Gefangen

By Consa_

409K 19.6K 1.5K

Tobias hat mit dieser Welt seit langem abgeschlossen. Den Angriffen und Beleidigungen seiner Rudelmitglieder... More

Prolog
Schattenwölfe
Ein Wind kommt auf
Jagd
Flucht
Gefängnis
Hauptquartier
Ruhe vor dem Sturm
Pläne schmieden
Letzte Fäden
Scherbenhaufen
Aufgeben
Alte Wunden
Neue Zuversicht
Training
Verbindungen
Benjamin
Ein Rabe
Aussprache
Aufkommende Probleme
Ein Herzschlag
Der schwarze Nachtschatten
Liebe
Wiederkehr
Ein Leben für ein Leben
Qualen
Etwas, das bleibt
Leidensgenossen
Erkenntnisse
Schock
Abmachungen
Vergeltung
Krieg
Brüder
Epilog
Letzte Worte

Ein Handelsangebot

7.7K 419 20
By Consa_

Im Angesicht der Bücher erfüllte ihn Ehrfurcht. Diese Sammlung stellte sogar die der Urhexen in den Schatten. Geschichten über Geschichten warteten wohlbehütete darauf gelesen zu werden, aber Tobias war sich ziemlich sicher, dass seine Lebenszeit nicht ausreichen würde, um sie alle zu entdecken. Dafür brauchte es die Ewigkeit des Vampirdaseins. Staunend sah er sich und stellte mit Erstaunen fest, dass er noch allein war. Von Sebastian fehlte jede Spur. Daher nahm er sich die Zeit zu einem Bücherregal hinüber zu laufen und einen Blick auf die unterschiedlichen Titel zu werfen. Die Bücher waren themenspezifisch geordnet und es ließ sich allem etwas finden, an die Geschichte der Urhexen reihten sich Bände über die unterschiedlichen Kulturen der Menschen, bishin zu Aufzeichnungen über Werwolfskrankheiten. Der Omega hatte sich nach einem ersten Überblick daran gemacht die Bücher über die Vampire zu suchen, dabei hatte er besonders jene Aufzeichnungen im Sinn, von denen Cara gesprochen hatte.

Er wollte wissen, welches Ritual Benjamin abgelegt hatte und ob sich hinter dem Ritual vielleicht ein Schlüssel zum Frieden verbarg. Die Suche erwies sich als schwerer als gedacht. Einige Buchtitel waren kaum mehr zu lesen, da sie mit der Zeit verblichen waren. Bei anderen fehlten Seiten. Und dennoch erblickte er schließlich einen alten, in dunklem Leder geschmückten Band, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Vampire und ihre Ernährung stand auf dem Buchrücken geschrieben, doch gerade als er seinen Arm ausstreckte um danach zu greifen, hörte er, wie sich die Tür der Bibliothek erneut öffnete und er zog ihn schnell wieder zurück. Als er sich umdrehte, hatte Sebastian ihn bereits erreicht. Der Ausdruck auf dem kindlichen Gesicht war nicht zu deuten. Dafür hatte Tobias das Gefühl, dass Sebastian sehr wohl wusste, was er noch kurz zuvor gesucht und auch gefunden hatte, nur ging er nicht darauf ein, sondern schritt zu der Mitte der Bibliothek, wo zwischen den ganzen Regalen eine Lücke geschaffen worden war, die Platz für drei Sessel und einen kleinen Beistelltisch bot. Auf besagtem Tisch standen ein paar Gläser, sowie eine große, gläserne Karaffe, die eine rötliche Flüssigkeit enthielt. Tobias Nase verriet ihm sofort, dass es sich dabei um Blut handelte und seine Mund kräuselte sich vor Ekel. Seelenruhig griff Sebastian nach einem der Gläser und füllte etwas Blut aus der Karaffe hinein, damit ließ er sich anschließend auf einen der Sessel nieder und winkte den Omega mit einer Handbewegung zu sich. Zögerlich setzte sich dieser in Bewegung und nahm schließlich dem König gegenüber Platz, wobei er angewiedert beobachtete, wie Sebastian das Glas an seine Lippen führte und das Blut trank, als handle es sich dabei um einen edlen Wein.

"Der weiße Wolf also", schmunzelte Sebastian, "Welch Ehre diesem Hoffnungsbringer gegenüber sitzen zu dürfen." Seine Mimik verriet jedoch, dass er Tobias keineswegs respektierte, er sah viel mehr zu ihm herab und strafte seine Worte damit Lügen.

"James hat viel von dir erzählt. Von deinem kleinen Bruder, von deinen Gefühlen für Elijah", der König hielt inne um zu prüfen, welche Reaktion er mit diesen Erwähnungen bei Tobias auslöste und lächelte zufrieden, als der Omega zusammen zuckte, "Natürlich auch von der Folter, die er dich unterzogen hat. Sehr zu meinem Missfallen, musst du wissen. Ich halte nichts von dieser Vorgehensweise, sie ist in meinen Augen veraltet und ich verabscheue grobe Gewalt. Du hast also nichts zu befürchten."

