, wenn er bereits gefallen war.

Wozu die Sterne da oben belästigen, wenn der schönste von ihnen hier bei mir ist? Es leuchtet so schön...lass die Lichter nicht ausgehen...

*

*

*

Nach drei weiteren Wochen, in denen Harvey mit keinem Wort mehr über Guiseppe's Entschlafen gesprochen hatte, sich auch nebst dieser Verschwiegenheit nicht mehr so unnachgiebig um Cassian kümmerte weil er einfach selbst zu kaputt war, um noch etwas Positives in dieser Misere zu erkennen, akzeptierte er die Tatsache, dass das hier kein Leben war. Wie Cassian sagte...was war dieser schöne Fleck Erde wert, wenn man ihn mit niemandem teilen und bewohnen konnte? Richtig. Nichts. Kein muffiges Augenrollen, keine gewitzten Kommentare und keine Wangenküsschen beim gemütlichen Filmeabend. Kein Clayton.

Im Vordergrund stand jetzt die Sorge um die zwei Freunde, die miteinander Trost suchten und gemeinsam hinaus auf das Meer blickten, ungewiss, ob aus den Wellen ihre Liebsten jemals wieder freigegeben werden würden. Denn die blassen Silhouette die sie in ihrem Gegenüber sehen mussten, ließ die Zweifel nur so sprühen. Er war nicht mehr der Harvey, der Cassian, den sie kannten. Statt sich über die sinnlosesten Themen zu unterhalten und sich gemeinsam durch die Stille zu kämpfen, durchzog eine bleierne Trübseligkeit ihre gesamte Aura, die nicht besser wurde je markanter die Melancholie sich über sie haftete. Immer mehr zogen sie sich zurück und verschanzten sich in ihren Räumen, suchten Schutz vor weiteren Schmerzen, Schutz vor dem letzten Schlag. Cassian vergaß an den Essenszeiten seinem Freund Gesellschaft zu leisten und schlief oftmals auf der Couch ein, erschöpft und fürchterlich müde, wo ihn Harvey dann aber zudeckte und die kleine Lampe ausknippste.

Cassian hätte nie für möglich gehalten, dass sich seine Kindheit wiederholen würde.

Wie oft musste er noch jemanden verlieren?

Die Sonnenaufgänge wärmten ihn nicht mehr. Schon eine ganze Zeit lang verspürte er nichts anderes als Leere und innere Zerrissenheit. Er fühlte sich unvollständig, wie ein Puzzlestück das nicht ins Gesamtbild passte.

Ezra war kein einziges Mal gekommen.

Die Sonnenaufgänge schwanden von einem Zeitpunkt der Hoffnung zu einem Ort der Qualen, die Cassian still ertrug und sein blutendes Herz in seiner Brust umherschleppte. Cassian's illusionierte Runen, die er in seinen Träumen antraf wie sie sich in eleganten silbrigen Schnörkeln auf seiner Haut rühmten, erstrahlten in ihrer schönsten Pracht, verzauberten die harmonische Stimmung und das verdankte er dem Menschen, der seine zersplitterten Bruchstücke fein säuberlich zu einem atemberaubenden Mosaik zusammenfügte und dieses heillose Chaos an Farben dorthin setzte, wo zuvor das blutende Herz den Qualen erlag. Jetzt leuchtete Cassian wirklich wie ein Stern, der das Himmelszelt verließ um einzig und allein für die korallbraunen Augen zu strahlen. Diese Romanze überschritt die Grenze zwischen den Welten, überbrückte die Feindseligkeiten und fand im ärgsten Sturm ihren Beginn. Die Liebe brannte ihre Abstammung nieder, riss mit einem lechzenden Flammenmeer die Vergangenheit in Fetzen um aus der Asche eine neue Zukunft zu formen. Eine, in der Cassian mit seinem Menschen zusammen sein durfte. Und so hell, so klar das Licht strahlte, so matt und farblos hinterließ es den Ozeaner als der Zauber verstrich. So unmessbar himmlisch dieses falsche Trugbild auch war, umso brutaler fiel das Erwachen aus eben jenem aus. Cassian reckte sich nach dem Menschen, nach dem Halt dem er ihm bot. Aussichtslos. Die korallbraunen Augen verblassten und ein kümmerliches Wimmern war das einzige, zu was der vom Liebeskummer zerflossene Elternteil fähig war. Es tat zu weh, schon wieder seine besondere Person zu verlieren. Zuzusehen, wie ihm das einzige was ihm lieb und teuer war entrissen wurde.

