Electric Hearts verliebe dich...

By _QueenAmanda_

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Eine Frau die weiss was sie will und wie sie es bekommt. Das beschreibt Willow Spencer perfekt. Die dreissig... More

Prolog
Willow
Dex
Willow
Dex
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Willow
Dex
Electric Hearts Teil 2

Willow

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By _QueenAmanda_

Nach einem mehr als stressigen Verhandlungstag, stehe ich vor der Tür zu meiner Wohnung. Über meinem Arm hängt das Kleid das ich zur Spendengala eines befreundeten Richters tragen werde. Endlich konnte ich es von der Änderungsschneiderei abholen und kann es kaum erwarten es anzuziehen. Es ist einfach das perfekte Kleid für mich, Punkt. Unter meinen Arm habe ich eine dicke Akte geklemmt, die voll mit Beweisanträgen, Zeugenlisten und noch vielem mehr ist. Als Anwalt hat man jede Menge Papierkram zu erledigen, aber dennoch ist es mein Traumberuf. Den ich für keinen anderen Job eintauschen würde, denn genau das, Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen, macht mich aus. Es ist das wofür ich brenne. Jeden Tag aufs Neue. 

Vollbeladen ist es gar nicht so einfach die Tür aufzuschließen, doch beim zweiten Versuch klappt es. Mit der Fußspitze stoße ich sie auf und bleibe wie angewurzelt stehen, als ich Dex mit einer Gitarre in der Hand auf der Couch sitzen sehe. Ich wusste nicht, dass er bereits zurück ist, als ich gestern Morgen aufgestanden bin, war er bereits weg und ein kleiner Notizzettel lag auf der Kücheninsel. Ihn jetzt hier zu sehen, nachdem was zwischen uns gelaufen ist, ist seltsam. Aber auf eine positive Art. 

Auch das er Gitarre spielt und das verdammt gut, wusste ich nicht und hätte ihm ihm auch ehrlich gesagt nicht zugetraut. Aber was mich am meisten erstaunt, ist seine Stimme. Denn die ist einfach ein Traum. Ich meine wenn er redet hat er bereits eine tiefe und volle Stimme. Doch ihn singen zu hören, zaubert mir eine Gänsehaut auf meinen gesamten Körper. Ich kenne den Song nicht den er spielt, also ist es vielleicht ein eigener Song. Was mich dann doch aus den Socken haut, obwohl ich keine trage. Denn seine Worte spiegeln jede Menge verpasster Chancen, nicht verfolgter Träume und die Hoffnung auf die große Liebe wieder. Alles Indikatoren für einen klassischen Lovesong, doch die Melodie ist nicht ganz so melancholisch, sondern sie hat etwas Freundliches an sich. Etwas das einem nicht traurig sondern hoffnungsvoll werden lässt. Eine willkommene Abwechslung zu all den schnulzigen Liedern die im Radio rauf und runter gespielt werden. 

Dex hält die Augen geschlossen, während er die Noten spielt. Er scheint mit Haut und Haaren Musiker zu sein. Einfach faszinierend...

Der Aktenstapel ergießt sich mit einem lauten Knall auf dem Boden und reißt Dex wie auch mich aus unserem Schwebezustand heraus. Während ich mir wie die letzte Idiotin vorkomme, sieht Dex eher ertappt aus, als verärgert. Ich gehe auf die Knie und beginne die Blätter einzusammeln und zu meiner Überraschung kniet er sich neben mich und hilft mir schweigend die Akten wieder zu einem Stapel zu formen. Dabei berühren sich immer wieder unsere Finger, beinahe flüchtig doch bei jeder Berührung spüre ich diese Anziehungskraft die ich vorgestern Abend bereits gespürt habe. Und davor in der Flughafenbar und danach noch einmal in der Toilettenkabine als wir miteinander geschlafen haben. 

"Ich hoffe du hast sie nummeriert", meint er, als wir uns wieder aufrichten und er mir den Stapel überreicht. Blinzelnd schaue ich zuerst die Akten und danach ihn an, ehe ich ihm antworte. Was mich etwas nervt, denn normalerweise bin ich kein Nervenbündel das sofort keinen geraden Satz mehr herausbringt, wenn es einen attraktiven Mann begegnet. Das er sexy und genau mein Typ ist, kann ich nicht von der Hand weisen, aber was ich kann ist folgendes- tief durchatmen und wieder Herr über meine Gefühle werden. Was mir auch nach einem kurzen Räuspern gelingt. 

