Gefangen

By Consa_

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Tobias hat mit dieser Welt seit langem abgeschlossen. Den Angriffen und Beleidigungen seiner Rudelmitglieder... More

Prolog
Schattenwölfe
Ein Wind kommt auf
Jagd
Flucht
Gefängnis
Hauptquartier
Ruhe vor dem Sturm
Pläne schmieden
Letzte Fäden
Scherbenhaufen
Aufgeben
Alte Wunden
Neue Zuversicht
Training
Verbindungen
Benjamin
Ein Rabe
Aussprache
Aufkommende Probleme
Ein Herzschlag
Der schwarze Nachtschatten
Liebe
Wiederkehr
Ein Leben für ein Leben
Qualen
Etwas, das bleibt
Leidensgenossen
Ein Handelsangebot
Schock
Abmachungen
Vergeltung
Krieg
Brüder
Epilog
Letzte Worte

Erkenntnisse

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By Consa_

Ihr Plan war heikel. Zugegebenermaßen nicht ungefährlich. Doch auch nach Stunden war ihnen keine andere Möglichkeit eingefallen, dem Verließ zu entkommen. Tobias hatte zwar protestiert, aber er hatte einsehen müssen, dass er das Risiko wohl oder übel eingehen musste. Während sich Cara in eine Ecke ihrer Gefängniszelle zurückgezogen hatte, hatte Tobias laut nach dem Wächter gerufen. Zunächst reagierte niemand und der Omega war schon der festen Überzeugung, dass niemand ihn gehört hatte, als plötzlich ein Wächter vor den Verließen erschien.

"Was willst du?", blaffte ihn der Vampir an.

"Ich will mit Sebastian noch einmal reden", log Tobias und beobachtete, wie Zweifel sich in der Miene des Wächters widerspiegelten, "Er sagte, ich solle nach einem Wächter rufen, wenn ich bereit wäre für ein weiteres Gespräch. Das bin ich nun. Ich bin mir sicher, er wäre nicht erfreut, wenn ihr mich nicht sofort zu ihm bringen würdet. Immerhin geht es hier um die Beendigung des Krieges."

Selten war dem Omega eine Lüge derart leicht über die Lippen gekommen und er setzte den Wächter ganz bewusst unter Druck. Es war seit seiner Ankunft ersichtlich geworden, dass Sebastians Anhänger ihm absolut hörig waren. Sobald er etwas von ihnen verlangte, kamen sie diesem umwendend nach und stellten seine Befehle nicht in Frage. Daher konnte es nur förderlich sein ein wenig mit ihrer Angst, Sebastian zu enttäuschen, zu spielen. Die gewünschte Wirkung trat alsbald ein und der Wächter nickte eilig, zog einen Schlüssel hervor und öffnete Tobias Verließ, um es kurz darauf zu betreten, um den Omega zu packen und nach oben zu führen.

Ein törichter Fehler. Mit seiner ganzen Kraft warf sich Tobias gegen den Vampir, der Überraschungseffekt war auf seiner Seite, so dass dieser tatsächlich ins Straucheln geriet und nach hinten stolperte, wo er gegen die Gitterstäbe stieß. Der Omega hatte bei ihren Planungen befürchtet, er wäre für dieses Manöver nicht stark genug, umso zufriedener war er jetzt mit seinem Werk. Bevor sich der Wächter wieder fangen und auf Tobias stürzen konnte, schnellte Cara aus der Dunkelheit hervor. Mit Leichtigkeit schlüpften ihre Hände durch die Gitterstäbe und schlossen sich anschließend um den Hals des Wächters, dieser mühte sich mit Leibeskräften ihrem Griff zu entgehen, doch da hatte sich Tobias bereits die Arme des Vampirs geschnappt und hielt diese festumklammert. Zwar trafen ihn einige Tritte des Wächters, aber es gelang ihnen ihn so lange in Schach zu halten, bis er ohnmächtig zu Boden ging. Erleichtert aufatmend griff sich der Omega den Verließschlüssel und befreite damit auch Cara, die ihm ein Lächeln schenkte, als ihre Tür aufsprang und sie noch einmal zu dem Wächter hinunter blickte.

"Das nenne ich gute Teamarbeit", sagte sie fröhlich und stupste ihn dabei freundlich an der Schulter an.

"Trotzdem hätte dieser Plan genauso leicht scheitern können", warf Tobias ein, der beinahe ein wenig Mitleid mit dem Wächter empfand.