Clayton kam nicht. Die Kinder kamen nicht. Ezra kam nicht. Ezra würde nicht mehr kommen. Nie wieder. Cassian hätte nicht untätig zusehen sollen wie ihm das Liebste genommen wurde - deswegen machte er sich schreckliche Vorwürfe. Weil Ezra für ihn kämpfte und Cassian, zu paralysiert von dem Schock, im Moment des Ernstfalles nur reglos dastand und zuließ, dass der Vater seiner Kinder mit ungemeiner Selbstlosigkeit zu einem schlimmen Schicksal in der Welt verschwand, die unter den majestätischen Wellen lauerte.

Und wieder verstrichen die Wochen so leise und zügig, als tickte der Zeiger der Wanduhr die Sekunden ab.

Sekunden. Minuten. Stunden. Tage. Wochen. Monate. Zeit schien nicht mehr existent zu sein.

*

*

*

Es war eine Nacht wie alle anderen, ununterbrochen derselbe Kreislauf, immer und immer wieder auf's Neue quälte sich Cassian mit einem unruhigen Schlaf und noch unruhigeren Nerven durch die langen, einsamen Stunden der dunklen Finsternis. Da gab es nämlich kein Licht, kein Fünkchen Licht das ihm beistand in dieser tristen Einöde seiner eigenen Gedanken. Es kam nicht selten vor, dass sich Cassian aus Melancholie und Wehmut aus dem elterlichen Bett erhob und es verließ, flüchtete. Zuflucht im reglosen Wohnzimmer suchte, irgendwo Hauptsache er würde nicht so bizarr daran erinnert werden, wie allein er war. Wie einsam.

Seine Kinder waren fort.

Ezra war weg.

Guiseppe weilte inzwischen seit einem vollen Mondwechsel nicht mehr unter ihnen. Er war heimgekehrt, heimgekehrt zu seiner Wendy, von der er sich vor so vielen Jahren verabschieden hatte müssen. Jeder verließ ihn, jeder der Cassian wichtig und an's Herz gewachsen war verließ sein Leben wie er es betreten hatte. Unverhofft, leise und viel zu rasch. Einfach so. Die Konsequenzen, die Spuren die von den Abschieden übrig blieben, prangten für ewig auf der geschundenen und drangsalierten Seele. Narben für die Ewigkeit.

„Ju-Ezra...", schniefte er wehleidig und zog sich die Laken weiter über den dunklen Haarschopf, kuschelte sich an Tata, versteckte sich darunter wie er es als kleines Kind immer getan hatte, wenn er traurig war und von Mutter getröstet werden wollte. „...k-komm endlich heim". Vermissen war das Härteste, mit dem er jeden Tag konfrontiert wurde, mit dem er irgendwie umgehen musste...er vermisste das Leben, das zusammen mit den korallbraunen Augen von ihm fortgegangen und nicht mehr wiedergekommen war. Vermissen kostete Kraft, Vermissen kostete Zuversicht.

„D-du bist so weit weg...u-und doch tiefer in meinem Herzen, als jede erdenklich andere Seele"

Wie lange hatte er sich Nacht für Nacht herumgewälzt und fand keinen Schlaf, fand keine Arme die auf ihn warteten und umarmten, ihm Wärme schenkten. Wie lange hatte er sich an die Illusion geklammert, die Gestalten in seinen fadenscheinigen Träumen wären real? So wahnsinnig und entsetzlich abgeschieden, ausgegrenzt, hatte er sich noch nie in seinem Leben gefühlt. Isoliert. Abgesondert. Allein stehend. Er versuchte Zuversicht zu hegen, auf Ezra's Versprechen der Rückkehr zu vertrauen und eben in der Zwischenzeit...weiterzumachen. Irgendwie. Aber wie konnte er weitermachen, hier, in dieser fremden Welt, ohne seine Familie? Es fühlte sich nicht nur einsam an, sondern auch falsch.