"Keine Sorge ich bin mir Chaos gewohnt. Im Gericht geht es manchmal schlimmer zu als in einem Kindergarten", erwidere ich und lächle ihn gewinnend an. Als wäre er ein Geschworener den ich um den Finger wickeln will. Aber vielleicht ist es auch genau das, was mich daran so reizt. Doch irgendetwas sagt mir das es nicht so ist. Was das ist, weiß ich nicht und das ist frustrierend. Gestern war es anders, da war ich voll konzentriert und hab den Staatsanwalt an die Wand geschmettert. Heute auch, doch wäre jetzt noch eine weitere Verhandlung angesetzt worden, müsste ich mit einer Niederlage rechnen. Denn meine Gedanken wirbeln wie Schneeflocken im Wind herum und sind kaum zu fassen. 

"Seit wann bist du wieder hier?", frage ich ihn. Er steht da und fährt sich mit der Hand durchs Haar, trägt seine graue Jogginghose und ein graues, ausgeleiertes Shirt das kaum seine ausgeprägte Brustmuskulatur bedeckt. Ich erinnere mich noch genau wie gut es sich angefühlt hat, seine Brust zu berühren. Bevor die Gedanken mit mir durchgehen, räuspere ich mich wieder und lege die Akten auf die Kommode. Mir fällt auf, dass die Tür immer noch offen ist, also schließe ich sie und lege das Kleid auf die Lehne der Couch. Noch immer hat Dex nicht geantwortet, was mich etwas ärgert. Aber wahrscheinlich ist er einfach nur müde. 

"Willst du was trinken?", fragt er mich plötzlich. Ich ziehe mir gerade die zwölf Zentimeter Heels aus, und schaue ihn perplex an. "Gerne", antworte ich und sehe wie er mit seinem sexy Raubtiergang zur Küche geht und dort eine Flasche Wein aus dem Regal holt. Ich setze mich auf die Couch und mache es mir gemütlich. Was mit einem ziemlich eng geschnittenen Zweiteiler nicht ganz so gut geht, aber ich mache das Beste daraus. Als Dex wiederkommt reicht er mir das dickbäuchige Rotweinglas und stellt die Flasche auf den hölzernen Salontisch, ehe er sich neben mich setzt. "Auf einen ruhigen Abend nach einem strengen Arbeitstag", meint er und hebt sein Glas hoch. Ich ziehe eine Braue nach oben und stoße mit ihm an. "Auf einen ruhigen Abend nach einem anstrengenden Arbeitstag", wiederhole ich lächelnd. Die Gläser erklingen und das angenehme Geräusch erfüllt den Raum. 

Der Wein, den er ausgesucht hat, schmeckt köstlich. Ich erinnere mich das Elisha ihn ausgesucht hat. Sie haben wohl den gleichen Weingeschmack. Was sie wohl sonst noch alles gemeinsam haben? Keine Ahnung weshalb ich eifersüchtig auf meine beste Freundin werde, doch als ich daran denke, dass sie sich bereits seit einigen Jahren kennen und das gut, wenn man bedenkt, dass sie ihm ihr Zimmer einfach so überlassen hat, ärgert mich dann doch. 

"Gibt es einen Anlass?", fragt er und deutet auf das Kleid, das in einer grauen Schutzfolie eingepackt ist. Ich nehme noch einen Schluck und verdränge die Gedanken und die Eifersucht und stelle es auf den kleinen Tisch vor uns. "Bloß eine Spendengala eines Freundes. Das dumme ist nur, dass meine Begleitung kurzfristig abgesagt hat", sage ich ohne Hintergedanken. Doch als ich Dex ansehe, und in seine braunen Augen blicke, kommt mir plötzlich eine Idee. 

"Komm doch mit!"