"Ist er aber nicht und das ist alles was zählt", brummte die Vampirin augenverdrehend, "Wir sollten uns beeilen und die Zeit nutzen. Es wird nicht lange dauern, bis Sebastian von dieser Sache erfahren und uns suchen wird. Ich hoffe, dass wir dem Schloss zu diesem Zeitpunkt schon entflohen sind, denn ich habe seine Wutausbrüche und Trotzanfälle mittlerweile satt."

Tobias konnte dem nur zustimmen und so schlichen sie auf leisen Sohlen, die Treppe, die von den Verließen nach oben führte, empor. Es gelang ihnen unentdeckt den großen Flur, an der Empfangshalle vorbei, zu überwinden und schließlich die großen, hölzernen Flügeltüren der Bibliothek zu öffnen, die dabei leise knarzten. Cara fluchte zwar, aber nach einem Moment des Innehaltens wirkte es so, als habe sie niemand gehört. Zielstrebig und ohne Zeit zu verlieren, steuerte Tobias zu jenem Regal, wo er beim ersten Mal das Buch über die Vampire entdeckt hatte und wurde nicht enttäuscht. Vorsichtig zog er das alte Buch heraus und strich über den leicht eingestaubten Einband. Behutsam, um die kostbaren Buchseiten nicht zu zerstören, blätterte er sich durch das Werk, bis er auf ein Kapitel stieß, das sich mit alternativen Ernährungsweisen beschäftigte.

"Sieh nur", flüsterte er leise zu Cara und deutete auf einen kurzen Absatz, "Neben der klassischen Ernährung mit menschlichem Blut ist es den Vampiren möglich, sich auch von tierischem Blut zu ernähren. Diese Umgewöhnung nimmt einige Zeit in Anspruch und kann anfänglich zu Unwohlsein führen. Sie erfordert ein entsprechendes Ritual, das den Vampir langsam auf die neue Blutart einstellt. Das Ritual sieht vor, dass der Vampir für einen Zeitraum von 14 Tagen ausschließlich Werwolfsblut konsumiert. Das Blut der Werwölfe ist einzigartig, da es sich dabei um die einzig vorhandene Mischblutart handelt, die menschliche wie tierische Bluteigenschaften besitzt. Es soll an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass der Geschmack äußerst bitter sein kann und womöglich Übelkeit erzeugt. Schädlich ist das Werwolfsblut jedoch nicht. Nach diesen 14 Tagen kann der Vampir problemlos tierisches Blut konsumieren. Er benötigt für seine Ernährung fortan kein menschliches Blut mehr."

"So hat es Benjamin also geschafft", murmelte Cara und grinste ihm dabei zu, "Wer hätte gedacht, dass wir ausgerechnet durch euer Blut auf den tierischen Geschmack kommen?"

Der Omega antwortete nicht darauf, sondern war ganz in seinen eigenen Überlegungen gefangen. Das Ritual war einfacher, als er es sich vorgestellt hatte und somit bestand noch Hoffnung, dass die Vampire ihren Kurs womöglich ändern würden. Mit der richtigen Person an ihrer Spitze könnten sie einen gänzlich neuen Weg einschlagen. Ein Weg des Friedens. Natürlich bestand die Schwierigkeit, dass man für das Ritual die Kluft zwischen Werwölfen und Vampiren überwinden müsste, aber Tobias konnte sich gut vorstellen, dass dies mit zäher Überzeugungsarbeit gelingen könnte. Nur war all dies eine Wunschvorstellung und unmöglich, solange Sebastian auf dem dunklen Thron der Vampire saß. Mit ihm stand und fiel ihr Kurs. Um den Frieden zu erreichen, musste man ihn also ausschalten.

"Jetzt wo wir das Buch gelesen haben, sollten wir verschwinden", entfuhr es Cara und die Vampirin drückte ihn eilig vorwärts, zurück zu den großen Flügeltüren.

Ihm fiel es sichtlich schwer, die Bibliothek hinter sich zulassen. Mit all ihren Geschichten und Geheimnissen. Doch sie mussten sich beeilen. Plötzlich landeten seine Augen im Vorbeilaufen auf einem weiteren Buch. Es war ihm zuvor nicht aufgefallen, da es in einer der höheren Regalleisten stand, dabei stach es aus allen anderen heraus. Der Buchrücken schillerte in blauen Tönen im Licht. Aus dieser Perspektive ließ sich kein Titel erkennen, bloß ein kleines, aufgedrucktes Symbol. Ein Wolf. Schneeweiß. Er stockte, ignorierte Cara völlig, die weiter Richtung Ausgang lief. Wie in Trance schritt er zu dem Buch hinüber, aber es war viel zu hoch, als dass er danach greifen konnte. Mittlerweile war auch Cara aufgefallen, dass er ihr nicht mehr folgte.