Schwerlich unterdrückte er ein Schluchzen, das in seiner Kehle festsaß und solange gegen seine spärliche Fassung rebellieren würde, bis Cassian abermals unter der Last seines Herzschmerzes zusammenbrechen würde, und hielt sich zur Sicherheit die Hand vor den Mund, wollte Harvey im Nebenzimmer nicht aufwecken und ihm mehr Sorgen bereiten als die zwei ohnehin schon durchzustehen hatten. Harvey, der für Cassian da war auf eine Weise, die mehr als nur Loyalität und Freundschaft symbolisierte, wurde sehr viel zugemutet. Ihnen beiden. Seit dem Abschied von Guiseppe, hatte sich die Stimmung zwischen den Freunden verändert - Harvey hatte sich verändert. Harvey lachte nicht mehr. Nicht mehr so, wie er es zuvor getan hat, wie er den Anschein all die Monate unter größter Anstrengung aufrecht erhalten hatte. Aufrecht erhalten musste, um den Willen des vereinsamten Seelenheils. Ihn schien es ebenso mitzunehmen wie Cassian, dass das Zimmer des Alten fortan leer und unbewohnt am Ende des Ganges darauf wartete, eine Rückkehr zu erfahren. Eine Rückkehr, die es nicht geben würde. Alle Sachen, alle persönlichen Habseligkeiten und Wertgegenstände, lagen unangetastet dar, wie Guiseppe sie zum letzten Mal hinterließ. Keiner der zwei war stark genug, sich in den Raum zu trauen und mit eigenen Augen das Ausmaß des mentalen Peins zu fühlen, der in diesen vier Wänden hauste. Lauerte.

Ohne bewusstes Zutun glitt Cassian's zitternde Hand über die Matratze, über das immens nach Ezra duftende Laken, und legte sich zielorientiert auf seinen Leib, zog kreiselnde Bewegungen mit den Fingerspitzen über die warme Haut und vergoss glitzernde Tränen. Das Engelchen war prächtig gewachsen trotz all der Miseren und unglücklichen Schicksalsschläge, selbst Ezra's weite Oberteile spannten inzwischen um die Wölbung und wohin sich Cassian gefreut hätte, dass das Kleine bald schon in die Familie geboren wäre, hielt sich die übliche Extase in Grenzen. Denn die Familie, die vor einem halb Jahr auf die Ankunft des Engelchens gewartet hatte, gab es nicht mehr.

Und das trieb Cassian an den Rande seiner Belastbarkeit.

„E-er kommt b-bald heim, m-mein Schatz", wimmerte er todestraurig und wusste nicht, warum er immer noch an seiner winzigen Hoffnung festklammerte, wie ein Ertrinkender sich nach einer helfenden Hand reckte.

Morgens begrüßte die aufgehende Sonne Cassian's in Mitleidenschaft gezogene Silhouette, benetzten die betrübten Augen mit dem gleißenden Licht und führten dem werdenden Elternteil dabei nur umso deutlicher auf, dass er wie all die Male zuvor einsam und verlassen am Strand kauerte. Wartend. Wartend auf jemanden, der nie wieder kommen würde. Ezra, sein misslich fehlender Ezra wäre doch längst wieder bei ihm, gäbe es einen Weg die Ketten und die unnachgiebigen Regeln der Meere zu umgehen oder abzuschwächen – was auch immer dort unter den Wellen passiert war: Cassian zerbrach aus den resultierenden Folgen. Er wollte nicht mehr aufstehen, er weigerte sich zu essen und fühlte nicht mehr, wie schön es war das Leben auszukosten. Er existierte einfach. Wozu? Darauf kannte er schon lange keine Antwort mehr. Ezra fehlte ihm zu sehr. Ein Leben in Gefangenschaft, in Gefangenschaft mit diesen nutzlosen und lästigen zwei Beinen und das nur, weil er so naiv war seine Freiheit für einen Menschen zu riskieren. Cassian's schlechtes Gefühl als Gewissensbisse einzustufen, glich der Untertreibung des Jahrhunderts. Als würde man Dagobert Duck einen neuen Geldspeicher versprechen und ihm ein leeres Sparschwein schenken.