Ehe ich es ausgesprochen habe, weiß ich, dass ich das nicht hätte fragen sollen. Klar, wir hatten mal was miteinander und wohnen jetzt zeitweise zusammen, aber das macht uns noch lange nicht zu Freunden. Und ihn einfach so danach zu fragen, kommt mir etwas übereilt vor. Doch die Frage ist raus, also kann ich keinen Rückzieher mehr machen. Aber als ich Dex wieder ansehe, merke ich, wie er sich das ganze überlegt und schließlich nickt. "Wieso nicht. Wann ist die Gala denn?" Überrascht schaue ich ihn einige Sekunden lang an, ehe ich anfange zu blinzelnd. "Morgen, um acht", antworte ich etwas zögerlich. 

"Dann werde ich dich von der Kanzlei abholen", meint er und nimmt einen großen Schluck. Immer noch etwas perplex über seine Antwort, nicke ich und lächle ihn an. "Das hört sich gut an", erwidere ich schließlich. Dex lächelt ebenfalls und fragt mich über den Zweck der Gala aus. Ich halte mein Glas in der Hand, während ich von Richter Miller's Engagement für die Krebsstiftung seiner Frau erzähle. "Seitdem er seine Frau vor sechs Jahren an Eierstockkrebs verloren hat, richtet er jedes Jahr eine Spendengala aus. Sarah war eine tolle Frau, ich durfte sie einmal kennenlernen, eine wahre Grazie", sage ich und nehme einen kleinen Schluck Wein. 

Dex nickt mitfühlend und schenkt mir nach einem fragenden Blick noch einmal nach. "Danke", sage ich lächelnd und genieße seine Nähe. "Wie bist du Anwältin geworden? Ich meine es ist ein harter Job, den fast ausschließlich Männer ausüben", meint er und sieht mich mit einem interessierten Blick an. Ich schaue kurz auf den Aktenstapel den ich eigentlich noch bearbeiten sollte, bevor es morgen zum letzten Verhandlungstag geht. Doch im Moment genieße ich dieses Gespräch und will es auch noch eine Weile weiterführen. Denn ich möchte mehr über ihn wissen, und wie es aussieht, geht es ihm genauso. 

"Nun, ich bin gut im streiten und das macht einen guten Anwalt aus. Nicht das streiten an sich, sondern viel mehr die Eigenschaft jemanden mit Worten zu lenken. Die Jury glaubt was ihnen die Gegenseite präsentiert. Sie sieht einen Mörder der vielleicht keiner ist, und mein Job ist es sie vom Gegenteil zu überzeugen. Was bis jetzt immer geklappt hat", antworte ich und merke, dass Dex mich immer noch so ansieht. Mit großen Augen die auf mich gerichtet sind, aber auf eine angenehme Art. So hat mich schon lange kein Mann mehr angesehen, so...ich kann es gar nicht beschreiben. Was mich nicht gestört hat, aber es jetzt wieder zu spüren, ist etwas Besonderes. Etwas, dass ich gerne öfters spüren würde, ein Gefühl das süchtig machen könnte. 

"Das klingt nach einer Löwin. Ich bin mir sicher, dass du alles für deine Mandanten tust." Ich senke den Blick, weil ich nicht will, dass er sieht wie ich rot um die Nase werde. Bei ihm fühle ich mich wie ein Teenager, unsicher und die Angst etwas falsch zu machen schwebt über mir. Wie eine schwere, dunkle Wolke die nach Regen aussieht. "Wenn man etwas aus ganzem Herzen liebt, dann gibt man auch tausend Prozent. Und ich schätze dich so ein, dass du nichts unversucht lässt", fügt er hinzu und stellt sein Glas auf den Tisch. Ich hebe den Blick und merke, dass er mich immer noch ansieht. "Du weißt wovon du sprichst oder? Dir geht es mit der Fliegerei so", sage ich nach einer Weile. 

Ich dachte, dass er jetzt lächeln und über seinen Job schwärmen wird, auch wenn ich weiß, dass man als Pilot nicht immer das Leben führt, das die anderen sich vorstellen. Doch, dass er äußerlich dicht macht, hätte ich nicht erwartet. Seine komplette Mimik friert ein und er starrt auf einen Punkt in der Ferne. Als müsse er sich auf etwas konzentrieren das ihn in der Gegenwart behält und nicht in den Strudel der Vergangenheit hineinzieht. Aber vielleicht täusche ich mich auch, aber das wäre das erste Mal. 