Tobias glaubte ihm nicht. Der König wirkte wie jemand, der ihm alles gesagt hätte, nur um ihn zu manipulieren und ihm Antworten zu entlocken. Er wählte seine Sätze mit Bedacht und war weit weniger von einem Gefühl der unbändigen Wut getrieben, wie James es war. Sebastian war viel kontrollierter und bemühter eine Fassade aufrecht zu erhalten, die er um keinen Preis fallen lassen würde. So machte es zumindestens den Eindruck.

"Und doch trinkt ihr Blut", erhob der Omega seine Stimme, "Ich frage mich, wie ihr es ohne grobe Gewalt gewonnen habt?"

Sebastians Lächeln verrutschte für eine Sekunde, bevor es wieder perfekt saß.

"Du bist mutiger, als du wirkst", säuselte er, "Lass es mich so sagen: Ich mache mir schon seit langer Zeit nicht mehr selbst die Hände schmutzig, meine Wächter gehen für mich auf die Jagd, die mir im Gegensatz zu James keine Belustigung verschafft. Meine Wächter sind angewiesen, es schnell zu beenden. Ein einziger Biss. Ein sofortiger Tod. Eine sanfte Art zu sterben. Also nichts, was meiner Abneigung gegen grobe Gewalt widersprechen würde."

Der Omega musste sich auf die Unterlippe beißen, um dem König nicht ins Wort zu fallen. Seiner Meinung nach war der Widerspruch offenkundig und die Art und Weise, wie Sebastian sich rechtfertigte lächerlich. Doch er war nicht in der Position den König zurecht zuweisen. Er besaß nicht die Oberhand und er wollte nicht erfahren, was passierte, wenn Sebastian in Rage geriet.

"Genug davon", sprach der König und Tobias seufzte erleichtert, dass sie das Thema fallen ließen, "Ich habe dich nicht hierher bringen lassen, um mit dir über Blut zu diskutieren. Ich wollte nur deutlich machen, dass ich kein Unterstützer von James Verhörtechniken bin, aber ich musste ihn leider gewähren lassen, immerhin sind wir Verbündete. Ohne diesen Umstand hätte ich dich dieses Prozedere natürlich nicht durchlaufen lassen."

Ein Außenstehender hätte Sebastians Aussagen vielleicht für wahr gehalten, angesichts des Anflugs von Reue, der über die Miene des Königs strich. Aber für Tobias war er nur ein perfekter Schauspieler, der seinen Text außerordentlich gut beherrschte und versuchte sein Publikum in seinen Bann zu ziehen, nur funktionierte dies nicht bei dem Omega. Niemals hätte Sebastian ihn aus James Fängen befreit, er war kein Stück besser als der Alpha.

"Doch nun bist du hier, in meinem Reich, indem meine Regeln gelten. Also vergessen wir die Folter und konzentrieren wir uns darauf, wie ich bei Meinungsverschiedenheiten agiere. Ich weiß, dass sich deine Zunge erst lockern wird, wenn du dafür eine Gegenleistung erhälst, die du für angemessen hälst. Du gibst mir etwas, und ich gebe dir etwas dafür. Ein Handel eben. Etwas, das zu unser beider Vorteil ist. Nun sag mir, Tobias, was ist es, was dein Herz begehrt? Und bevor du direkt ablehnst, sei dir gesagt, dass du alles verlangen kannst. Ist es Elijahs Leben? Sams? Beide sind bedroht, niemand weiß, wann der Krieg erneut entflammt. Vielleicht sitzt du zu dieser Zeit noch im Verließ und kannst sie nicht retten. Wenn du es willst, können wir sie verschonen. Du könntest mit ihnen ein friedliches Leben führen, alles was es dafür braucht, sind Informationen, die uns den Sieg sichern. Ich verspreche dir, dann wird sich alles erfüllen, was du dir wünschst."

Für einen Augenblick konnte Tobias nicht verhindern, wie in seinem Kopf Bilder aufflammten, wie er Elijah umarmte und ihn küsste, wie er mit Sam lachte und sich mit ihm aussprach. Es waren schöne Bilder, die ihm einen Kloß im Hals bescherten. Sie waren zu schön. Zu schön, um wahr zu sein. Sie waren bloß Wunschvorstellungen, Träume. Derzeit unerreichbar und doch wollte er nichts so sehr. Er verfluchte Sebastian dafür, dass er ihm diese Bilder in den Kopf setzte und dass sie ihn so sehr trafen. Der König hatte seine Schwachstellen zielsicher getroffen und vielleicht würde er sich tatsächlich an eine Abmachung halten, nur würde es Tobias darauf nicht ankommen lassen. Es ging hier nicht nur um Elijah und Sam. Er dachte an Benjamin, an Miles und die anderen. An die Menschen im Dorf. An die Straßen voller Leben. Niemals könnte er dies aufs Spiel setzen.