Ezra würde längst zu seinem Gefährten zurückgekehrt sein, gäbe es eine Möglichkeit für ihn die Gesetze des Palastes zu verlassen. Aus den Gefahren dort unten zu fliehen, ganz gleich ob die Frage nach der maskulinen Männlichkeit nur belächelt wurde oder nicht. Was zählte denn das hohe Ansehen in einer fremden Kultur, wenn hier an Land ein sehnsüchtiger Gefährte samt Nachwuchs auf ihn wartete? Eine Familie, die ohne den liebevollen Familienvater nicht komplett versammelt war? Und diese Tatsache gaukelte Cassian das wohl schrecklichste Trugbild vor, was er sich in seinem grotesken Verstand zusammenspinnen könnte. Es war seine Schuld, dass Ezra fort war. Weil er nicht helfen konnte.

Er vermisste Ezra mit jedem verstreichenden Tag mehr, viel zu sehr als das er den Empfindungen in seinem Herzen Worte zur Erläuterung zukommen lassen könnte. Die Sonnenaufgänge zeugten von bitterer Einsamkeit und dem unstillbaren Verlangen nach dem Menschen. Die bloße Anwesenheit wäre genug, Cassian wollte keine Reichtümer oder sonstigen Wertgegenstände von dem Zweibeiner als Entschuldigung für lange Abwesenheit geschenkt bekommen. Seine Anwesenheit, das liebevolle Grinsen und die funkelnden korallbraunen Perlen unter seinen dunklen Haarspitzen waren alles, wonach sich der werdende Elternteil verzerrte. Er wollte sein Zuhause wieder bei sich haben. Er fühlte sich obdachlos ohne ihn, fühlte sich fehl am Platz, fehl in dieser Welt ohne seine Kinderlein. Fühlte sich fehl, so gänzlich ohne Sinn und Zweck.

Aber Cassian erlebte Sonnenaufgang für Sonnenaufgang allein.

Ohne den Gefährten mit den korallbraunen Augen.

Und es tat ihm so weh wie noch nie etwas in seinem Leben zuvor. Der Verlust der Kinder war nicht bemindert zu betrachten, im Gegenteil, jedoch war es der Mensch mit den korallbraunen Augen, zu dem das Herz des Meerkindes ein so unersättlich tiefes Vertrauensband geformt hatte, dass es ihn jetzt, ohne diesen geliebten Gefährten an seiner Seite, sichtlich zerriss und zerstörte. Die Sternenfragmente zerschellten und zerbrachen, Krümelchen drifteten durch die harschen Kollisionen auseinander und stoben wie bunter Glitzer in alle erdenklichen Himmelsrichtungen. So fühlte sich Cassian. Zerrissen. Zerbrochen...zerbrochen und zerschellt wie sein Bilderrahmen. Die Einsamkeit zerrte an ihm, er rang mit seinem Inneren so unsagbar hart und tendierte jeden Tag mehr dazu, sich in die Wellen zu stürzen und hoffen mit dem Kopf auf einen Stein zu krachen. Dann würden die korallbraunen Augen vielleicht aufhören, ihn heimzusuchen, ihn um den bitter nötigen Schlaf zu bringen und in seinen Träumen zu verfolgen. Er wünschte sich seinen Ezra zurück, ganz egal in welcher Gestalt. Meermensch. Zweibeiner. Halb Mensch, halb Möwe. Cassian legte wahrlich keinen Wert auf die Äußerlichkeiten, solange er nur endlich wieder in den Genuss dieser puren, reinen Seele kommen dürfte. Dem Vater ihrer Kinderlein. Seiner Kinderlein.