"Eigentlich ja, doch es gibt Dinge die man als Pilot unbedingt verhindern möchte. Doch manchmal treten sie dann doch ein und verändern dein ganzes Leben. Stellen es auf den Kopf und man muss jeden Tag aufs Neue kämpfen, nicht unterzugehen." Seine Stimme klingt heiser, als würde er gegen die Tränen ankämpfen, die ich in seinen Augen schimmern sehe. Ich schlucke, habe Angst etwas losgetreten zu haben, dessen Ausmaß keiner kennt. Dex mahlt mit dem Kiefer und starrt immer noch in die Ferne. Er sieht wütend und unglaublich traurig aus, also rutsche ich etwas näher und lege meine Hand auf seine. Spüre die Wärme die sie ausstrahlt und die direkt auf mich übergeht. 

Er dreht leicht den Kopf und sieht mir tief in die Augen und wieder, überkommt mich der Drang ihn zu küssen. Ihm so nahe wie nur irgend möglich zu sein. Doch ich senke den Blick und lasse meine Hand auf seiner. Schweigend sitzen wir eine Weile so da, nur das Ticken der Uhr ist zu hören. Ich lege meinen Kopf an seine Schulter und schließe die Augen, atme sein Aftershave ein und könnte ewig so dasitzen. Doch irgendwann steht Dex auf und streckt mir seine Hand hin. Einen Augenblick lang starre ich auf seine Hand und als ich sie ergreife, spüre ich den leichten Druck seiner Finger und kann dieses Knistern zwischen uns wieder fühlen. 

Ich schaue in seine braunen Augen und könnte mich in ihnen verlieren. Und vielleicht habe ich das auch schon. Denn als er mich etwas zu sich heranzieht und ich zu ihm aufschaue, muss ich meine gesamte Kraft aufbringen ihn nicht zu küssen. Und ihm geht es nicht anders, doch irgendetwas kämpft mit ihm. Denn als er kurz die Augen schließt und sie danach wieder öffnet, erkenne ich in ihnen, dass er wieder dicht macht. Doch dieses Mal scheint die dunkle Wolke verschwunden zu sein, die ihn zuvor bedrückt hat. 

"Gute Nacht Willow", sagt er schließlich und lässt meine Hand los. Geht an mir vorbei und als ich die Tür ins Schloss fallen höre, atme ich seufzend aus. Streiche mir das Haar aus dem Gesicht und frage mich, was das gerade sollte. Doch ich komme heute auf keine gescheite Antwort mehr, also schnappe ich mir das Kleid und gehe zur Kommode, um die Akten an mich zu nehmen. "Gute Nacht Dex", flüstere ich, ehe ich mein Zimmer betrete und die Tür schließe. 

Am nächsten Morgen mache ich mir noch ziemlich verschlafen einen Kaffee. Als ich die Badezimmertüre höre, spanne ich mich innerlich an, und auch als ich seine breite, muskulöse Statur auf mich zukommen sehe. Aber nicht, weil ich ihn nicht hier haben will, sondern, weil ich mich komplett anders verhalte wenn er in meiner Nähe ist. Auch finde ich es seltsam wie sehr mein Körper auf seinen reagiert. Wann immer er mich ansieht kriege ich bereits eine Gänsehaut die sich über meinen Körper ausbreitet. Rauf und runter, bis in die Zehenspitzen. 

"Guten Morgen", begrüßt er mich. Ich schlucke und nicke nur, ehe ich an meinem Kaffee nippe. Ich gehe an ihm vorbei und rieche wieder diesen herrlichen Duft seines Aftershaves. Es riecht herb und männlich, aber auch süß. Bevor ich mich noch zum Deppen mache, setze ich mich an den Tresen und versuche mich auf das bevorstehende Schlussplädoyer zu konzentrieren. Das in Form eines Blatt Papiers vor mir liegt, auf dessen meine immer krakeliger werdende Schrift festgehalten wurde. Gestern Nacht kam mir spontan eine Idee, die ich sofort aufschreiben musste. Doch es war ein Uhr Morgens, also war ich dementsprechend müde und das spiegelt sich in meiner Schrift wieder. 