"Es gibt nichts, was ihr mir versprechen könntet, das es wert wäre, einen Handel einzugehen", antwortete Tobias ruhig, aber voller Entschlossenheit, was dafür sorgte, dass Sebastian sich seufzend in seinem Sessel zurücklehnte und sein Glas abstellte.

"Ich bin mir sicher, dass dies eine vorschnelle Entscheidung ist, die du noch ändern wirst. Daher werde ich dir etwas Bedenkzeit geben", murmelte Sebastian und klatschte in die Hände, woraufhin ein Wächter eilig die Bibliothek betrat und Tobias dazu zwang aufzustehen.

"Wir sehen uns, Tobias. Ich bin mir sicher, deine Antwort wird dann eine andere sein", sagte er zum Abschied, bevor der Wächter den Omega zurück in die Verließe führte.
Es war eine Erleichterung Sebastian den Rücken kehren zu können. Er fühlte sich in der Nähe des Königs sehr unwohl und fragte sich, wie er wohl reagieren würde, wenn er ihm mitteilte, dass er seine Entscheidung nicht geändert hatte. Denn dazu würde es nicht kommen.

Diese Gedanken wurden von dem Quietschen der Verließtür unterbrochen, die der Wächter gerade hinter sich schloss und ihn damit zurückließ. Cara linste bereits durch die Gitterstäbe zu ihm.

"Er hat dich tatsächlich ganz gelassen", stellte sie erstaunt fest, "Was hat er zu dir gesagt?"

"Er hat versucht mir einen Handel vorzuschlagen. Informationen gegen etwas, das ich mir wünsche."

Die Vampirin schnaubte: "Typisch. Aber glaub bloß nicht, dass er sich an Versprechen hält und sie nicht so dreht, wie es ihm gefällt."

"Ich bin auch nicht darauf eingegangen", erwiderte Tobias, "Doch das Treffen war trotzdem interessant, nicht im Hinblick auf Sebastian, sondern im Bezug auf die Bibliothek. Ich hatte einige Minuten für mich allein und konnte mich etwas umsehen. Ich glaube, ich habe das Buch gefunden, von dem du gesprochen hast. Bloß hatte ich keine Zeit es zu lesen, aber ich will unbedingt wissen, um welches Ritual es sich handelt. Wir müssen es irgendwie schaffen, in die Bibliothek zu gelangen und die Aufzeichnungen zu dem Ritual an uns zu nehmen."

"Also willst du ausbrechen, um in die Bibliothek zu gelangen? Ich hatte eigentlich gehofft, du würdest vorschlagen, dass wir von hier verschwinden. Ich bin ehrlich gesagt nicht scharf darauf, noch einen Tag länger in diesem Verließ zu bleiben. Aber wenn wir in die Bibliothek einbrechen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man uns erwischen und wieder wegsperren wird."

"Das Risiko müssen wir eingehen." Denn Benjamin direkt zu fragen, schied aus. Dafür war die Verbindung des Mindlinks zu schwach im Moment.

Cara stöhnte ergeben. "Na gut, dann sollten wir uns einen guten Plan überlegen."

______________________________________________________

#9 in Werwolf... *euch ganz fest in die Arme schließ* (so ne richtige Elijah-Umarmung :D )

Um was für ein Ritual es sich wohl handelt? 🤔
 

e/ wichtiger Nachtrag: vielen Dank für den Hinweis auf einen Logikfehler <3 Ich hatte im letzten Kapitel vergessen, dass die Entfernung den Mindlink beeinträchtigt. Tobias kann Elijah zwar noch spüren, ihn aber nicht mehr genau verstehen.

Continue Reading

You'll Also Like

76.8K 3.6K 39
Fuck, das sollte ein Witz sein. Ein einziger Gigantsicher Witz. Er verlangte nach mir, der Gottverdammte Lykaner König hatte nach mir rufen lassen...
2.7K 509 37
**ACHTUNG: aktuell ab dem vierten Buchkapitel (WattPad-Kapitel 23) in Überarbeitung** ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~...
317K 15.6K 72
„Komm nur näher, nicht so schüchtern. Ich werde dich nicht auffressen", raunte der Wolf. Selbst durch das Metall konnte ich die Belustigung hören. Ic...
642K 20.2K 32
Was geschieht, wenn der neue Alpha des Rudels erfährt, dass seine Luna nicht die jahrelange Partnerin ist, sondern der kleine, schwache Omega des Rud...