"Was tust du da?", fragte sie und folgte seinem Blick. Sie erstarrte.

"Ist das ein weißer Wolf?"

"Ich denke schon", antwortete er.

"Ich dachte, jegliche Schriften über die weißen Wölfe seien zerstört worden", murmelte Cara ehrfürchtig, bevor sie ihre Hände zusammenfaltete und daraus eine Stufe bildete.

"Na los, ich heb' dich hoch."

Diesem Angebot kam er nur zu gerne nach und Dank Caras Hilfe, hatte er das Buch nur wenige Sekunden später heruntergeholt. Auf dem Buchdeckel setzten sich die Blautöne fort, sie zeigten einen Wald. Im Vordergrund waren zwei weiße Wölfe abgebildet, deren schwarze Augen im Licht leuchteten.

"Sie sind wunderschön", entfuhr es ihm und er wollte gerade das Buch aufschlagen, da ertönte vor den Flügeltüren ein Tumult und einige Wächter strömten in die Bibliothek. Angeführt von Sebastian, der jetzt nichts Kindliches mehr an sich hatte. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt, als er Tobias das Buch aus den Händen riss. Dem Omega entkam ein hilfloses Wimmern. Das Zerreißen von Pergament hallte in seinen Ohren wieder. Das Buch gab nach. Segelte zu Boden. In hunderten Teilen. Und mit ihnen ein Teil von ihm selbst. Er verfolgte ihren Fall, wie sie sich verstreuten. Unleserlich. Ein riesiges Puzzle, das man nicht mehr zusammenfügen konnte.

Nur ein paar wenige Seiten blieben unversehrt. Er versuchte nach ihnen zu greifen, doch da drückte Sebastian ihn bereits an sich.

"Ich habe es wirklich versucht", zischte der Vampir, "Ich habe dir den einfachen Weg angeboten und du hast ihn ausgeschlagen. Also trage jetzt die Konsequenzen für dein Handeln."

Die Wunde am Ende seines Halses war immer noch verkrustet und als Sebastian seine scharfen Fangzähne in diese schlug, riss sie sofort erneut auf. Wieder schrie er. Furchtbar schrill, so dass sein eigenes Trommelfell rebellierte. Sebastian hätte keine bessere Stelle wählen können, um ihn zu verletzen. Wieder schien sein Herz zu brechen, weil jemand anderes als Elijah, ihn in jenen empfindlichen Teil seiner Haut biss und sich seine Seele sträubte den Bund anzunehmen. Elijah war und blieb sein Schwachpunkt neben Sam. Genauso wie Tobias Elijahs Schwachpunkt war. Sebastian wusste dies und er nutzte es gnadenlos aus. Blut floss. In einer viel zu großen Menge. Es vermischte sich mit den Pergamentfetzen am Boden. Worte verschwammen. Auf ewig unleserlich. Dabei war es seine Geschichte gewesen. Er folgte ihrem Fall, bis sein Kopf aufkam und er die letzten Überbleibsel direkt vor Augen hatte. Vielleicht hatte sich auf diesen Seiten ein Hinweis über seine Eltern, über seine Vergangenheit gesteckt. Vielleicht hätten sie ihm Antworten gegeben. Er würde es nie erfahren. Seine Vergangenheit würde ein düsteres Geheimnis bleiben, aber dafür sah er seine Zukunft glasklar vor sich, als zwei Wächter ihn unsanft hochhoben, um ihn immer noch blutend wieder in sein Verließ zu verfrachten, während Sebastian ihn verachtend angrinste. Sebastian würde für diese Tat noch bezahlen, ebenso wie James. Tobias war es leid, dass ihm alles genommen wurde, er konnte es nicht länger ertragen. Jetzt, wo er wusste, dass es einen Weg gab um die Menschen vor den Vampiren zu schützen, würde er alles daran setzen, dass sein Schicksal endlich wahr werden würde. Er würde kämpfen.

______________________

Argh, mir fällt das Schreiben im Moment wahnsinnig schwer. Nicht, weil es mir keinen Spaß macht, sondern weil wir allmählich dem Ende näher kommen und ich nicht darauf klar komme, dass Gefangen irgendwann eben enden muss, so wie es von Anfang an geplant war. .__. Kennt ihr dieses Gefühl?

Was sagt ihr zum Ritual?

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