"Arbeit?", reißt mich Dex Stimme aus meinen Gedanken. Blinzelnd hebe ich den Blick und schaue ihn an. Er isst gerade sein Müsli und bei jedem Biss gibt er seltsame Laute von sich. Als ich ihm nicht antworte deutet er mit dem Finger auf das Blatt und ich verstehe was er meint. "Spontane Schlussplädoyers sind meine Spezialität", antworte ich lächelnd und nehme einen großen Schluck von der braunen Flüssigkeit. Er sieht mich fragend an, als er die Notizen ansehen will, nicke ich und er nimmt das Blatt an sich und liest es durch. "Klingt gut. Um was geht's bei dem Fall?"

Während ich ihm in groben Züge erkläre um welchen Sachverhalt es geht, isst er weiter sein Müsli und als ich ende, ist auch er fertig mit essen. "Kannst du es mir mal vortragen?" In seiner Stimme kann ich hören, dass er neugierig ist. Etwas unsicher nicke ich und nehme noch den letzten Schluck meines bereits kalten Kaffees. Ich räuspere mich und beginne...

"Haben auch Sie einen Vorgesetzten der hohe Ansprüche stellt? Wir haben alle schon erlebt wie stressig ein anspruchsvoller Chef sein kann. Sei es wenn man kurz vor Feierabend noch Arbeit aufgedrückt bekommt, oder wenn es um eine Präsentation geht, die man neben all den anderen Aufgaben innerhalb von ein paar Tagen auf die Beine stellen muss, weil sonst der potentielle Kunde abspringen könnte. So erging es auch meinem Mandanten. Joshua Richards hat genau das erlebt und der stetig wachsende Druck, wurde ihm irgendwann zu viel und er griff zu Aufputschmitteln. Die ihm den Arbeitsalltag und der tägliche Stress durch seinen Vorgesetzten erleichtern sollten. Doch das war nicht der Fall. Denn die Pillen, die er mehrmals am Tag schluckte, haben ihm nur noch mehr Probleme verursacht. Seine Konzentration wurde schwächer und er war ständig müde. Und durch diese Faktoren, kam es zu einem schrecklichen Unfall. Er verwechselte die Blutdruckpillen seines Chefs, was zur Folge hatte, dass Mister Blacks Herz so überlastet war, dass es aussetzte. Das war ein schrecklicher Unfall, den es nicht gegeben hätte, wenn Mister Black meinen Mandanten, nicht weiter drangsaliert hätte. Ich bitte Sie, gehen sie alle in sich und stellen sich vor, wie es ist, wenn man pausenlos unter Druck steht. Immer zu hören bekommt, dass man den Job verlieren wird, wenn man nicht weiter arbeitete. So etwas geht an keinem spurlos vorbei, so auch nicht an Mister Richards. Der wegen versuchten Mordes angeklagt wurde und das eigentliche Opfer ist. Nicht Mister Black, der durch einen tragischen Unfall ums Leben kam. Denn im Grunde sitzen wir alle im gleichen Boot." 

Ich stehe vor den Geschworenen und schaue jedem noch einmal tief in die Augen, bevor ich mich abwende und der Gegnerischen Seite die Manege überlasse. Als ich mich setze, spüre ich, dass mein Mandant mich unsicher ansieht. "Sie werden hier als freier Mann herausgehen", sage ich so leise, dass nur er es hören kann. Er nickt zwar, doch er glaub nicht daran. Das tun sie nie und doch gehen sie alle als freie Menschen aus diesem Gerichtsgebäude heraus. Und das zu Recht. 

Während der Staatsanwalt die Jury gegen uns aufhetzen will, studiere ich die Gesichter der Geschworenen. Einige hören nur mit halbem Ohr hin, andere wiederum hängen beinahe an den Lippen meines Kollegen. Doch ich bin mir immer noch sicher, dass ich den Fall gewinne. Das tue ich immer. Ich bin mir sicher, dass diejenigen die ihn für schuldig sprechen würden, von den anderen Geschworenen umgestimmt werden. Denn so funktioniert das. Nachdem der Richter die Geschworenen entlassen und man meinen Mandanten wieder in die Untersuchungshaft gebracht hat, fahre ich zur Kanzlei. Die Verhandlung hat heute länger gedauert als ich gedacht habe, also werde ich mich dort für die Gala zurecht machen. Das Kleid habe ich bereits mitgebracht, weil genau so etwas schon geahnt habe. Ich mag es auf alles vorbereitet zu sein. Das war schon immer so.