Du lebst in meinen Erinnerungen, so wie ich in deinen.

Aber Cassian...Erinnerungen sind bei Weitem nicht ausreichend. Es ist als würdest du einem Hungernden eine Traube zuwerfen und die restlichen Reben vor seinen Augen zu Dreck stampfen.

Schniefend richtete Cassian sich in seinem schützenden Nest aus Decken, Laken und Kissen auf, rieb sich die rot geweinten Augen und brauchte einige Minuten um sich ein wenig zu beruhigen. Er war müde, so schrecklich müde und es zerrte gewaltig an seinen Nerven, erneut eine klare Nacht zu sehen und nicht schlafen zu können. Seine Glieder zitterten und der Stress schlug sich merklich auf sein Gemüt, Cassian war entweder durch die wallenden und unkontrollierten Hormone so leicht reizbar, oder aber er beweinte seinen Verlust mit Herz und Seele. Die Sterne am Firmament allein kannten die Belastbarkeit ihres Gesellen, wie viel er noch hinnehmen konnte, bevor sein Leuchten sich für immer zur Ruhe legen würde.

Das Leben von mehr als nur einer guten Seele stand auf dem Spiel.

„Ich möchte schlafen, ich bin so erschöpft", hauchte er blinzelnd und schloss nur für einen Moment die Lider, ließ sich für die Dauer zweier Herzschläge gehen und gab sich den eisernen Griffen der Erschöpfung hin...und schreckte sogleich bitter zusammen. Tränen quollen aus seinen ozeanblauen Augen und rasch tupfte er sich die Wimpern trocken, ehe sein ausgelaugter Blick gen Fenster wanderte und hinaus auf die Spiegelung des Mondes sah. Nostalgie zog sich in Form eines traurigen Lächelns über sein blasses Gesicht. Wann immer sich mein Geist zur Ruhe legen möchte, wann immer sich meine Seele für keinen weiteren Kampf aufraffen kann...bist du da. Du und deine korallbraunen Augen, die mir so schrecklich fehlen. Mir...mir fehlt ein Teil von mir, ein großer Teil...

Wehmütig platzierte er eine Hand in seinen Gedanken versunken auf seinem Bauch, streichelte umsichtige sanfte Muster unter den Shirtsaum und vermied es konsequent, zu seiner Rechten zu blicken. Denn dort würde der zersplitterte, aber fein zusammengeklebte, Bilderrahmen auf ihn warten, in ihm das erste Portrait der beiden vereinten Gefährten. Der erste Nachweis einer funktionierenden Romanze, vor der sich die Welten beugten.

„Guiseppe", strahlte der Schwarzhaarige und wurde von dem Alten an der Haustür erwartet, auf seinen Armen trug er ein derart mysteriös elegantes und anmutiges Wesen, dass Guiseppe sich sicher war, das Märchenbücher keinesfalls der reinen Fantasie entsprangen. Wunder existierten. Und eines wurde von Ezra mit verliebten Äuglein über die Türschwelle hinein in ihr Haus getragen, das Wesen ruhte vertrauensvoll und nicht im mindestens verschreckt an der muskulösen Brust. Zuhause. So hatte sich Ezra vom ersten Moment an angefühlt, so hatte er gerochen, und gleichermaßen empfand der Träger der ozeanblauen Augen hier in dieser Behausung, so fremd sie auch auf ihn wirken mochte.