Perfektionistin, nennt man so etwas. Und das bin ich auch, durch und durch.

Als ich vor der Kanzlei halte, gönne ich mir für eine Minute etwas Ruhe. Genieße die Stille die gerade in meinem Wagen herrscht und steige erst danach aus. Mit dem Kleid über dem Arm betrete ich die Kanzlei. Ich bin schon etwas aufgeregt, auch wenn ich das nicht sein müsste, denn es ist bloß eine Spendengala, aber es ist mehr mein Begleiter. Nachdem ich Dex mein Plädoyer vorgetragen habe, hat er mich gelobt und ein, zwei Dinge angemerkt. Normalerweise reagiere ich bissig darauf, wenn man mich kritisiert, aber seine Kritikpunkte waren berichtigt. Was es für einfacher gemacht hat. 

"Ah Willow, dich habe ich gesucht", höre ich Josh bereits rufen, als ich aus dem Fahrstulle trete. Seufzend nicke ich ihm zu, sodass er zu mir kommt und neben mir herläuft, während ich in mein Büro laufe. "Was gibt's?", frage ich ihn und lege mein Kleid über die Lehne des Sessels und schaue etwas in meinem Kalender nach. "Nur einige Anrufe, nichts besonderes. Außer das sie angerufen hat..." Ich runzle die Stirn und schaue ihn fragend an, da ich keinen blassen Schimmer habe, wen er meinen könnte. "Naja, sie...die eiserne Lady", gibt er zögernd von sich. Ich reiße die Augen auf und schlucke, setze mich langsam hin und frage mich wann ich sie zuletzt gesehen habe. 

"Und was hat sie gesagt?"

Josh sieht mich einen Moment lang an, ehe er mir antwortet. "Nicht viel. Nur gefragt wo du steckst und wann du wieder kommst. Sie hat mir ihre Telefonnummer gegeben." Josh reicht mir einen Zettel mit der Nummer und sieht mich mitfühlend an. "Das kann warten. Ich muss mich jetzt für die Gala fertig machen", erwidere ich und lege den Zettel in die oberste Schublade meines Schreibtisches. Josh nickt und will gehen, als mir noch etwas in den Sinn kommt. Also halte ich ihn auf. "Wenn ein Mann, groß, breite Schultern, Dreitagebart so um die Mitte dreißig, dann kannst du ihn zu mir ins Büro schicken", sage ich und hoffe das mein Assistent keine Fragen stellt. Was er auch nicht tut, aber in seinen funkelnden Augen kann ich jede Menge Fragen erkennen. Doch er nickt bloß und verlässt mein Büro. 

Seufzend betrachte ich das Kleid und frage mich weshalb sie mich gerade jetzt sprechen wollte. In den letzten Jahren hat sie sich ja auch nicht groß gemeldet, wieso also jetzt? Da ich darauf keine Antworten bekomme, lasse ich die Jalousien runter und ziehe mein Kleid an. Als es klopft, betrachte ich mich gerade im Spiegel. Das Kleid sitzt perfekt und umschmeichelt meine Figur, es betont meine Vorzüge und kaschiert meine Problemzonen. Also ein Wahnsinns Kleid. 

"Du siehst umwerfend aus", höre ich seine Stimme, ehe sich unsere Blicke im Spiegel treffen. Sein Anblick raubt mir den Atem, der schwarze Anzug steht ihm ausgezeichnet und auch die Fliege im Samtlook passt perfekt dazu. Ich schlucke und kann den Blick nicht von ihm wenden, und ihm scheint es genauso zu gehen. Erst als er mich anlächelt, drehe ich mich zu ihm um und erwidere es augenblicklich. "Du siehst auch gut aus", sage ich und berühre die Fliege. Fühle den weichen Stoff zwischen meinen Fingern und schaue zu ihm auf. Was auf Dex Gesicht dieses träge Lächeln zaubert, das mich beinahe umhaut. 

"Wollen wir?", fragt er und hält mir seine Hand hin. "Gerne", antworte ich und ergreife seine Hand. Zusammen verlassen wir mein Büro, und als ich Josh begegne steht er mit offenem Mund da und bringt uns beide zum Schmunzeln. "Viel Spaß", ruft er uns zu, als er sich wieder gefasst hat. Ich drehe mich um und winke lächelnd. "Diesen Effekt hattest du schon auf mich, als ich dich in der Flughafenbar gesehen habe. Man muss dich einfach bestaunen", meint Dex und sieht mich mit einem wölfischen Blick an. "Das gleiche kann ich nur zurückgeben", sage ich, ehe sich die Türen des Fahrstuhls öffnen, und wir den kleinen Raum betreten. 

"Was ich dich schon damals fragen wollte, machst du das eigentlich öfters?" Ich schaue ihn an und merke, dass es ihm wirklich ein Anliegen ist. "Was meinst du?", frage ich und will ihn damit etwas zappeln lassen. Auch wenn ich nie einen Hehl aus meinen Eroberungen gemacht habe, habe ich mich niemals dafür geschämt. Doch bei Dex spüre ich das Gefühl von Scham, wenn ich ihm die Wahrheit über mich erzählen würde. Doch Lügen kommt für mich nicht in Frage, also bleibt nur der direkte Weg.

"Sagen wir es so, wenn ich etwas sehe das mir gefällt, dann nehme ich mir das auch." Die Türen öffnen sich wieder und ich steige aus, Dex folgt mir und ich spüre, dass er neugierig ist. Auch wenn er vielleicht der Meinung ist, dass ein solches Verhalten nicht fraulich genug ist. "Du überraschst mich immer wieder. Klingt, als wüsstest du genau was du willst", erwidert er, während wir die Kanzlei verlassen. Ganz gentlemanlike hält er mir die Tür auf, was leider nicht alltäglich ist. 

Oh ja, dich! Schießt es mir durch den Kopf, doch stattdessen lächle ich nur. "Sieht ganz so aus", entgegne ich dann aber doch und bleibe lächelnd vor seinem Wagen stehen. Ein schwarzer Range Rover, etwas das ich auch nicht erwartet hätte. Aber es passt zu seiner unkonventionellen Art, nur nicht ganz so zu unserer Aufmachung. Aber Richter Miller ist da nicht so pingelig, außerdem wird sowieso keiner darauf achten. "Ladys first", meint er und hilft mir in seinen Wagen. Er umrundet den Range Rover und steigt ebenfalls ein. Während er sich in den Verkehr fädelt, lausche ich der Musik die stark nach Rock klingt. "Du magst also Bon Jovi?", frage ich schmunzelnd.

Dex erwidert meinen Blick kurz und richtet ihn danach wieder auf die Strasse. "Wer mag ihn nicht", meint er bloß grinsend. Ich grinse schief und höre ihn lachen. "Du scheinst ihn also nicht zu mögen, stimmt's?", fragt er belustigt. "Ich steh mehr auf Pop. Die klassischen 90er Songs", antworte ich und zeige ihm, wo wir durch müssen. Denn ein Navi scheint der gute Herr nicht zu besitzen.

 "Passt irgendwie zu dir." 

Ich sehe ihn fragend an, Dex biegt rechts ab und fährt die Auffahrt zu Richter Millers Villa hoch. Die außerhalb von Manhattan liegt und ziemlich abgeschieden wirkt, obwohl in der Nähe die Hauptstrasse verläuft. Aber der fast sechstausend Hektar große Garten der das Grundstück umgibt, lässt es so wirken, als würde man im Umland wohnen und nicht mitten in der Stadt. Dex gibt einen anerkennenden Pfeifton von sich, als er die Villa sieht.