„Ich nehme an, das hübsche Kerlchen wird kein freigeräumtes Schlafzimmer benötigen?", neckte der Alte und folgte seinem aufgeweckten Wohngenossen in das Wohnzimmer, in dessen Mitte Ezra den unbekannten Jüngling sanft auf den Teppich absetzte und zur Sicherheit seine beiden Hände ergriff, damit er nicht stolperte oder das Gleichgewicht verlor – dafür besaß er die Beine noch nicht lange genug und es war in Ordnung, sich festzuhalten. Ezra würde immer da sein, um ihn zu halten. Über das Antlitz des Weltenkindes huschten verschiedene Emotionen, von Überraschung und Schreck hinüber zu Wohlbefinden und kindliches Lächeln breitete sich die Palette. Erfreut über die traute Erfahrung bewegte der Ozeaner seine nackten Füße, ließ sich von dem Teppich an den Zehen kitzeln und kicherte euphorisch über die Drehung, zu der Ezra ihn kurzentschlossen hochgehoben hatte. Der Schwung reichte aus um das vom Meer geschenkte Kleidchen samt silbriger Kettchen zum Wehen zu bringen, einen Teil der sinnlichen gebräunten Haut preiszugeben und den Dingen, die Ezra's Begierde zweifellos beanspruchen würde. Wie könnte er nicht, mit dieser elysischen Verkörperung aller erotischen Lustfantasien? Diese Liebe war zu bedeutsam, als das er sie verschwenden könnte.

Es war die Art von Liebe, die man ein Leben lang suchte und nur wenigen zuteil wurde. Eine Liebe, aus der Kinder hervorgehen können.

Beide vereinten Weltenkinder genossen diesen Moment, die Unschuldigkeit ihrer Wiedervereinigung trotz zweier gegnerischen Herkünfte, und wohin sich der Träger der ozeanblauen Augen abermals mit den neuartigen Teppichflusen beschäftigen wollte, wurde er sanft aber doch bestimmt auf Ezra's Schoß gehoben, der sich auf das Sofa nieder gesetzt hatte. Die zwei blickten sich immer noch grinsend an, studierten die ausgelassene Fröhlichkeit des anderen und Ezra war es, als habe er sein gesamtes Leben ausschließlich für diese paar kostbaren Sekunden gelebt. Freiheit. Hier, hier in den Armen des schönen Meerbewohners, der die Flosse bereitwillig gegen menschliche Beinchen getauscht hatte, fühlte er sich geborgen und diese Empfindung verstärkte sich alsbald, als der andere sich näher kuschelte und wohlig seufzend den Kuss erwiderte, auf den Ezra seit Wochen hingefiebert hatte. Ein Kuss mit der Macht, die Grenzen beider Welten zu erschüttern und die Regeln umzuwürfeln. Es passierte ohne bewusstes Zutun beider Seelengefährten, dass sie sich enger aneinander schmiegten und die verlorene Zeit aufholen wollten – die verlorene Zeit, die ihnen so grausam von Außenstehenden geraubt worden war. Aber jetzt waren sie hier, Seite an Seite, Herz an Herz. Arm in Arm. Und Guiseppe, der dem manisch verliebten Paar ihre Privatsphäre einräumte und respektierte, dass die jungen Gemüter der brausenden Intensität ihrer metaphorischen Schmetterlinge folgen wollten, freute sich für Ezra. Für sein Lächeln, das er wieder im Antlitz trug.

„Trotz meiner gelebten Jahre fühlt es sich an, als habe ich eben zum allerersten Mal ungezwungen und frei atmen können", keuchte der Träger der ozeanblauen Augen aufrichtig, seine geröteten Wängchen zeugten von der pulsierenden Zuneigung in seinem Herzen und bevor sein Partner auch nur einen Ton erwidern konnte, zog er ihn auch schon für einen weiteren stürmischen, leidenschaftlichen Kuss an sich, seufzte genussvoll als die menschlichen Hände über seinen Körper glitten und ihn markant enger zogen, sich nahmen was ihnen gehörte. Alles. Cassian's Herz überschlug sich, er fühlte sich so entsetzlich begehrt und geliebt, dass er glaubte zu träumen. Säuselnd wisperte er eine Botschaft an das Ohr des Menschen, seines Gefährten, dessen Liebe ihm die Kraft gab aus dem toxischen Palast fortzugehen und sich auf der anderen Seite seiner Heimat niederzulassen: „Zeige mir die Dinge, die ich versäumt habe zu erleben. Zeige sie mir alle, denn mein Herz gehört dir und meine Seele teilt sich deinen Weg"

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