Das dreistöckige Gebäude wurde im Landhausstil erbaut und ist architektonisch ein Meisterwerk. Als er den Wagen hält, betrachtet er das Haus einen Moment lang, bevor er mich wieder ansieht. "Reiche Freunde die du da hast", sagt er. Ich weiß nicht genau wie ich das jetzt verstehen soll, also ignoriere ich es. "Was hast du erwartet? Es ist eine Spendengala, und jemand der das ausrichtet hat bestimmt nicht ein kleines Einkommen. Richter Miller ist hoch angesehen und hat im Vietnamkrieg gedient, außerdem ist er ein Kandidat für den Senatsauschuss. Du wirst ihn mögen", sage ich und steige aus. 

Dex tut es mir gleich und übergibt den Schlüssel dem Mann, der für den Fahrservice zuständig ist. Der rothaarige junge Mann, den ich auf Anfang zwanzig schätze, wünscht uns einen schönen Abend und wendet sich den nächsten zu. Schweigend laufen wir die weiße Steintreppe zum Haus hinauf. Ich kann das Gefühl nicht abschütteln, dass Dex nicht viel von reichen Leuten hält. Was ich schade finde, denn die meisten Menschen urteilen viel zu schnell über andere. Sicher, es gibt tausende eingebildete Snobs, die sich auf Kosten der Arbeiterschicht bereichert haben, aber Richter Albert Miller hat ein großes Herz und ist nicht so wie die anderen zehntausend Snobs die man täglich im Fernsehen sieht. 

Im Entre begrüßt uns bereits ein Kellner, der einen dunkelblauen Anzug trägt, und bietet uns ein Glas Champagner an. Mit dem Glas in der Hand laufen wir durch das gediegen eingerichtete Wohnzimmer wodurch man in den Garten gelangt. Wo die meisten Gäste bereits zu finden sind, unter anderem auch Richter Miller. Als er mich sieht, begrüßt er mich freundlich. "Schön Sie hier zu sehen, Willow. Es ist mir immer wieder eine Freude sie in meinem Gerichtsaal zu begrüßen", sagt er, als er meine Hand schüttelt. "Das ehrt mich sehr, Richter Miller. Darf ich Ihnen meine Begleitung vorstellen, das ist Dex...", ich verstumme, weil mir klar wird das ich nur seinen Vornamen kenne. Dex bemerkt mein Zögern und springt ein. "Coleman, Dex Coleman. Es freut mich Sie kennen zu lernen Richter Miller", sagt er und schüttelt ihm die Hand. 

Richter Miller scheint recht angetan von ihm zu sein, doch das alles bekomme ich nur zur Hälfte mit. Denn Dex Nachname lässt mich nicht mehr los, denn ich kenne noch einen mit diesem Nachnamen. Was natürlich reiner Zufall sein kann, aber als Anwalt glaubt man nie an Zufälle. "Wenn Sie beide mich entschuldigen würden, ich muss mich um die eintreffenden Gäste kümmern. Aber wir sehen uns am heutigen Abend bestimmt noch einmal", sagt Richter Miller, ehe er uns zunickt und sich wieder unter die Gäste mischt. Als sich Dex in Bewegung setzt, folge ich ihm ganz automatisch. Doch meine Schritte fühlen sich mechanisch an, als würden sie fremd gesteuert werden und gehörten nicht zu mir.

"Geht es dir gut?", fragt er und sieht mich besorgt an. Ich schüttle kaum merklich den Kopf und nicke hastig. "Ja, sicher", sage ich und nehme zwei große Schlucke von meinem Champagner, um mich etwas zu sammeln. "Ehrlich? Denn du siehst nicht danach aus", erwidert er immer noch besorgt. Doch ich wiegle ab und während Dex mir von seinem ersten Eindruck von Richter Miller erzählt, wandern meine Gedanken in eine ganz andere Richtung.

Doch bevor ich ihn auf seinen Nachnamen ansprechen kann, höre ich jemanden meinen Namen rufen. Ich muss nicht hinschauen um zu wissen wer es ist. "Max", begrüße ich ihn, als ich mich zu ihm umdrehe. Auch er trägt einen schwarzen Anzug mit Samtfliege. Doch als sein Blick auf meine Begleitung fällt, weiten sich seine Augen. Er sieht aus als hätte er einen Geist gesehen.

"Dex? Was machst du hier?"

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Oha, wer könnte das denn sein?

eure Amanda 

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